Landschaften des Unbewussten

Fotografie Ein traurig-schöner Fotoband der Fotografin Lauren Marsolier reflektiert Abschied und Veränderung

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Freeway, 2010
Freeway, 2010

Foto: Lauren Marsolier/ Kerber Verlag

Der Winter naht, doch neben Kälte und Dunkelheit bringt er auch Schönes mit sich. Nicht gemeint sind Plätzchenbacken und Kerzenschimmer, sondern die Pariser Fotografie Messe (Paris Photo 13. – 16. November), welche im dortigen Grand Palais stattfinden wird. Unter anderem werden hier die fotografischen Neuanschaffungen des Museum of Modern Art zu sehen sein.

An einem kleinen Tischlein der Robert Koch Gallery (Stand C51) kann man am Freitag (14.Nov.) eine elegante französische Dame antreffen, die eine ihrer neusten Foto-Publikationen im Kerber Verlag namens Transition signieren wird.

Intermediale Fotografie

Lauren Marsoliers Fotos verbinden Elemente der Malerei mit Fotografie. Ihre düsteren und geheimnisvollen Bilder entstehen aus übermalten Collagen.

Da die Motive, welche auf einem Bild zusammentreffen an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlicher Zeit aufgenommen wurden, entziehen sie sich im wahrsten Sinne des Wortes der Idee einer Abbildung der äußeren Welt. Die kalt und fast leblos anmutenden Landschaften scheinen vielmehr die Spiegelungen innerer psychologischer Landschaften darzustellen. Kein menschliches oder tierisches Lebewesen stört die Ruhe dieser kargen Orte.

Verwehrte Träume

Auf einem der Bilder stehen ein Riesenrad und eine Achterbahn verlassen auf einer schmalen Landzunge, umgeben von einem Ozean und einem blau-grauen Februarhimmel. Die Szenerie scheint wie ein Sinnbild für den unerfüllten Wunsch eines Kindes, kühl und abweisend, aber auch traurig-schön.

Autobahnen, Industrieschornsteine, Betonbrücken und leere Parkplätze markieren zentrale Linien in Marsoliers Bildern. Berge, Geröll und zurechtgestutzte Pflanzen umrankeln die verlassenen Reste der Zivilisation. Zugleich strahlt der Zustand der Gebäude, Straßen und Autos auf Marsoliers Bildern immer ein Höchstmaß an Ordnung und Reinlichkeit aus: Jalousien sind heruntergelassen und perlweiß, Autos sind mit Folien abgedeckt, nirgends liegt ein überflüssiges Herbstblatt auf dem Boden. Sind die Bewohner gerade abgereist? Der Himmel auf ihren Bildern wirkt groß, weit und unbewegt.

Marsoliers Bilder verleiten zum Träumen und zum Phantasieren. Sie strahlen jedoch zugleich eine Ruhe aus, der man an manchen Tagen sehnsüchtig nachhängt. Öffnet man ihr Buch, öffnet sich diese Ruhe in dem Betrachter selbst.

Lauren Marsolier lebt momentan in Los Angeles, wo sie als Preisträgerin des Houston Center for Photography Fellowship Awards kürzlich auch eine Einzelausstellung ausrichtete.

TRANSITION

Published by KERBER VERLAG (August 2014)
Essays by W. M. Hunt "Here. Now. Nowhere"
and Stefan Mattessich "Lauren Marsolier's Topographies of Memory"
80 pages, 50 images, hardcover
9.5 x 9.5 in / 25 x 25 cm
ISBN: 978-3-86678-994-4

Transition

Texte
W.M. Hunt, Stefan Mattessich

Gestaltung
Lauren Marsolier

ISBN:978-3-86678-994-4 Format: 25,00 × 25,00 cm

Seiten: 80

Abbildungen: 50 farbige Abbildungen

Cover:Hardcover, gebunden

Sprachen: Englisch

32,00 €

Kerber Verlag

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden