Imperial Beef

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Im Flugzeug nach New York können Filme geschaut werden, wobei in jedem zweiten zweiten Film Matt Damon mitspielt: Wir kaufen einen Zoo, Departed – Unter Feinden, Ocean's Eleven, Invictus – Unbezwungen und so weiter. Zu den programmierten Animationsfilmen gehört Happy Feet 2 (in dessen Originalfassung Damon eine Sprecherrolle übernommen hat), und in der Rubrik Fernsehen ist die Serie Entourage prominent vertreten (mit der Damon auch was zu tun).

Ganz schön viel Matt Damon also, und wenn man sich fragt, warum, bieten sich verschiedene Erklärungsmodelle an:

A) Matt Damon ist ein populärer Schauspieler

B) Matt Damon spielt Rollen und in Filmen mit, die jeweils so harmlos sind, dass sie Fluggästen zugemutet werden (selbst Wir kaufen einen Zoo ist, sagt ein Insert, für die Flugzeugausstrahlung neu geschnitten worden)

C) Zufall

Wie auch immer. Das Leben ist konkret. Also ohne großes Federlesen Wir kaufen einen Zoo geschaut, was nicht einmal uninteressant war.

New York stellt den Besucher, der schon einmal ein Kino von innen gesehen hat, immerfort vor das Problem, dass hier alles aussieht wie in einem Film. Die Kinder in Brooklyn benehmen sich so, wie sich Kinder etwa in Spike Lees Crooklyn benehmen: Sie springen an sommerlichen Sonntagnachmittagen Seil vor den Veranden und Eingängen der Stadthäuser. (Hydranten sprudelten keine, womöglich war es dafür noch nicht heiß genug.) Es kann natürlich auch sein, dass das Kinder einfach machen, Seilspringen vor dem Haus, wie man überhaupt rasch die Realität unter diesen ganzen Filmen vergisst – wie viel Welt in dieser Stadt zusammenlebt, ohne sich permanent die Rübe einzuschlagen, bleibt etwa durchaus erstaunlich.

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Über New York etwas zu sagen, von dem man das Gefühl hätte, es sei noch nicht gesagt worden, ist ungefähr so einfach wie dieses Googlewhacking-Spiel aus den Kinderjahren der Suchmaschine; da ging es seinerzeit darum, zwei Begriffe einzugeben, die genau ein Ergebnis produzieren. Lange nicht mehr probiert.

Die Mission – "Auge in Auge mit der öffentlichen Daseinsvorsorge" – führt in New York ins Leere. Schwimmbäder, die hier bevorzugten Objekte zur Überblicksgewinnung, kann man nur als Mitglied besuchen. Die Jahresgebühr beträgt zwischen 100 und 200 Dollar, was ähnlich der Schweizer Autobahnvignette für den local User sich ausgehen mag, für durchreisende Non-Residents dagegen viel auf einmal ist: Das wäre wahrer Luxus, für 150 Dollar in einen New Yorker Indoor Pool. Zumal das Metropolitan Recreation Center in Brooklyn nur vom Namen her wie eine abgefahrene Wellness-Technologie tönt, von außen und im Foyer macht es einen ziemlich runtergerockten Eindruck.

Das Runterrocken ist, wenn kühne These wie Metapher gestattet sind, vielleicht die Achillesferse der amerikanischen Daseinsvorsorge: Es wird genutzt, aber wenig repariert und instandgesetzt, und irgendwann ist dann so weit runtergenutzt, das geschlossen werden muss. Leuchtendes Beispiel in derselben Hood: Das Freibad im McCarren Park (hier ein schöner Film): 1936 erbaut, Massenfreizeitkultur at her best, 1984 geschlossen, weil runtergerockt. Nun kurz vor Wiedereröffnung, H. erzählt, dass New Yorks Bürgermeister Bloomberg ein Freund des Schwimmbades in general sei. Das ist die hiesige Rückversicherung des öffentlichen Haushalts: dass ein poolphilanthropischer Superreicher am Ende immer einstehen könnte für das, was die kommunale Verwaltung nicht finanziert bekommt.

Im McCarren Park ist während der sonntäglichen Passage einiges los: Auf dem Fußballfeld spielt Chelsea gegen den BVB, und drumherum stehen Grilltools, wie sie anderswo eher zur Stadtteilfestversorgung eingesetzt würden, hier aber zur Speisung von Familien und deren Associates dienen.

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Geschrieben von

Matthias Dell

Filmverantwortlicher

Matthias Dell