Stuttgart21 - keine Gefährdung der Demokratie?

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Jetzt ist es amtlich: 'Stuttgart21' ist „verkehrlich hochgradig ineffektiv “, so die Verfasser einer Studie (siehe dort Seiten 151-156), die im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellt und gestern veröffentlicht wurde. Unter anderem heißt es in der Studie: „Nach konservativer Schätzung halten wir es für unmöglich, die Kosten (der zu S21 gehörenden Neubau-Strecke nach Ulm, mcmac) unter 4 Mrd. Euro zu halten. Zusammen mit S 21 zeichnen sich damit Gesamtkosten von mindestens 9 Mrd. Euro ab, ggf. bis zu 11 Mrd. Euro.“

Nach Meinung der Autoren der Studie würde das Festhalten am Großprojekt 'Stuttgart21' wesentlichen und notwendigen Investitionen, vor allem in den Schienengüterverkehr, auf lange Sicht den Boden entziehen und somit „umweltpolitische Ziele stark gefährdet“. Sie empfehlen daher eine grundsätzliche Umstellung der Infrastrukturpolitik: „Künftig müssen die Investitionsentscheidungen streng am verkehrlichen Bedarf und an den Zielen des Umweltschutzes ausgerichtet werden.“

Indes distanzierte sich laut SWR1 ein Sprecher des Umweltbundesamtes von den Ergebnissen der Studie und ein Sprecher des Baden-Württembergischen Verkehrsministeriums bezweifelte die Legitimation der Studie (ebenda). Derweil hat das OLG Stuttgart einen Eilantrag zum Stopp der Abbrucharbeiten zurückgewiesen und Stuttgarts OB Schuster (CDU) hält, trotz inzwischen über 21.000 Unterschriften des seit 6 Tagen online stehenden 'Stuttgarter Appells', ein Moratorium für S21 für nicht denkbar und sieht darin auch keine Gefährdung der Demokratie.

[Hinweis zum 'Stuttgarter Appell': dieser kann selbstverständlich auch von Nicht-Stuttgartern gezeichnet und somit unterstützt werden (der Bund ist mit ein paar Milliarden bei S21 auch mit von der Partie; siehe Studie).]

Da in den nächsten Tagen und Wochen nicht damit zu rechnen ist, dass die Situation sich entschärft, sondern sich eher zuspitzen wird und ebenfalls damit zu rechnen ist, dass die Medien darüber nicht angemessen berichten werden, hier wenigstens ein Link zu einer privaten Webcam, welche den Nordflügel des Stuttgarter Bahnhofs (mit der Dauermahnwache der S21-Gegner) zeigt. Überdies ist das auch der Ort an dem jeden Montag, 18.00, Uhr die Montagsdemos gegen S21 stattfinden.

http://www.woschod.de/wp-content/uploads/2010/02/K21-09.jpg

Weitere Links:

Bei Abriss Aufstand / Parkschützer / K21 / Blogs u. Artikel auf freitag.de

UPDATE Fr./13.08./11:35

Es geht los! Scheibchenweise natürlich (siehe unten, Bericht Dominik). Zeitweise ist bei-abriss-aufstand.de, die ständig aktualisierte Site der S21-Gegner nicht mehr zu erreichen, und, was aber schwerer wiegt: die oben verlinkte Webcam gar nicht mehr. Ich gehe aber erst mal davon aus, dass die entsprechenden Server überlastet sind...

"Bagger rollt an – Abriss Vordach

Publiziert am 13. August 2010 07:47 von Dominik

Um 5:15 Uhr fuhr ein größeres Polizeiaufgebot vor den Nordflügel. Kurz darauf kamen LKW von verschiedenen Firmen, u.a. GL Abbruch.

Es befanden sich insgesamt sieben Aktivisten vor dem Eingangstor des Bauzauns. Die fünf schlafenden Dauerblockierer wurden durch die Polizisten geweckt und sofort zum Verlassen des Geländes aufgefordert. Bereits nach der zweiten Aufforderung wurden sie geräumt. Drei Blockierer gingen freiwillig. Vier Aktivisten wurden weggetragen und erhielten einen Platzverweis im Umkreis von 50 Metern für den ganzen Tag. Das zeltähnliche Gestell wurde von Polizisten zerlegt und zur Seite geschafft.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 9 Polizeiautos auf dem Parkplatz vor dem Nordflügel und 33 Polizistinnen und Polizisten.

Das Geschehen wurde einerseits von den S21-Gegnern mit Video und Foto dokumentiert und von der Polizei mit Video.

Um das Tor effektiv zu blockieren, waren zu wenige Menschen anwesend.

Es wurden zwei leere und zwei volle Mulden mit Bauschutt abgeholt. Gleichzeitig wurden zwei leere 40 Kubikmeter Mulden gebracht. Kurz darauf fuhr ein Bagger von der Heilbronner Straße in Begleitung eines Polizeiautos vor den Nordflügel. Er hob aus einer Mulde zwei Baggerschaufeln/Greifzangen heraus. Bis dahin waren sie für die Passanten nicht sichtbar.

Zwei Demobeobachtern wurde unvermittelt und unbegründet von einem Polizist ein Platzverweis erteilt, als sie dies filmten und fotografierten. Auf Nachfrage was das Fehlverhalten sei, wiederholte dieser seinen Platzverweis, aber ein anderer Polizist antwortete, dass Bauarbeiten behindert würden. Der erste Polizist holte hastig zwei Aufforderungen nach, den Platz vor dem Tor zu verlassen.

Um 6:00 Uhr wurde das Tor des Bauzauns wieder geschlossen.

Um 6:20 Uhr waren bereits zwei Kameraleute vor Ort.

Der Einsatzleiter der Polizei gab bekannt, dass sie die Presse informiert hätten.

Heute werde das Vordach über dem Eingang des ehemaligen Postzentrums abgerissen. Ein ARD-Bericht werde ausgestrahlt. Kurz darauf war auch dieses Kamerateam vor Ort.

Das hässliche Vordach am Bonatzbau wird damit entfernt.

Kommt zum Zaun, macht Lärm, stärkt die Dauerblockierer und zeigt, dass nicht noch mehr abgerissen werden darf! Die Menschenkette um den Hauptbahnhof und den Park ist damit genau das richtige Zeichen. Heute um 20 Uhr."

UPDATE Fr./13.08./12:51

Link zum SWR (Nachrichten)

Interview mit OB Schuster auf SWR2, heute 7:07, Moderation Sabine Hackländer (mp3)

UPDATE Fr./13.08./13:21

Die Webcam ist wieder erreichbar, wenn auch zögerlich.

Video der Polizeiaktion/Abriss Vordach im Zeitraffer

tagesschau.de(Video v. 12.08.)

tagesschau24 (Video v. 13.08, 13:41Uhr, 3. Meldung, weiter unten auf der site nicht extra aufgeführt)

UPDATE Fr./13.08./16:08

Pressemitteilung der DB zum Abriss

UPDATE Fr./13.08./18:46

Webcam-Livestream vom Nordflügel (nicht immer, aber immer öfter)

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