Die einzige Neid-Debatte, die je geführt wurde, könnte man kalauernd sagen, war die Debatte um die Fußballtrainerin Silvia Neid. Ansonsten wurde vor der „Neid-Debatte“, seit sie der ehemalige Bundesbankpräsident Ernst Welteke 2006 gesichtet haben wollte, vor allem gewarnt. Wer sie nicht haben will, hat dafür meist Gründe, die die andere Seite veranlasst zu sagen, eine „Neid-Debatte“ wäre in Wahrheit eine Debatte über soziale Ungleichheit oder umgekehrt über mehr Verteilungsgerechtigkeit. Und schließlich krankt eine „Neid-Debatte“ daran, dass sich kaum ein Verfechter des Neides fände. Neid ist eine der sieben Todsünden und auch in säkularisierten Gesellschaften verpönt.
Dabei wäre es erst einmal nicht schwer, für die produktive Seite des Neides zu werben. Die Geschichte kennt genügend Beispiele von herausragenden Leistungen, die man als vom Neid erzeugt interpretieren darf. Beweise wird man aber selbst für diese lässliche Form nur wenige finden. Selbst von Schriftstellern, die von Berufs wegen die dunklen Seiten der Seele erforschen sollten, wird man ebenso selten ein „weil ich auf den Erfolg des Kollegen XY neidisch war“ hören wie ein „aus reiner Eitelkeit“, wenn Auskünfte nach Schreibmotiven erteilt werden. Beides ist aber wahrscheinlich.
Nah-Neid
Ähnlich steht es in einem todernsten Kapitel der deutschen Geschichte. In seinem neuen Buch Warum die Deutschen? Warum die Juden? (S. Fischer) erinnert Götz Aly an eine nicht geführte Neid-Debatte aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Es ist die Debatte über den Neid der Deutschen auf die Juden. Aly zitiert zahlreiche Stimmen, die von diesem Neid sprachen, allerdings gehören sie ausnahmslos nicht den Neidern selbst. Diese verstecken nämlich ihren „Charakterzug schamhaft hinter allerlei vorgeschobenen Motiven – zum Beispiel hinter einer Rassentheorie“. Plausibel ist die Annahme eines weit verbreiteten Neides dennoch, einfach weil es Gründe gab: Aus (mentalitäts)geschichtlichen Gründen kamen viele jüdische Deutsche mit der Modernisierung besser zurecht als das Gros der christlichen Deutschen, sie erwiesen sich als mobiler, flexibler und bildungsoffner. So stammten 1869 knapp 15 Prozent der Berliner Gymnasiasten aus jüdischen Familien, Juden machten aber nur vier Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Es ist beklemmend, dass sich der aggressive Neid der christlichen Deutschen just in dem Moment verstärkte, als sie in der Weimarer Republik aufholten – nach der Regel, ich neide dem, der mir nahe steht, mehr als dem ganz oben. Noch beklemmender, dass sich dieser Neid mit der weit verbreiteten „volkskollektivistischen Gleichheitsidee“ verband und katastrophal wirkte. Das Thema wird uns weiter beschäftigen, zumal Aly bei der gut besuchten Buchpremiere künftig ähnliche Folgen von Neid nicht ausschließen wollte.
Ein paar Schlüsse wollen wir aber hier schon ziehen. 1.) Womöglich wäre Schlimmes schon zu verhindern, wenn die Neid-Debatte endlich geführt, Neid also nicht mehr schamhaft geleugnet würde. 2.) Wer eine Neid-Debatte aber nicht will, muss sagen, wovor er sich fürchtet (zum Beispiel dem Verlust von Privilegien) 3.) Wer mehr Gleichheit fordert, muss zugleich das rassistische, völkische und antisemitische Denken bekämpfen; nicht die Forderung nach mehr sozialer Gleichheit ist das Problem, wie der Anti-68er Aly auch für die Gegenwart zu unterstellen scheint, sondern ein verkürzter Freiheitsbegriff.
Kommentare 37
Mit der Deklarierung von Neid als einer 'Todsünde' kommt man nicht weiter. Auch Aly's Buch fehlt eine Theorie, in die er seine Erkenntnis einbetten kann. Eine solche aber gibt es: Es ist die Fundamentalanthropologie René Girards, die den Neid als Phänomen der mimetischen Rivalität zu erklären versucht. Aly selbst stößt auf Seite 278f. seines Buches darauf: " Sie [die Juden] besaßen, was die Deutschen so sehr vermissten usw." Dann: "Wer der ewige Jude war, das stand fest. Der ewige Deutsche wurde seit 1800 gesucht." Hier ist weiter zu fragen. Möglicherweise steht hinter der Doppelfrage 'Warum die Deutschen, Warum die Juden' eine aneignungsmimetischer Furor, der auf die Auserwähltheit des eigenen Volkes zielt. Zitat Hitler: "Es kann nicht zwei auserwählte Völker geben. Wir sind das Volk Gottes. Besagt das nicht alles?" (in: H. Rauschning, Gespräche mit Hitler, 1940).
