Tatort Münster macht müde, obwohl doch so viel los sein sollte: Roland Kaiser spielt in "Summ, summ, summ" einen Schlagersänger mit Love-Ladies-Logistik in Kachelmann-Manier
Summ, summ, summ ist eigentlich ein schöner Titel. Mal was anderes als die verbreiteten Kapitulationserklärungen vor der eigenen Einfallslosigkeit oder fehlender Ambition, lässt sich so und so und so verstehen, vor allem so – also auf die Bienen bezogen, die in der Folge eine Rolle spielen. Das Singen, um das es geht, wenn ein Schlagersänger mittut, steckt im Summen auch, und man kann, rein performativ, den Titel als Ausdruck kindlicher Albernheit nehmen, die zum Thiel-Boerne-Gekabbel passt.
;erdem an das – rhythmisch und phonetisch doch irgendwie verwandte – "Zoom-zoom-zoom" aus dem Spot eines Autoherstellers denken, der allerdings nicht der Hersteller ist, der Prahl und Liefers bezahlt, weshalb Schleichwerbungsvorwürfe sich als haltlos erweisen würden.Dieser bunte Strauß an Assoziationen im, wie gesagt, eigentlich schönen Titel der 23. Münsteraner Folge deutet zugleich aber auf ein Problem: Es ist alles etwas geräumig und für jeden was dabei (Buch: Jan Hinter, Stefan Cantz, Regie: Kaspar Heidelbach). Für die Fans vom Thiel-Boerne-Gekabbel gibt's etwa das Thiel-Boerne-Gekabbel, das auf so Sätzen auslautet wie: "Bis die Butter im Kühlschrank ist", was bei besagten Fans vielleicht schon Klingeltongedanken und Schenkelklopfen produziert, weil etwas Banales mit militärischer Entschlossenheit vorgetragen wird.Thiel-Boerne-GekabbelMan merkt schon, wieviel Spaß Liefers hat, den Schnösel auszubuchstabieren, man hätte nur als Zuschauer selbst mehr Freude, wenn das Gekabbel irgendwie zwingender wäre. Da steht sich der Tatort selbst im Weg, weil es ja keine Entwicklung und kein Ziel gibt, sondern immer nur the same procedure wie letztes Mal. Vermutlich ist es das, was die Leute meinen, wenn sie sagen, dass das Thiel-Boerne-Gekabbel schlimmer geworden sei oder es "nur noch" darum ginge in Münster oder was auch immer an Tendenzbeschreibungen aufgeboten werden kann – dass man sich an die Harmlosigkeit von etwas gewöhnt hat, das nirgendwohin will. Wenn das Thiel-Boerne-Gekabbel irgendwohin könnte, dann würde es wohl böser und triftiger.Für die Fans des Sonntagabendkrimis gibt es in Summ, summ, summ ein wenig Rätselraten um den Mörder. Wäre das Rätselraten Kokain, müsste man sagen, es ist gestreckt: der Etappenmord am Rande der unterlassenen Hilfeleistung – etwas Unentschiedeneres kann man sich nicht vorstellen! Wenn das so weitergeht, wird eines Tages gar nicht mehr umgebracht im Tatort, weil das die Zahl der Verdächtigen noch einmal erhöht – potentiell ist ja jeder ein Mörder. Die Anlage des Falles beeindruckt zero (was zugegebenermaßen auch nie das Ziel von Münster ist). Die Kehrseite dieser Konstruktion zeigt sich am Ende, wenn im Dampfbad ewig und drei Tage die Bedienungsanleitung für die Geschichte ausgegeben werden muss. Das wäre ihre Krimi gewesen. In Wahrheit: Story, Alter.Für die Fans von Roland Kaiser ist Roland Kaiser dabei als Roman König, was vom "Städtemarketing" (Hai-Alarm am Müggelsee) her gedacht, total passend ist, weil Roland Kaiser doch aus Münster kommt. Weil darauf aber schon einmal Artes Durch die Nacht mit... gekommen war und Kaiser mit dem anderen bekannten Münsteraner Musiker (Götz Alsmann) zusammensponn, hätte man allerdings wissen können, dass Kaisers Stärken woanders liegen als vor der Kamera – im Expertengespräch mit Alsmann wirkte er seinerzeit überfordert. Den Eindruck, Kaiser interessiere sich gar nicht für Musik, versucht Summ, summ, summ zu korrigieren, wenn Boerne scheinempört beim Hotelzimmernachbarn einmarschiert und – ein Gag mit sehr viel Anlauf – doch nur den Klassikgeschmack von Rolli zu schätzen weiß.Frau HallerDas Faszinierende an Kaiser ist neben seinem hendrikarnsthaften, sympathisch ins Bullige ziehenden Gesicht die Frage, wie er sich zu sich selbst verhält. Kaiser ist gebucht wegen seiner Prominenz, versucht aber jemanden zu spielen, der eine Filmfigur sein soll; er hat Erfahrung mit der Dieter-Thomas-Heck-Grammatik von Bühnenauftritten, kann daraus aber nichts ziehen für sein Bewegen vor der Kamera, kurz: Kaiser steht im Zenith und Nadir von Pose und Schauspiel zugleich, also rum wie Pik 7, obwohl alles auf ihn zuläuft.Schon jetzt als legendär muss die Bienenattacke von Stalkerin Stagge gelten, die zu Dokumentationszwecken auch noch filmintern aufgenommen wurde: eine grotesk unterforderte Fritzi Haberlandt reitet auf dem Kaiser-Berg herum, der später auch noch in der Pathologie herumliegen muss.Ansonsten sagt Boerne – zum ersten Mal? – "Frau Haller" zu seiner Mitarbeiterin, und außerdem kommt der Fall Kachelmann in seiner harmlosen Variante im Tatort an.Ein Satz, der aus Kollegen Freunde macht: "Ich glaube, sie schwänzen einen anderen Beruf"Eine Begrüßungsformel, die zu Herzen geht: "Long time no see"
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