Vox Populi & andere Viecher

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Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber
Das Fell für die Trommel
Liefern sie selber.

bb


Am 27. November des vergangenen Jahres war die Bevölkerung Baden-Württembergs dazu aufgerufen, in einem Regierungsreferendum über eine Gesetzesvorlage abzustimmen, welche die Beendigung der Finanzierung des Projekts S21 durch das Land festlegen sollte. Bei außergewöhnlich hoher Wahlbeteiligung stimmten knapp 60% gegen dieses Gesetz. Es war somit gescheitert. (Das Land beteiligt sich mit etwa einem Fünftel an den offiziell prognostizierten Gesamtkosten von 4,5 Milliarden Euro für S21.)

Seit dem erklären die Initiatoren der gescheiterten Gesetzesvorlage ihre Absicht, S21 „kritisch-konstruktiv“ begleiten zu wollen – heute begann die Bahn, den Südflügel des Kopfbahnhofes zu entkernen. In etwa 14 Tagen soll damit begonnen werden, die Außenmauern des Gebäudes einzureißen.

Demnächst wird es auch den alten Baumriesen im Schlossgarten an den Kragen gehen; es ist nur noch eine Frage von höchstens einigen Wochen, bis diese gefällt werden sollen.

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Unterdessen geht der Widerstand von Teilen der Bevölkerung Stuttgarts gegen S21 weiter (Abstimmungsergebnis Stuttgart: 47% für den Ausstieg, 53% dagegen; wobei hingegen alle Innenstadtbezirke für den Ausstieg stimmten). Die S21-Kritiker sehen sich seitdem dem massiven Vorwurf ausgesetzt, schlechte Demokraten zu sein – systematisch wird ihr Protest in eine egozentrische und unsolidarische Ecke geschrieben und kommentiert: Der Stuttgarter „Wutbürger“ soll gefälligst endlich die ihm zugedachte Larve aufsetzen und seine Rolle spielen, damit der Rest der neoliberalen Party noch ein bisschen weiter gehen kann.

Wohlwissend verschweigt die veröffentlichte Einheits-Meinung in diesem Zusammenhang die äußerst ungleichen Ausgangsbedingungen anlässlich dieses euphemistisch und fälschlich als „Volksabstimmung“ deklarierten Referendums, dessen partei- und machtpolitische Komponente vor allem das Outsourcen eines unüberwindlich scheinenden grün-roten Koalitionskonflikts war.

Dass S21 jedoch nach wie vor ein mutmaßlich illegitimes (verfassungswidriges) und höchstwahrscheinlich illegales (schwerer Betrug nach § 263 StGB) Projekt ist, wird so nun vollends unter den Teppich gekehrt.

Auf der S21-kritischen Internetseite Bei-Abriss-Aufstand wurde heute eine Kommentar veröffentlicht, der sich sehr anschaulich noch einmal dem Thema „Volksabstimmung = Volksverdummung?“ widmet. Was Kommentator Peter – es gibt nur den einen heute um 09:56 Uhr schrieb , sollte der S21-geplagten und -geprüften fc nicht vorenthalten bleiben (Auszug):

„[...]Die sog. Volksabstimmung war, ist keine Volksverdummung. Volksverdummung ist vielmehr die sog. repräsentative Demokratie, bei der größten Teils schlechte Repräsentanten genannte Darsteller dem Volk Demokratie vorgaukeln.
Die Theateraufführung einer Volksabstimmung bei der es überhaupt nichts abzustimmen gab, schon gar nicht Bahnhof oder nicht, diente lediglich als Schein-Legitimation eben dieser repräsentativen Demokratie, nach dem Motto: “Seht her, wir (wer?) lassen euch mitbestimmen!” – auch wenn sich dadurch überhaupt nichts ändert. Durch nichts lässt sich der repräsentative Demokratie genannte Betrug besser legitimieren, als durch einen direkt-demokratischen Anschein.

Es geht hier (S(chwachsinn)21) schon lange nicht, vielleicht noch nie, um einen Bahnhof oder was sich halt so nennt. Es geht mal wieder und immer wieder um die Systemfrage, um die Herrschaftsfrage. Und genau deswegen sind die Reaktionen (die Reaktion = die Reaktionäre) so extrem und die Maschinerie um den Deckel drauf zu halten, mittlerweile so riesig.

Wenn S(chwachsinn)21 durch den anhaltenden Widerstand (und nicht durch seine inhärenten Widersprüche) fallen würde, wenn, würde es zum letzten Vorhang dieses widerlichen Schauspiels repräsentative Demokratie. Da das die Intendanten nur zu genau wissen, werden sie zur Not auch syrische Verhältnisse inszenieren (siehe Containerknast in Cannstatt, siehe Schwarzer Donnerstag, siehe letzte Woche, siehe heute früh eine Baustelle, die mit massivem paramilitärischen Aufgebot dafür gesichert werden muss, weil die Baustelle an sich schon illegal ist., usw. usf.).

Da insbesondere die Alemannen (als Fußkranke der Völkerwanderung) genau vor dieser illegalen Militärmaschinerie Angst haben, haben sie auch ganz ohne äußeren Zwang am 27.11. so abgestimmt, dass die Intendanten möglichst nicht zornig werden. Die Volksabstimmung war also keine Volksverdummung, im Gegenteil! Weil die Menschen hier nur zu genau wissen wovor sie Angst haben, haben sie sich am 27.11. als die erwünschten Untertanen erwiesen. Angst macht vielleicht nicht gerade hellsichtig, aber durchaus schlaglichtartig klar.“

Quelle

Inzwischen ist bekannt geworden, dass das Ergebnis der o.g., sogenannten „Volksabstimmung“ nun auch vor dem Baden-Württembergischen Staatsgerichtshof ordentlich und rechtlich angefochten wird.

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  • Stuttgarter Erklärung (openpetiton.de; eine Stellungnahme Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger, die weiter Widerstand gegen das Projekt S21 leisten wollen und um Unterstützung bitten)

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...wir euch schon...

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