Lieber Herr Angele,
das Neid-Tabu ist in der Tat nicht nur lächerlich, es verhindert auch die Differenzierung. Neid ist nicht gleich Neid. Oder erst wenn aus Neid Mißgunst wird, wird Neid zum Problem. So lang sich Neid auf den Wunsch beschränkt, nur selbst auch das haben zu wollen, was ein anderer hat - was ist daran verwerflich?
Wie sollten Besitzstandsunterschiede, die auf ehrlicher Arbeit beruhen, Mißgunst hervorrufen. Vermögen, die sich - wie die meisten wirklich großen Vermögen - zu unrecht angeeignet wurden, die mißgönne ich tatsächlich ihren Besitzern, und dies ohne jenen sanften Neid, der mich zum Beispiel beschleicht, wenn ich an Musiker denke, da ich nun einmal zu jenen gehöre, die kein Instrument beherrschen.
Deshalb, aber ja, her mit einer ordentlichen Neid-Debatte! Denn zu viel Ausbeutung herrscht wiedermal im Lande! Und das mit staatlicher Unterstützung. Und dies eingeleitet von Rot-Grün.
Allerbeste
Mir fällt zu dem Thema der Soziologie und Gruppenanalytiker Prof. Rolf Haubl ein. Der hat ein Buch zu dem Thema geschrieben: "Neidisch sind immer die anderen".
Hier ist er im Interview auf 3sat zu sehen:
www.3sat.de/page/?source=/scobel/126368/index.html
In diesem Interview im stern ( tinyurl.com/3oqzazw) stellt er die These auf, dass es bei Neid häufig eigentlich um immaterielle Güter wie Anerkennung, Zufriedenheit, Glück, Sinn oder ähnliches geht.
Er sagt in dem Interview auch, dass in den aktuellen Konflikten, die mit dem Islam oder Islamismus ausgetragen werden, ein unbewusster Neid auf eine Orientierung eine Rolle spielen könnte. Hier würde die Tatsache, dass andere eine starke Orientierung haben, für die sie sogar ihr Leben einsetzen, zu einem unbewussten Neid führen.
"Wer mehr Gleichheit fordert, muss zugleich das rassistische, völkische und antisemitische Denken bekämpfen; nicht die Forderung nach mehr sozialer Gleichheit ist das Problem, wie der Anti-68er Aly auch für die Gegenwart zu unterstellen scheint, sondern ein verkürzter Freiheitsbegriff"
Ach, wer mögen die sein, die da mehr Gleichheit fordern.
Ach, bestimmt diese linken Deppen wieder, die inzwischen zur Badbank des Antisemitismus erklärt worden sind. Alles dorthin entsorgen. Dort wirds prima verarbeitet.
Müssen andere Gruppierungen nicht rassistisches, völkisches und antisemitisches Denken bekämpfen? Es gibt Untersuchungen, nach denen der Antisemitismus auch in der politischen Mitte weit verbreitet ist. Da ist keine Gleichheitsforderung der böse, böse Antrieb, sondern eher Abstiegsängste.
Neid kann ich da auch nicht mehr so recht erkennen.
Und was ist ein verkürzter Freiheitsbegriff?
Ahja, der von den Linken.
Ich denke, alle Freiheitsbegriffe sind meist verkürzt. Die einen reduzieren sie auf jene Aspekte, andere wieder auf diese. Soziale Rechte sind so wichtig wie demokratische Rechte. Und natürlich ist erzwungene Gleichheit keine Option. Man muss einfach mal hoffen, dass die Linke gelernt hat. Ich weiß es nicht.
Ach, ich ahne es. Verkürzt meint den Verzicht auf bürgerliche Rechte.
Davor ist freilich zu warnen, aber solches vertritt auch eine Linke wohl nicht mehr. Eher die Rechtspopulisten sind es, die immer mehr Rechte einschränken wollen.
Sie haben ja schon auf die Gegenwartstauglichkeit von Alys Buch im Kampf gegen zuviel Staat und zuviel Gleichheitsgedanken verwiesen.
Mir ist das alles nicht so einleuchtend. Aber mir fällt auf, dass diese Debatten sich froh und munter durch die Medien ziehen. Ich glaube schon in dem Buch "Hitlers Volksstaat" hat er ähnlich argumentiert.
Aly mit seiner Rundum-Denunziation sozialstaatlicher Modelle liefert zuverlässig.
@Michael Angele
Lieber Michael Angele,
das für mich Verstörende an Götz Alys neuem Buch, ist, dass er mit seiner in diesem Buch vertretenden Bildungs- Nah- Neid- These, die in seinem Schlüsselwerk
"Volksstaat"
furios europaweit gespielt belegte These vom materiell völkischen Neid in Zeiten des reichsdeutsch drohenden Staatsbankrotts ab den Jahren 1933- 45, samt Enteignung , Entmietung, Ausbürgerung, mörderisch amtlicher Entleibung von Deutschen, Franzosen, Niederländern, Polen, Griechen, Serben, Kroaten, Italienern, Ungarn, Balten, Russen, Ukrainern, Kaukasiern mit jüdischem Hintergrund im NS- Staat, wie in den vom Deutschen Reich eroberten und besetzten Gebieten Europas, quasi ad absurdum führend, mindetens ebenso furios dementiert und damit vor diese "Volksstaat" These heillos weit in argumentative Unschärfen zurückfällt.
tschüss
JP
Was von Politikern und Meinungsmachern als Neid bezeichnet wird, ist die Unzufriedenheit über die ungleichen Einkommens-und Vermögensverhältnisse. Die Neid-Debatte - das absolute Tabuthema -, ist eigentlich eine Verteilungsgerechtigkeitsdebatte – oder Gerechtigkeitsdebatte.
Insofern vollkommen richtig zu einer bundesweiten Neid-Debatte, äh.. Gerechtigkeitsdebatte aufzurufen.
Es gibt einen gewissen Anteil der Bevölkerung (geschätzt 1/3), der seine subjektive Bewertung der Beteiligten einer Sache in seine Gerechtigkeitsbewertung hineinrechnet.
Beispiel: Wird ein Flugzeugpilot nach einem Jahr Arbeitslosigkeit HartzIV-Empfänger, wird es von vielen als ungerecht bewertet.
Kann eine türkische Familie nicht mehr ohne Unterstützung auskommen, und bezieht HartzIV, wird es von etlichen Bürgern (wahrscheinlich insbesondere von Niedriglohnempfängern) als ungerecht empfunden.
Die Gerechtigkeitsdebatte lässt sich schlecht führen ohne die Übereinkunft, dass jeder Mensch „gleich“ ist. Auch das ein überfälliges Diskursthema.
„wahrscheinlich insbesondere von Niedriglohnempfängern“
Das nehme ich mal zurück. Das entspricht zwar meiner eigenen Erfahrung, aber es ist nicht fair, es zu verallgemeinern.
Lieber Michael,
meine Meinung: Aly hat Unrecht, und Du fällst drauf rein.
Ich folge statt dessen lieber der paradoxen Entdecktung der kulturpessimistischen, aus Nazi-Sicht allzersetzenden freudianischen Kulturtheorie - das die mit dem Unbehagen, dass man, um es besser zu haben, es erst mal schlechter hat, sich zu was zwingen, auf unmittelbare Befriedigung verzichten muss, um voranzukommen, Triebverzicht leisten, die Saatkartoffel nicht vernaschen darf, um ernten zu können. In der Steigerung führt das zum Drill und schließlich zum Krieg, weil man raus möchte aus dieser Zwangsjacke.
Wenn das stimmt, heißt das für den Kulturneid, dass er umgekehrt funktioniert: Von oben nach unten.
Das wiederum heißt: Wir haben die Neidebatte längst.
Thilo Sarrazin führt sie seit Jahren, gegen Hartz IV Empfänger (die auch mal eine warme Decke nehmen können, statt immer zu heizen) und gegen Menschen mit Migrationshintergrund.
Die Hassfigur des Neides ist nicht der Steuersünder, der Wirtschaftskriminielle oder der Banker, der sich von unserer Staatsknete einen Benz oder eine Rolex leistet, sondern der Sozialgeldempfänger, der das gleiche tut. Der Sozialgeldempfänger muss sich nämlich dafür nicht einmal anstrengen, Banker, auch solche bei staatlich alimentierten Verlustbanken, Wirtschaftskriminelle und Steuersünder arbeiten dagegen hart für unser Geld, die tun wenigstens was.
Die sich den paradiesischen Menschheitstraum erfüllen können, Geld zu verdienen ohne zu arbeiten, reich zu sein, ohne sich anstrengen zu müssen, das sind die idealen Neid-Figuren.
Aus einem, der das tatsächlich schafft
www.fr-online.de/rhein-main/polizeimeldungen/lorsch--44-jaehriger-sozialhilfeempfaenger-mit-mercedes-und-rolex-unterwegs/-/1472870/2991556/-/index.html
werden in Fantasie derer, dies bezahlen, dann irgendwie alle, die mit Nichtstun ihr Geld verdienen. Dieses Neid-Phänomen ist vor kurzem dem Schweizer Schriftsteller Pedro Lenz aufgefallen:
Dreimal in drei Tagen an drei verschiedenen Orten vernahm ich dieser Tage die gleiche Geschichte. Die erste Person, von der ich sie hörte, sass an einem Gartentisch, und es schien ihr gut zu gehen. Sie sagte: «Eigentlich bin ich blöd, dass ich jeden Tag zur Arbeit gehe. Andere fahren mit dem Mercedes vors Sozialamt und machen die hohle Hand.» Die zweite Person, einen Tag später in einer anderen Stadt, war gefragt worden, ob sie ihr Auto noch habe. «Sicher, das Auto behalte ich! He, solange andere mit dem Mercedes zum Sozialamt fahren, um ihr Geld abzuholen, werde ich doch noch einen Fiat besitzen dürfen.» Und wieder einen Tag später, in der Eisenbahn, unterhielten sich zwei chic gekleidete Frauen, die auf dem Weg zum Flughafen waren. Unvermittelt sagte die eine: «Wir lassen uns in der Schweiz an der Nase rumführen. Sozialhilfeempfänger fahren mit dem Mercedes zum Sozialamt, und wir krüppeln uns blöd.»
