Private Internetrecherchen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Es kann ja zu meinen persönlichen Symptomen der Internetsucht gehören, dass ich manchmal auf dem Sofa sitze, und – statt was zu schreiben oder zu recherchieren - einfach nur ein bisschen nach Namen google. So wie man früher im neuen Telefonbuch geguckt hat, ob der oder die noch da wohnen oder so. Seit es diese WLAN-Technik gibt, ist das ja alles kein Problem,Fernsehen allein ist auch langweilig und man hat gerade keine Lust, zu was Ernsthaftem.

Sehr interessante Funde konnte ich gleich zu Beginn der google-Zeit verbuchen. Manchmal auch nicht so heitere. Der, mit dem ich das erste Mal... ist auch drin. Aber, weil sich daraus nichts wirklich Ernsthaftes ergeben hat, gucke ich nur aus Neugier und nicht aus Wehmut. Es war ein Missgriff, zu dem man im Leben stehen muss.

Aber immerhin: Er ist mal Radrennen gefahren, jetzt in einem Leistungszentrum tätig. Na, im Moment haben die auch nicht die beste Presse. Aus dieser Zeit ist noch ein anderer Name bei google zu recherchieren – ein Handballer von der DHfK Leipzig. Das war ein Lieber, muss ich sagen. Wir haben uns an meinem Geburtstag getroffen, der auch der seine war – zufällig. Dann sind wir ein paar Mal zusammen ausgegangen. Er tut wohl noch so dies und das für den Handball –ehrenamtlich. An den denke ich gern zurück, denn er war meine letzte Leipziger Liebe.

Dann ging ich nach Berlin und dort gab es einen Physikstudenten, meine Güte, das war was Ernstes, nur leider nicht von seiner Seite. Aber mit zwei wissenschaftlichen Arbeiten ist er auch verbucht im Internet. Schade, dass es kein Bild gibt von ihm – er müsste allerdings jetzt eine Glatze haben.

Noch eine sehr spannende Entdeckung habe ich gemacht. Vor vielen Jahren war auf meiner damaligen Arbeitsstelle ein junger Nigerianer im Praktikum. Die DDR wollte ja immer die vom kolonialen Joch befreiten Staaten als dritte revolutionäre Strömung unterstützen. Und weil ich Anglistik studiert habe, war ich zu seiner Betreuung abgestellt.

Das war ein sehr aufwändiger Job, weil er mit einer schweren Erkrankung ankam. Die bestand darin, dass er seit vier Tagen nicht mehr auf dem Klo war. Nicht ernsthaft jedenfalls. Es wurde eine Wahnsinnsaktion deshalb gemacht. Ich musste mit ihm zum Arzt – ich war Mitte zwanzig und er wohl so um die zwanzig Jahre. Für ihn alles peinlich, denn ich musste ja übersetzen. (Was hieß denn bloß "Stuhlgang" auf Englisch). So lag er zu Beginn seines DDR-Aufenthaltes tagelang in der Klinik rum. Überhaupt gab es mit ihm viel Ärger, weil seine Hoffnungen größer waren, als das was ihn bei uns erwartete und – obwohl er ein Ausländer war - konnte er nicht nach Westberlin. Das gehörte aber zu seinen Plänen. Er flog tief enttäuscht wieder nach Hause.Es sei, so habe ich später gehört, für jemanden wie ihn eine Blamage, ein Gesichtsverlust so wieder nach Hause zu kommen. Andererseits – ich wusste auch nicht so recht, was er nun eigentlich wollte.

Er hat immer geschworen er werde es zu etwas bringen, er könne leiden. Als er dieses Manifest abgab, stand er gerade in ziemlich dünnem Sakko auf der Straße und bibberte, worüber ich ein wenig scherzte. Von wegen Leiden können. Aber wir waren uns persönlich sehr sympathisch.

Kürzlich fand ich einen Professor mit seinem Namen aus Nigeria, der an USA-Universitäten lehrt und sich in den Informationswissenschaften einen Namen gemacht hat. Er könnte es sein – es wäre schön, wenn er es zu etwas gebracht hat. Eigentlich könnte ich ihm mal schreiben.


Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden