Weit weg vom Hegelplatz, hoch oben im Norden Berlins, wohnt Herr Krol, ein paar hundert Meter von seinem Geburtshaus entfernt. Sein Großvater war ein Kesselflicker aus Polen, der es zu einem gewissen Wohlstand gebracht hatte. Herr Krol ist Junggeselle. Er ist genügsam, vielleicht ein bisschen geizig. Auffällig oft „vergisst“ er sein Portemonnaie, wenn ich mit den Z.s essen gehe. Bei diesen Gelegenheiten treffe ich Herrn Krol, den auch meine Bekannten trotz langjähriger Freundschaft siezen. Herr Krol sieht aus wie ein Gemeinschaftskundelehrer aus den Jahren 1900 – 1950, hager, scharfer und doch milder Blick. Wie ein schlanker freundlicher Habicht. Und Gemeinschaftskundelehrer war er auch. Sein Lieblingsbuch ist der Taugenichts von Eichendoff. Einfach so in die Welt hinausziehen! Das hat er dann auch mal gemacht. Und ist wieder zurückgekommen an den Rand von Berlin. Einmal lag ein Fuchs in seinem Bett, als er spät nach Hause kam. Mit dem Fahrrad. Herr Krol hat kein Auto. Vielleicht kam er von einem klassischen Konzert. Das ist nämlich die Leidenschaft von Herrn Krol. Und natürlich liest er viel. Momentan ist er begeistert von Tyll.
In letzter Zeit bemerke ich beim eigentlich freundlichen Herr Krol eine leichte Gereiztheit, auch neigt er zu Zotten. Die Debatte um MeToo hat er am Rande mitbekommen. „Damen“ sagt er, und: „man weiß gar nicht mehr, wie das mit den Komplimenten nun so ist“. Nicht seine Welt. Auch das Digitale nicht. Er hat einen Leserbrief an den Tagesspiegel geschrieben. Dass der Kundenservice von O2 miserabel sei. Dass O2 mit Leuten wie ihm, die den Computer nur für Wikipedia nutzen und nicht einmal wussten, dass man eine CD reinschieben kann, nichts anfangen können. Der Tagesspiegel wollte den Leserbrief nicht drucken. Sei kein Thema. Kann er nicht verstehen.
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