Dass alles noch viel schlimmer sein soll, erfuhr ich wiederum einen Tag später von der Titelseite eines Magazins, dessen Name zu nennen mich zu sehr ekeln würde. Dort stand in blauer Blockschrift: «Im Ferrari aufs Sozialamt».
Was ist mit diesem Land passiert, dass offensichtlich immer mehr Leute voller Neid und Hass SozialhilfeempfängerInnen diffamieren?Quellea/blockquote>
In dieser Neid-Fantasie-Dynamik sähe ich, wenn ich denn gefragt würde, die exakte Analogie zu den Mythen des früheren deutschen Judenhasses. Es waren die Deutschen, die im heiligen römischen Reich Deutscher Nation Juden (solange sie jüdischen Bekenntnisses blieben) von den Zünften und Räten und vom Grunderwerb bis 1848 ausschlossen. Diese Vorschrift machte die allermeisten arm, aber paradoxerweise auch einige wenige reich, weil nur Gebrauchtwarenhandel und Geldverleih als Einnahmequellen übrigblieben. Letztere waren von je her Neidfiguren, verdienten Geld auf anderer Leute Knochen und konnten sich ausruhen, galten als gierig und gaben eine gute Projektionsfläche für den eigenen Neid wie Shakespeares Shylock. Wie bei dem Mercedesfahrer ließen sich im Volksglauben aus relativ wenigen alle machen und für deutsche Unter- und untere Mittelschicht ergab das wiederum einen plausiblen Sündenbock-Mythos für die Finanzkrise und wahrscheinlich dann auch schon die Weltkriegsniederlage und die Leiden der Weimarer Zeit. Irgendwer musste doch davon profitiert haben, sonst wäre es so doch nicht gekommen.
Wenn man ihn richtig analysiert, wird klar, dass Neid eine Todsünde ist, weil er irrational vorgeht, Menschen betrügt, Neidfantasien für Fakten ausgibt, für richtige Anliegen falsche Lösungen suggeriert, unsere Aufmerksamkeit auf Florida Rolf statt auf Gazprom-Schröder oder Millionen-Kohl lenkt. Auch denen gegenüber kann es nicht um Neid gehen, denn rational gesehen schadet uns nicht die Kohle, die sie da schnell mal irgendwem ziehen, der sie gerne gibt. Was uns schaden kann, ist, wenn diese Kohle Entscheidungen zu unserem Nachteil beeinflusst hat, dann müssen wir sie nämlich bezahlen, zwar auf Umwegen, aber in der Summe dann ein Mehrfaches.
Diese Debatte ist hochnotwendig. Sie muss aber als Transparenz-Debatte geführt werden, um Neid darf es nicht gehen, der lenkt politisch immer nur ab vom viel größeren Problem - was ihn so schön Propaganda-tauglich macht, aber nicht wirklich politisch nützlich.
LG Christian
@ JP. Das habe ich (noch) nicht ganz verstanden.
LG
Lieber Christian
"Neid von oben nach unten", interessant, ich denke, du hast recht, wenn es um die Florida Rolf-Phänomene geht. Solcher Neid gedeiht dann wohl unter den Bedingungen einer Gesellschaft, in denen Ungleichheit, eine rigide Arbeitsmoral und das Recht auf staatliche Zuwendungen herrschen.
Ich glaube aber nicht, dass deine Theorie für die Geschichte des (deutschen) Judenhasses greift. Das Stereotyp vom gierigen, hinterlistigen, oberflächlichen, prinzipienlosen etc. Juden verdeckt doch nicht ein eigentlich gemeintes Bild des "faulen Juden". Ein solches Sterotyp müsste dann offen zu Tage liegen, aber das wäre mir überhaupt nicht bekannt.
Ich finde schon, dass hier die einfache These von Aly greift. Müsste man diese ergänzen, würde ich eher bei der "mimetischen Rivalität" ansetzen, die im ersten Kommentar ins Feld geführt wird.
Im übrigen gibt es den "Nah-Neid" natürlich auch heute noch.
LG Michael
PS Schön und verwunderlich, dass du den Thuner Lokalschriftsteller Lenz kennst :)
@Michael Angele:
Ich verstehe nicht ganz was mit Neid-Debatte gemeint ist; das öffentliche Bekenntnis des Neides, oder die persönliche Ehrlichkeit zu sich selber, oder Ursachenforschung.
Meiner Meinung nach bedarf es keiner Neid-Debatte an sich, wenn es sich nicht um Ursachenforschung für historische Ereignisse dreht. Es bedarf aber der Ehrlichkeit zu sich selber. Auch finde ich, dass Neid aus einem Mangel entsteht, dem Mangel an eigenen "Zutaten", und aus Gier, damit wären andere Sünden beteiligt. Diese Stilisierung zu einer Neid-Debatte ist für mich typisch deutsch.
Allerdings ist es schon wichtig Antisemitismus usw. als das zu enttarnen, was es oftmals ist (politisch rechts und links und mittig), nämlich Neid. Daher ist das Thema wichtig, Lösungen sollten aber nicht an der Realität vorbei gehen (eine öffentliche Neid-Debatte wird es denke ich nie geben).
Lieber Michael,
mit diesem Wunder kann ich leider nicht aufwarten. Ich bin neulich in einer politischen Analyse über reaktionärer Wahlpropaganda auf diesen neuen, offenbar länderübergreifenden Mythos gestoßen und habe ihm hinterhergegoogelt. Bis dahin kannte ich nur seine beiden deutschen Namensvettern, fand dann aber schon, dass er auch was zu sagen hat. Kennst Du was Anschaffenswertes von ihm?
Dass in der antisemitischen Logik eine logische Lücke existiert, gebe ich zu. Hast Du oder hat Aly denn einer Erklärung dafür, dass zwar in der Volks-Propaganda die reichen Juden gemeint waren, aber die - viel zahlreicheren - anderen Juden geschlagen wurden? War das die logische Konsequenz, wenn sich der Neid nach oben richtete?
Wenn es nur um Reichtum ging: Der wurde doch weitergereicht und existierte weiter, nur eben in anderen Händen. Dann hätte das Volk ja auch auf Neckermann neidisch sein müssen und nicht bloß auf Joel, dessen Zwangsverkauf machte's möglich.
Da muss doch ein "quod licet Iovi non licet bovi" drin sein - und das muss einen Ursprung haben, der nichts mit Reichtum zu tun hat. Das erklärt dann wahrscheinlich auch das Exekutieren dieses neidbedingten Hasses an den nicht ganz so reichen oder sehr armen.
Neutral besehen reicht für Kulturneid wohl aus, dass an einer Gruppe, zu der ich niemals gehören kann, irgendetwas anders ist, was man als Privileg ansehen kann, real oder fantasiert.
Morgens nicht austehen (müssen), sich nicht waschen und rasieren (müssen), sein Geld im Schlaf verdienen, vom Führer eine Stadt geschenkt bekommen, während unsere Jungs an die Front müssen ... dem Fantasie-geborenen oder Propaganda-geschürten Neid sind keine Grenzen gesetzt. Erinnerst Du Dich noch an die Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft ("die kriegen mehr als wir!").?
Logisch ist das alles nicht. Und deshalb kann es ab und zu auch nach hinten los gehen, wie wir bei Roland Kochs zweiter Kampagne auf Kosten von Mitbürgern mit Migrationshintergrund gesehen haben. Ein gewisser Teil der Deutschen scheint also lernfähig zu sein.
LG Christian
ich sage nur: der "luftmensch".
und ich erinnere an die produktivierungsmythen - die jüdischen wie die nicht-jüdischen.
die unter anderem die bewunderung dafür speisen, dass "die juden die wüste zum blühen" gebracht haben.
und was versteckt sich alles hinter der rede von Israel als "David gegen Goliath"?
Ach übrigens ...
Wolfgang Wippermann schreibt unter der Überschrift "Reiner Neid?" in der 'Jüdischen Allgemeinen' der vergangenen Woche über Götz Alys Buch u.a.
"Eindimensional
Eine verblüffend einfache Antwort. Doch stimmt sie? Waren die Deutschen wirklich nur neidisch? Hat Neid beziehungsweise der soziale Antisemitismus zur Schoa geführt? Was ist mit den anderen Komponenten des Antisemitismus?
Wo bleibt der religiöse, genauer, christliche Antisemitismus? Haben die deutschen und anderen Christen die im Neuen Testament erwähnten jüdischen »Teufelskinder« und »Christusmörder« nur beneidet? Nein, sie haben sie gehasst!
Und was ist mit dem Rassenantisemitismus? Die nach den Worten der deutschen und europäischen Ideologen des Rassismus »rassisch minderwertigen« Juden wurden nicht beneidet, sie wurden verachtet ..."
Hier ist der komplette Artikel bit.ly/p6GTSu
Nachtrag:
Eine recht fundierte wissenschaftliche Abhandlung über Antisemitismus findet sich z.B. hier
"Antisemitismus - Vorurteile und Mythen"
Julius H. Schoeps + Joachim Schlör
Piper Verlag München, 1995
bit.ly/mSdSvf
@memyselfandi: "Ich verstehe nicht ganz was mit Neid-Debatte gemeint ist; das öffentliche Bekenntnis des Neides, oder die persönliche Ehrlichkeit zu sich selber, oder Ursachenforschung."
Alle drei, wobei natürlich das Wort "Debatte" hier auch etwas arg strapaziert wird.
LG
Lieber Knüppel,
die Einwände von Wippermann kenne ich. Ich finde sie bedenkenswert. Ich habe deswegen bei Götz Aly über den Verlag angefragt, ob er sich für den "Freitag" zu einem Streitgespräch mit Wippermann (der seine Zustimmung gegeben hatte) bereit erklärt. Wir hätten das dann in der Zeitung abgedruckt. Er hat leider abgelehnt.
MA
Hallo Michael Angele,
sehr bedauerlich finde ich Götz Alys Entscheidung sich nicht der Diskussion um seine Thesen zu stellen. Ob er "Termingründe" nannte oder generell jede Diskussion über sein Buch ablehnte, weiß ich natürlich nicht.
Gruß
Knüppel
Werter Herr Petrick,
danke für diesen Hinweis. Alys "Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus" war ein instruktives Buch, das eine ökonomische Analyse vornahm und aufklärerisch wirkte.
Der Rückfall in psychologische Erklärungsmuster vernebelt nur.
@Rahab
und was versteckt sich alles hinter der rede von Israel als "David gegen Goliath"?
Da hast Du sicher eine Interpretation - und sicher eine andere als ich. Erzähl doch mal...
Für mich heißt das, dass ein schwaches Volk gegen größere Nachbarvölker jede Chance hat, wie ein Schwächling gegen einen Riesen gewinnen kann. Voraussetzung: Gehirn einschalten, raffiniert vorgehen und nicht auf bloße Kraft setzen. Das gewinnt.
Erinnere mich, als ich jung war, wie im 6-Tage-Krieg die ägyptische Luftwaffe mit einer ganz gemeinen Taktik binnen weniger Minuten restlos ausgeschaltet wurde, womit der Krieg schon gewonnen war, bevor er begonnen hatte. Das lief nach dem gleichen Prinzip, wie Israel schon immer überlebt hat, indem es seiner legendären Identifizierungsfigur nachgeeifert ist.
och, für all die erwähnten begriffe/phrasen gibt es mehrere deutungs- wie gebrauchsmöglichkeiten.
und sie können auch alle die funktion 'neid' bedienen.
darum ging's mir.
der "luftmensch" war auf den advokaten, journalisten genauso anwendbar wie auf den kleidertrödler im scheunenviertel. beispielsweise.
und die beiden andern kannst du, wenn sie bewundernd geäußert werden, durchaus als verdeckt-kompensierten neid verstehen.
du willst jetzt nicht wirklich das königtum der 1.tempelzeit diskutieren? und schon garnicht king David, oder?
ich meinte das im übrigen nicht inner-jüdisch oder inner-israelisch. sondern mir ging es darum, dass einige ausdrucksweisen von neid zum (vor allem preußischen) emanzipationsprozess dazugehörten und ihre jeweiligen bedeutungen in den beiden gruppen (wenn mann sie mal so gegenüberstellt) überschneidungen hatten.
@Rahab
nicht völlig anders, aber doch verschieden :)
im übrigen, finde ich, kann mann diese funktion 'neid' gut heranziehen, um zu erklären, wie fetischisierung geht.
denn für sich alleine erklärt dieser neid antisemitismus nicht.
Wie siehts denn überhaupt aus mit Antisemitismus und dem Sexualneid?
Und - die Genderdebatte könnte man auch noch ein bisschen einflechten.
www.freitag.de/community/blogs/magda/ein-vorfahr-und-sein-antisemitismus
Das habe ich schon vor geraumer Zeit mal eingestellt.
Daraus ein bisschen zitiert:
Die Juden und die Frauen
als "subversive Elemente"
Vielleicht lag in den einstigen jugendlichen Eskapaden Loepers ein persönlicher Schlüssel für den spezifisch deutschen Antisemitismus, dem nicht nur der preußische Militär anhing. Ein tiefes Ressentiment speiste sich aus den Verunsicherungen vieler Männer jener Zeit. Sie fragten sich: War liberales Gedankengut nicht auch verantwortlich dafür, dass neben den Juden vor allem die Frauen, das ewig subversive und störende Element, wider den Stachel löckten und begannen, sich zu emanzipieren? Vieles von dem, was man über die Frauen, die sich aus den alten Zwängen befreiten und endlich auch an deutschen Universitäten studieren wollten, sagte, wurde ebenfalls ins Feld geführt, wenn es um die jüdische Emanzipation der Zeit um die Jahrhundertwende und später ging. Die Rede war von gefährlicher Nervosität, der die Frauen anheimfallen würden und sie der natürlichen Bestimmung der Frau entfremden würde.
Bei den Juden war es die „jüdische Hast“, mit der das nervöse und gefährliche Element, das so bedrohlich erschien, benannt wurde. Nervosität – das war in jener Zeit ein anderes Wort für die Furcht vor Überforderung angesichts der Herausforderungen jener Zeit: Der Herausforderungen durch die Technik und der Ökonomie ebenso wie durch die Emanzipation der Juden im Lande und auch durch neuen „widernatürlichen“ Bestrebungen der Frauen.
Ich dachte, die Neid-Debatte hätten wir sechs Wochen nach dem Ende der (Frauen-) WM 2011 beendet.
Also gut, machen wir weiter...
Lässt eine nicht geführte Debatte mit schamhaft hinter allerlei vorgeschobenen Motiven verstecktem Charakterzug nicht eher auf Missgunst statt auf Neid schließen?
Lieber Herr Angele,
Klug gewählt, das Thema. - Ob allerdings der Neid ein tragendes Element der Verführungskraft des Nationalsozialismus und damit auch Teil, seiner brutalen Herrschaftspraxis war, Neid auf die 100.000 assimilierten deutschen Juden der Weimarer Republik und davor, des Kaiserreiches, das steht doch als Argument auf schwachen Füßen. Sehr schwach kommt die Verbindung Neid mit Sozialem, also die Erweiterung zum "Sozialneid" daher.
Von "Sozialneid" einer bestimmten Indexgruppe sprechen vornehmlich nicht deren Gruppenmitglieder, obwohl es zu den Vorzügen der Unterschichten aller Länder dieser Erde gehört, direkt und ehrlich, zudem ohne Verstellung von ihren Motiven zu reden oder zu plappern (vorzüglicher Modus bestimmter privat finanzierter Medien). Nur Berufsverbrecher und einige psychisch Kranke, aus diesen Gesellschaftsschichten schaffen es, sich diesbezüglich zu verstellen!
Also ist das Thema in seiner Weiterung ganz eigentlich eines der Leute, die wie Aly dazu schreiben könnten, wenn sie es denn wollten. Also ist das Thema vorzüglich eines der Oberschichten und der Privilegienbesitzer. Übrigens hier wiederum vorzüglich jener, die sich in ihrem Status nicht sicher fühlen. Also jene, die nicht so ganz sicher sind, ob das, was ihnen gehört und ihnen zukommt, sicher aus Verdienst und Eigenwillen stammt und dazu angemessen ist.
Kürzer und prägnanter, als Sie es mit ihrem Schlussabsatz taten (Neiddiskussion zulassen, Hauptursache Privilegien, Abwehr des daraus entstehenden, stellvertretenden Hasses auf "Sündenböcke" mit je eigenem Stigma), kann wohl kaum jemand die Lage und das Problem umreißen. Danke dafür.
Mahlzeit und Dawei, dawei
Christoph Leusch
Lieber Herr Leusch
lesen Sie das Buch von Aly, es gibt einem schon zu denken.
LG
Das sehe ich ein. :-)
Ich halte es aber nicht für logisch den Neid zu entnegativieren, um sich einer Debatte zu stellen, sondern sich der Boshaftigkeit durchaus bewusst zu werden, aber nach Gründen zu suchen; wie ich oben schon schrieb, Neid beruht auf eigenen Mängeln oder falschen Sehnsüchten, hier die Wurzel anzupacken erscheint mir sinnvoller.
@Columbus: Einsicht ist der erste Weg zur Besserung, alt, aber treffend. Zur Einsicht gehört auch psychologisches Fingerspitzengefühl und Feinsinn. Was wären denn die Gründe, die Sie für Antisemitismus halten, und warum ist das nur den Privilegierten anzurechnen (ist es nicht Faktum, dass es sowohl reiche, mittelständige und arme Antisemiten gab?). Ich erwarte darauf keine Antwort, es ist vielmehr eine Anregung an Sie sich substantielle mit der Sache auseinanderzusetzen, bevor Sie es vom Tisch wischen.
Michael Angele schrieb am 30.08.2011 um 12:58:
Lieber Michael Angele,
Sie haben eigentlich Recht, eriwa(h)ne ich. Aber, so wie bei manchen studierten und vielen nicht-akademischen Leuten immer noch und sehr eingefleischt, ein meist grundloser und zudem auf grober Unkenntnis beruhender Gesinnungsvorbehalt gegen die 68er fest sitzt, so sehr hat sich mir, entlang der doch sehr hingeformten historischen Studien Götz Alys in der jüngeren Vergangenheit, -einige Aufsätze in den Publikumszeitschriften beflügelten das noch-, besonders aber, entlang seines Buches, „Hitlers Volksstaat“, ein irgendwie allgemeiner Popularisierungsverdacht, ihm gegenüber, entwickelt. - Ich weiß, das ist nicht gut. Denn zumindest Popularität ist heute nötig, um wenigstens noch die Chance auf ein Auskommen mit schweren Themen zu haben.
Ich komme aber einfach nicht über diesen Neid-Punkt hinweg und denke immer: Götz Aly, das ist doch wie die Charlotte Roche für den Bauch und Unterleib der Literaturfeuilletons heute, die Entsprechung für die Feuilletonhistoriker unter dem Strich. - Seltsam anrührend, wie selbst Sibylle Berg solche affirmativen und affektiven Vorurteile pflegt und sich nun ein paar studierte Studienräte in die Redaktionen zurück wünschte ( www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,783257,00.html ) .
Ob es mir gelingt, überhaupt noch ein populäres Buch zu lesen? Diese Stapel, überall diese Stapel, und ich komme mit meinen ganz subjektiv angehäuften Stapeln schon nicht mehr klar! Vielleicht nur noch anschauen und anhören? - Zuletzt habe ich mir an so vielen miesen Seiten, immer groß beworben und eingebunden wie die Erleuchtung selbst, in einem Falle sogar monatelang und mit Remake diskutiert, den geistigen Magen verdorben. - Selbst der Widerspruchsgeist erlahmt, weil Schrott und überhöhte Thesen ganz offensichtlich schneller geschrieben, allgemein beworben und verkauft werden, als jede Widerlegung derselben auch nur annährend ernst genommen würde.
Zwei Thesen stießen mir jedoch bezüglich Alys Geschichtsschreibung besonders auf:
I
Die These Alys, dass Juden hätten Platz machen müssen für die völkischen Aufsteiger und eher geistig schwächer daherkommenden Deutschen. Das ist zwar für einige Professuren und Dozentenstellen an Universitäten durchaus belegbar. Die Masse der maßgeblichen akademischen Posten war aber auch vor dem Antritt der Nazis fest in nationalkonservativer, zentrumskatholischer und völkischer Hand und diese Denkstile hatten, zumindest in den Geisteswissenschaften, in Jus und Medizin das Sagen. Ebenso waren die Studentenverbände, lange schon, ganz freiwillig völkisch.
