S21 - ...und die SPD

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EINIGE ÜBERLEGUNGEN ZUR SPD

Die Situation erscheint paradox, fast absurd: Mappus/Goll haben wir abgewählt. Es gibt derzeit sogar einen Baustopp. Die Mehrheit der Bürger und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Mehrheit der SPD-Mitglieder will S21 nicht. Eine zerrissene, schwache und zusehens unglaubwürdige SPD aber beharrt bis dato weiter darauf, S21 zu realisieren. Warum eigentlich?

Kennt man die wesentlichen, bislang veröffentlichten Fakten rund um S21, reicht bereits ein Jota Verstand aus, um es abzulehnen. Wer weiterhin etwas anderes behauptet, hat Visionen der Art, bei deren Auftreten ein ehemaliger Spitzenmann der SPD einen Artzbesuch empfahl. An den "guten Argumenten, die überwiegen" -auch nach einem Stresstest- kann es also allen Ernstes nicht liegen, dass die SPD weiter auf S21 beharrt.

Geht es um die Frage politischer Glaubwürdigkeit? Das wirft sofort die Frage auf, in welchem Maße diese vielbeschworene Glaubwürdigkeit eigentlich zunimmt, wenn man mit einem -recht infantilen- "Wir halten Wort"-Gebaren ein irrsiniges, schädliches, sauteueres und deshalb mehrheitlich ungewolltes Projekt letztlich ermöglicht. Evident wird dadurch lediglich wohl eher eine haarsträubende Inkompetenz und Beratungsresistenz, ein abgrundtiefer Realitätsverlust. Und all dies dann wiederum, jedoch leider unerwartet und unerwünscht, sehr glaubwürdig.

Schaut man sich also das irrationale Verhalten der SPD unter diesen Aspekten an, kann man eigentlich nur verständnis- und ratlos mit dem Kopf schütteln -wird die unglücksselige SPD vom Teufel(sic!) geritten?

Löst man sich von der äußerlichen Symptomatik und verlagert seine Aufmerksamkeit auf die Frage "cui bono?", schälen sich Interessen heraus, die nicht mehr ganz so irre geworden und selbstmörderisch wirken, wiewohl sie trotzdem dazu angetan sind, die Partei zu zerlegen und am Ende gegen die Mehrheit der Bürger vorzugehen.

Der Vorsitzende der Partei in B/W, Nils Schmid, hinterläßt bei seinem derzeitigen politischen Handeln einen marionettenhaften Eindruck. Wer zieht da an den unsichtbaren Strippen? Und warum?

Einige ältere Herren, alte, gut im Ländle vernetzte Paten der Partei, "Granden", hätten wahrlich eine ganze Menge zu verlieren, wenn S21 nicht käme. Weniger ihre politische Glaubwürdigkeit (das auch, obwohl davon ohnehin nicht viel übrig gebleiben zu sein scheint), als aber viel mehr jahrzehntelang gewachsene, persönliche Macht und weitreichender Einfluss. Das hält diese "wackeren Männer der Tat", die anderen auch schon mal "den Schnabel" verbieten, jedoch offensichtlich nicht davon ab, die SPD, ihre eigene Partei, quasi in Geiselhaft zu nehmen -selbst wenn die Partei dabei drauf gehen könnte. Ins Blickfeld rücken an dieser Stelle u.a. der ehemalige S21-Projektsprecher und der derzeitige Fraktionsvorsitzende.

Dass die Weltsicht dieser Herrschaften eine stramm neoliberale ist, hat weniger etwas mit innerparteilichem Pluralismus zu tun. Vor allem dann nicht, wenn eine solche Haltung einer Minderheit in der SPD dazu führt, dass die Mehrheit nach dieser Pfeife tanzen soll und muss. Zumal dieser Tanz ein rückwärtsgewandter, zerstörerischer, unvernünftiger und dummer ohne Zukunft ist, sowohl für die Partei als auch für die Gesellschaft -eine Lektion, die die SPD mindestens nach Afghanistan und Agenda2010 eigentlich inzwischen gelernt haben sollte. Sie sollte schleunigst aufhören zu versuchen, die bessere CDU, die radikalere FDP zu sein. In B/W kristallisert sich das nun in S21. Daran wird die Partei, die sich sozialdemokratisch nennt, künftig gemessen werden. Sollte sie den Bahnhof tiefer legen, wäre das gleichzeitig ihr eigenes Begräbnis.

Die einfachen Mitglieder der SPD (selbst wenn unter ihnen der eine oder andere -aus welchen unerklärlichen Gründen auch immer- S21 noch immer toll findet) dürfen sich diese gefährlichen Machtspielchen der Alten Männer nicht gefallen lassen; dieser "Bandenkrieg" ist weder sozial und schon gar nicht demokratisch. Die Basis muss dagegen aufstehen, sich emanzipieren und einen Mitgliederentscheid zu S21 fordern. Der laut Beschlusslage des Karlsruher Parteitages 2009 sowieso längst überfällig ist (soweit auch mal etwas zum Thema Glaubwürdigkeit; wie soll diese nach Außen enstehen, wenn man nicht einmal die eigenen Beschlüsse ernst nimmt?).

Tragischerweise ist im vergangenen September ein wirklich großartiger Genosse viel zu früh verstorben -Hermann Scheer. Was der wohl angesichts all dessen, was die Alte Tante hier im Ländle gerade verzapft, gesagt und getan hätte?..

Inständig hoffen kann man nur, das zwei weitere Große der SPD, Peter Conradi und Erhard Eppler, ihre Stimmen nun öffentlich erheben werden und sich an die Spitze einer innerparteilichen, von der Basis ausgehenden Emanzipationsbewegung in der SPD stellen.

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Wer zahlt Stuttgart21?

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