Politiker und Landschaften

Streifzüge „Uckermärkische Blendgranate“ lästert der Kabarettist Urban Priol, wenn er Angela Merkel fast schon fanatisch bespöttelt. Richtig leidenschaftlich ist er da

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Aus der uckermärkischen Steppe kommend charakterisierte vor einiger Zeit der Freitags-Verleger die Merkel. Sie ist dort nur aufgewachsen ist, geboren ist sie anderswo. Aber, die Uckermark ist vielleicht prägender. Mein Mann hat in diesem Landstrich einen beträchtlichen Teil seiner Kindheit verbracht. Er ist aber Berliner.

Die Uckermark ist in der Tat ein Gebiet, das schon im Namen was Raues, Verwackeltes hat. Es scheint so, als bestärke der Namen grobschlächtige Assoziationen und ermuntere zu allerlei Verballhornung.

Die Uckermark fängt da an, wo die DDR-Elite mal aufgehört hat .... zu jagen. In der Schorfheide nicht weit von Chorin. Wenn der Begriff „Schorfheide“ fällt, dann muss man dazu sagen, dass dort Honecker sein Jagdhaus hatte und sich vorher Görings Karinhall dort als Jagdgebiet befand.

Und wenn sie alle an einer Stelle gejagt haben, dann sind sie sich halt auch ein bisschen ähnlich oder nicht?

Jedenfalls hat eine Nachwende-Chefredakteurin-West bei „Schorfheide“, all diese Details sofort reflexhaft dazugeschrieben, auch wenn der dortige Revierförster den Reporter händeringend gebeten hatte, mal was über Schonzeiten und Baumschutz und so zu schreiben. Das andere wüssten die Leute doch schon. Es ist aber nicht wichtig, was die Leser schon wissen, das wissen auch die Leser inzwischen, sondern wichtig ist, dass man genau so wie die mediale Konkurrenz an eine Sache wie die Uckermark herangeht. Das kommt mir vor wie eine historische Kontinuität im Zeitalter medialer Verwurstungsfabriken. Dieses Voneinander Abschreiben. Gabs zu DDR Zeiten immer, das war da Pflicht. Wer nicht richtig abschrieb, war abgeschrieben. So war das. Genug Vergangenheits-Uckermarketing.

Dass man Politiker durch die Landschaft, aus der sie kommen, charakterisiert, ist ein hin und weder gern gepflegter journalistischer oder kabarettistischer Brauch.

Rainer Brüderle z. B – übrigens in Berlin geboren - wuchs in Rheinland-Pfalz auf. So ist er zu dieser pfälzischen Frohnatur geprägt worden mit viel Weingeist drin. Zumindest putzt er damit sein Image. So wird neoliberale Härte versetzt mit viel Herzele und Trinkele.

Oder Franz Müntefering. Der stammt nicht nur aus dem Sauerland, der ist das politische Sauerland, immer für die sauren Äpfel zuständig gewesen, in welche die SPD-Genossen beißen mussten. So etwas wie Rente mit 67 und andere Gemeinheiten. Er soll ja einer sein, der so lange unter der kalten Dusche steht, bis es wirklich nicht mehr geht. Vielleicht ist das Gesunde an diesem Brauch, dass er unter der Dusche nicht rauchen kann.

Oder Franz Josef Strauss (Gott hab ihn selig). Der ist schon bayrisch-typisch, typisch. Es gab vor einiger Zeit einen interessanten Film über ihn. Diese Mischung aus einem Berserker und „Tante Jutta aus Kalkutta“. Wie wenig sich dieser Mann darum geschert hat, was andere von ihm halten. Diese Art von Rücksichtslosigkeit hat was Beeindruckendes, wie immer, wenn Leute sich nicht verstellen, so wie heutzutage, wo sich manchmal machtpolitische Mediokriät in herabhängenden Mundwinkeln manifestiert. Apropos: Woher stammt eigentlich Peer Steinbrück? Achja aus Hamburg wohl.

Die joviale Brutalität als bayrische Politikfolklore ist schon schlüssig beschrieben in Lion Feuchtwangers Schlüsselroman „Erfolg“. Und gerade im Augenblick sammeln sich dort gegenwärtige Beispiele für juristische begründete Maulstopfereien wie im Fall Mollath.

Warum kommt mir da jetzt wieder die DDR in den Sinn? Beim Blick auf DDR-Politiker ist die märkische Landschaft weniger von Belang, es sei denn als weiter oben schon abgehandeltes Jagdgebiet. Wenns um harte Politik geht, da ist das Sächsische prägend und auch – ein bisschen in Ansätzen das Saarländische. Was prägt denn bloß die Sachsen? Ich bin in Sachsen aufgewachsen, stamme aber auch nicht daher. Gemütlichkeit und Reiselust? Oder ein allgemeiner Stimmschaden, Dialekt genannt? Wieso aber leidet ein Politiker, dessen Wurzeln im Saarland liegen, an dem gleichen Stimmschaden? Dieses Verschlucken ganzer Silben, diese krankhafte Vokal-Insiffuzienz wie in Dtsche Dkrtsche Rplik.

Zurück zur Merkel und der Uckermark. Das hat schon literarisch was „Ruckhaftes“. Da ging doch mal einer durchs Land und wollte einen Ruck sehen. Es gibt jetzt Entscheidungen, die auf einen Ruck ergingen, wie beim Euro-Rettungsschirm oder beim Atomausstieg. Wenn eine Uckermärkische durchs Land geht, dann ist da der Ruck versteckt schon drin. Na, denn mal sehen, welcher Ruck vom CDU-Parteitag in Mannheim (Hannover - nach Hinweis geändert) ausgeht.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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