In der Weimarer Publizisitik, unter den längst schon Aufgestiegenen und unter den Eliten hatte rassistisches und völkisches Denken Konjunktur. - Kleine Anekdote: Günther Stern nannte sich Günther Anders, damit er weiter in den Zeitschriften Weimars publizieren konnte. Zweite Version: Er schrieb so viel, dass die Chefs der Zeitungen täuschen wollten und ihm ein Pseudonym anrieten.
Davon wird man in ihrem Gegenbild, der Arbeiterpresse aus dem Münzenberg-Imperium, u.a., wenig lesen. Ganz im Gegenteil.
II
Das konfiszierte jüdische Vermögen habe es ermöglicht, eine bequeme, eine soziale, eine lebenswerte Diktatur für den Durchschnittsdeutschen zu errichten, die lange, vielleicht bis in die Jahre 1943 und 1944 hinein, als der Krieg alles andere zu überdecken begann, erfolgreich gewesen sei.
Das ist auch volkswirtschaftlicher Humbug. Die Rechnung der Nazi-Volkswirtschaftler, sogar mit Plan, war von Anfang an eine, die sie mit einem erfolgreichen Großkrieg zu begleichen dachten, der sogar später kam, als es diese Leute, ganz planmäßig andachten.
Vor allem das Ressentiment gegen Juden stammt nicht aus der Unterschicht! Und die in den 20er und 30er Jahren noch zahlreiche, bewusste Arbeiter-, später Angestellten- und Arbeiterschicht, die lange einen eher internationalen Traum träumte, der sich sogar literarisch ausdrückte (Literatur der Arbeiterbewegung, von den nicht studierten Schriftstellern verfasst, ist thematisch oft internationalistisch und grenzüberschreitend) mussten erst vom Wankelmut der Sozialdemokraten und dem Linientreuheits- und zentralen Steuerungswahn der Kommunisten so enttäuscht wuden, dass einige auch den Nazis und deren Antisemitismus erlagen.
Liebe Grüße und tapfer weiter
Christoph Leusch
Lieber Memyselfandi,
Fragen stellt man doch um eine Antwort zu erhalten?- Ich will mich auch nicht um eine Antwort herum drücken.
Auffällig ist schon, wie sehr antisemitische Impulse in der deutschen Geschichte von Eliten (Adel, Beamte und Staatspolitiker, Hochschulangehörige) gesetzt wurden, während z.B. die frühe Arbeiterbewegung, bis zu den Internationalen der K.u.K.-Zeit und der Weimarer Zeit, allenfalls einmal in manchen Manifesten jüdischen Selbsthass bekundete (Selbst bei Marx gibt es entsprechendes Futter für die vielen schrecklichen Vereinfacher!).
Deutschland und Frankreich sind die einzigen Länder, zu deren Antisemitismus ich mir zutraue ein halbwegs fundiertes Urteil abgeben zu können.
Denken Sie also an Heinrich von Treitschkes Diktum, denken Sie an den weit verbreiteten politischen und intellektuellen Antisemitismus unter der sehr schmalen Schicht der Gymnasialprofessoren, Beamten mit Abitur und Matura, Hochschullehrern, im weiten Feld der entstehenden bürgerlichen Parteien des 19.Jhs. und ihrer Nachfahren, bei den christlichen Kirchen.
Leicht werden Sie erkennen, dass die Fürsprecher der Havenots und Arbeiter, die z.Teil ebenfalls säkulare Juden waren, in ihren Publikationen und in der politischen Rhetorik internationalistisch und humanistisch dachten (Bebel, die Liebknechts, Rosa L., Leo Jogisches, Willi Münzenberg, etc.), aber nicht antisemitisch. - Übrigens war die Frauenbewegung in der Hochzeit des Sozialdemokratismus, als er noch ein Sozialismus war, und dann des deutschen Kommunismus auch schon einmal weiter und weniger noch an der Diskussion Diskriminierung oder eben nicht interessiert. Denken Sie an Zetkin, Luxemburg, etc.
Bezüglich sachlicher Auseinandersetzung, damit Sie wenigstens erkennen, es nicht mit einem völlig Blinden zu tun zu haben, der einfach wie die Hühner auf dem Spielbrett nach den Körnchen pickt und ab und an eines trifft, selbst wenn es nut augemalt ist, verweise ich einmal auf diesen Beitrag:
www.freitag.de/community/blogs/columbus/geisteshimmel-und-heimatwurzel-die-mainzer-synagoge
Ich hoffe nun wenigstens, nicht als jemand da zu stehen, der sich alles aus dem blauen Dunst der blauen Stunde absaugt.
Liebe Grüße
Christoph Leusch
Sapperlot: "nur aufgemalt" und das Spiel, die "pickenden Hühner" gibt es tatsächlich und international. Sogar Sozialismus/Kommunismus und/oder Kapitalismus, bzw. das Thema Freiheit und Gerechtigkeit lassen sich mit diesem Kinderspiel erklären. C.L.