Hans-Werner Sinn vom Münchener Ifo-Institut hat sich für seinen Vergleich der Managerschelte mit der Judenhetze der 30er Jahre entschuldigt. Das war ein völlig unsinniger Vergleich, da keinem Manager, habe er noch so schuldhaft spekuliert, etwas wie die Gaskammer droht. Es steht auf einem anderen Blatt, dass man solche Wirtschaftstäter durchaus bestrafen sollte (die Gaskammer war keine Bestrafungsmethode). Aber was Sinn eigentlich sagen wollte, ist richtig: dass die Finanzkrise nicht durch einzelne Manager verursacht wurde, sondern durch einen "anonymen Systemfehler". Dieser muss "aufgedeckt und beseitigt werden", sagt Sinn mit unbestreitbarem Recht, auch wenn er sicher nicht so weit denkt, dass das System selber der Fehler sein könnte. Auf Sinns Spur zu bleiben, ist schon deshalb nahe liegend, weil ein Platzen der Börsen-Blase, und in dessen Folge die Krise, von nicht wenigen Beobachtern vorausgesagt wurde, die vom Verhalten einzelner Manager gar nichts wussten. Es ist kurzschlüssig, nur deren "Gier" zu beklagen: Man verdrängt dann, dass diese Krise wahrscheinlich keine allgemeinmenschlichen Gründe hat, sondern mit Mechanismen zusammenhängt, die es nur im Kapitalismus gibt.
Sinnspur
Geschrieben von
Michael Jäger
Redakteur (FM)
studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Er war wissenschaftlicher Tutor im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er bei Klaus Holzkamp promovierte. In den 1980er Jahren hatte er Lehraufträge u.a. an der Universität Innsbruck für poststrukturalistische Philosophie inne. Freier Mitarbeiter und Redaktionsmitglied beim Freitag ist er seit dessen Gründung 1990. 1992 wurde er erster Redaktionsleiter der Wochenzeitung und von 2001 bis 2004 Betreuer, Mitherausgeber und Lektor der Edition Freitag. Er beschäftigt sich mit Politik, Ökonomie, Ökologie, schreibt aber auch gern über Musik.

Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.