Minister Kannibale im Horrorkabinett

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Sagt ein Arzt zum Patienten:"Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die Gute: Der Hirntumor, der Ihre Merkschwäche verursacht, ist behandelt. Leider wird ihre Versicherung nicht dafür aufkommen."

Patient: "Und was ist die Gute?"

Herr Rösler tritt für eine einkommensunabhängige Finanzierung der Krankenkassenbeiträge ein. Der Arbeitgeberanteil soll eingefroren werden, damit die Lohnnebenkosten nicht weiter steigen - die Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber, das sei hier noch erwähnt.

So wird nach einem Facelifting die Kopfpauschale reanimiert, dazu taugt natürlich niemand besser als ein Arzt. Nach der aktuellen Anleitung wird im Moment reanimiert indem man 30 Mal Herzdruckmassage durchführt und dann zweimal beatmet. Herr Rösler wird sich also bis zur ersten Atempause noch öfter zu Wort melden.

Wenn etwas aber schon so stinkt, wie einkommensunabhängige Krankenkassenbeiträge, ist klar was bei der Reanimation herauskommt: Ein Zombie.

"Die Hühner ficken."

In der Schweiz gibt es eine Kopfpauschale. Dort zahlt man (je nach Versicherer) ca. 250 Euro. Pro Person. Das ist der Preis für die Grundversorgung. Darin sind u.a. Behandlungen beim Zahnarzt nicht enthalten.

Für Menschen, die sich diesen Beitrag nicht leisten können gibt es die Prämienverbilligungen, einen staatlichen Zuschuss zu den Beiträgen. Dieser ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. In der Schweiz wird 25% des Gesundheitssystems durch Steuergelder finanziert.

Das größte Problem haben die Menschen, die zuviel verdienen, um eine Prämienverbilligungen zu bekommen aber nicht genug, als dass sie die Beiträge ohne Weiteres stemmen könnten: die Mittelschicht.

Mit der Grundversicherung dürfen die Versicherungen in der Schweiz keinen Profit machen. Den Systemwechsel bei uns sollte man in dieser Hinsicht gut beobachten.

Zurück zur Reanimation

Herr Rösler wirkt so nett, fast harmlos; die FAZ schreibt:

"Mit Rösler müssen jetzt erst mal alle umgehen lernen, auch die Opposition: Sie müssen lernen, dass sie es hier mit dem Vertreter einer neuen Generation von Liberalen zu tun haben, auf den ihre Klischees nicht mehr recht passen wollen. Gerade Rösler hat immer wieder gegen das Image vom kalten Marktliberalen gekämpft, hat seiner Partei ein sympathischeres Gesicht verordnet."

Wenn das Image sozial ist und das Gesicht sympathischkommt man auch mit asozialer Politik durch.


Wenn man folgende Aussagen ein wenig hinterfragt, wird klar, was auf uns zukommt:

"Gesundheitsminister Philipp Rösler hat sich in einem Interview mit «Die Welt» ausdrücklich gegen einen ungezügelten Wettbewerb auf dem Apothekenmarkt ausgesprochen. Der Aussage des Interviewers «Apotheker könnten auch mehr Wettbewerb vertragen» entgegnete er: «Es gibt einen Unterschied zwischen einem beliebigen Markt für Autos oder Brot und dem Gesundheitsmarkt. Apotheken handeln mit sensiblen Gütern, die deshalb teilweise verschreibungspflichtig sind. Hier hat der Wettbewerb seine Grenze, das erklärt die Sonderregelungen für Apotheken.»" Quelle


Und:

"Auf die Bundesbürger kommen nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) steigende Ausgaben für die Krankenversicherung zu. «In den nächsten 20 Jahren wird Gesundheit nicht billiger werden», sagte Rösler der Zeitung «Die Welt» (Samstagausgabe) laut Vorabbericht. Er wolle aber durch mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen dafür sorgen, dass Beiträge effizienter eingesetzt werden." Quelle

Die sensiblen Apotheker werden vor "zuviel" Wettbewerb geschützt, die Versicherten durch eben jenen effizienter verwaltet.

Wettbewerb ist immer gut und macht alles besser. Deswegen soll es ihn auch im Gesundheitssystem geben. So kann jeder gegen jeden Menschen heilen. Die eine Hand im Boxhandschuh, die andere am Skalpell.

Am liebsten wäre den Liberalen wohl ein System welches nur aus Privaten Kassen besteht. Ob uns das nur zugute kommt?

"Es ist wahrscheinlich, dass bei Privatpatienten in Deutschland eine Überversorgung vorliegt, die durchaus schädlich sein kann", schreibt Peter Sawicki in einem Fachartikel. Fällt die viel beschworene Zweiklassenmedizin zuungunsten der Privatversicherten aus?

Einen schönen Satz sagt Peter Sawicki, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: "Privat Versicherte warten kürzer auf unnötige Operationen und überflüssige Röntgenaufnahmen." Mehr hier

Herr Seeufer kämpft mit 43% im Nacken wie ein Stier gegen die Idee der Liberalen. Was die FAZ sich für einen Ausgang dieses Kampfes wünscht? "Wenn der politische David gegen Goliath Seehofer eine Chance haben will, muss er den Rückhalt von Wolfgang Schäuble gewinnen." Wie dieser Kampf ausgeht, weiß jeder.

Kapitaldeckung und Wettbewerb, demographischer Wandel undIneffizienz waren dieselben Keulen, mit denen Menschen in die Riester Rente getrieben wurden. Da kann man nur hoffen, dass die Kurse gerade steigen, wenn man krank wird. Denn sonst knabbert der Gesundheitszombie am Bein, während der Rentenvampir sich an der Halsschlagader labt.

Guten Appetit!

Weiter Links zum schweizer System:

www.ess-europe.de/europa/kvsys_schweiz.htm

www.sozialemedizin.ch/?p=888

Danke an Cassandra für die Hilfe.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

merdeister

Ein guter Charakter erzieht sich selbst. - Indigokind - Blogtherapeut

merdeister

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