Seit Thomas Piketty wissen wir mehr über die Einkommens- und Vermögensungleichheit im gegenwärtigen Kapitalismus. Die Ungleichheit wird größer, nicht kleiner, weil Vermögen so gut wie überall weit ungleicher verteilt sind und schneller wachsen als Einkommen. Allerdings erfasst die World Wealth and Income Database, an der Piketty und viele andere arbeiten, nur Teilaspekte der tatsächlichen Ungleichheit in unserer Welt. Ökonomische Ungleichheit bedeutet stets Machtgefälle. Kapital, so eine unüberholte Einsicht des alten Marx, ist keine Sache, sondern ein Herrschaftsverhältnis. Das gilt auch vom Grundeigentum.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in Städten, Tendenz steigend. In den reichen Ländern des Nordens sind nur noch zwei bis vier Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig. Doch nach wie vor ist der Boden, vor allem der fruchtbare und landwirtschaftlich nutzbare Boden, die zentrale Ressource, von der die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung abhängt. Und dieser Boden ist heute weit ungleicher verteilt als noch vor vierzig Jahren. Die Ungleichheit des Grundeigentums wird seit etlichen Jahren von einer Gruppe von Organisationen untersucht, die sich in der International Land Coalition zusammengefunden haben. Diese Koalition von heute 250 Organisationen weltweit hat vor Kurzem den Bericht „Uneven Ground“ über die globale Ungleichverteilung des Bodens publiziert.
Konventionell gemessen – zählt man registrierte Grundeigentümer im Verhältnis zur Fläche des privaten oder öffentlichen Grundbesitzes – hat die Ungleichheit der Bodenverteilung abgenommen. Schaut man genauer hin, sieht das ganz anders aus. Zunehmend sind Bauern, gerade in Nordamerika und in Europa, nominell Eigentümer des Bodens, den sie bearbeiten, und zählen als selbstständige Landwirte. Tatsächlich aber sind sie durch langfristige Verträge mit Agrarkonzernen und der Lebensmittelindustrie gebunden und existieren nur als Glieder landwirtschaftlicher Produktions- und Lieferketten. Diese werden von wenigen riesigen Agrarkonzernen beherrscht. Wer Zehntausende von kleinen und mittleren Farmbetrieben kontrolliert, kann sich den Landraub oder -kauf sparen. Der findet allerdings nach wie vor statt.
Verdeckter Landraub
Die Ungleichheit der Bodenverteilung hat seit den 1980er Jahren wieder erheblich zugenommen und nimmt weiter zu. Den reichsten zehn Prozent der Landbevölkerung gehören mehr als 60 Prozent des Bodens – gemessen am Bodenpreis. Ein Prozent der landwirtschaftlichen Unternehmen besitzt oder kontrolliert heute mehr als 70 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Böden, der Felder, Plantagen und Farmen rund um den Globus. Zu diesem einen Prozent gehören nur multinationale, global operierende Agrarkonzerne wie die ABCD Gruppe: ADM, Bunge, Cargill und Dreyfuss, die zusammen den Weltmarkt für Weizen, Mais und Sojabohnen beherrschen.
Noch heute leben 2,5 Milliarden Menschen als Kleinbauern, vor allem in Lateinamerika, Asien und Afrika. Im reichen Norden, vor allem in Europa und Nordamerika, wachsen die Farmen und schrumpft die Zahl der Farmer. Die Durchschnittsgrößen der landwirtschaftlichen Betriebe wachsen rapide; eine steigende Zahl von amerikanischen und europäischen Farmern ist durch langfristige Lieferverträge an Agrar- und Lebensmittelkonzerne, Handelsketten und indirekt an Investmentfonds gebunden.
Weltweit geht die Enteignung von Kleinbauern und kollektiven Grundbesitzern wie indigenen Völkern voran. In vielen Entwicklungsländern sind ihre Besitztitel nicht vorhanden oder umstritten, sie lassen sich leicht aushebeln. Landkäufe spielen eine zentrale Rolle, ebenso wichtig ist der offene oder verdeckte Landraub. Der geht wie im Amazonasgebiet oft auf Kosten der Naturgebiete, die dem Staat gehören oder von ihm geschützt werden. Boden ist im Kapitalismus eine Ware, hat einen Preis, mit der Ware Boden wird spekuliert. Agrar- und Lebensmittelkonzerne wie international operierende Handelsketten spekulieren mit. Heute sind internationale Finanzkonzerne die wichtigsten Akteure, die sich nicht nur um urbanes Bauland oder Immobilien raufen, sondern ebenso heftig um landwirtschaftlich nutzbaren Boden (der Freitag 44/2020). Diese Finanzinvestoren operieren auf kurze Frist, die Landkäufe und Investitionen in Kontrakte mit Farmbetrieben sollen sich rasch und möglichst hoch rentieren. Sie treiben die Bodenkonzentration voran, erzwingen die beschleunigte Verwandlung traditioneller Bauernwirtschaften in Monokulturen und mechanisierte Großplantagen, ohne Rücksicht auf langfristige Folgen. Dank der fortschreitenden Bodenkonzentration werden immer mehr Bauern gezwungen, sich den kurzatmigen Verwertungszyklen der Finanziers zu unterwerfen.
Die Bodenkonzentration, die Herrschaft der großen Agrarkonzerne und der wachsende Einfluss der Finanzinvestoren haben deutlich sichtbare Folgen. Zum Beispiel für den Regenwald, der dem Landhunger der neuen Großgrundbesitzer zum Opfer fällt. Wo bis vor Kurzem noch Regenwald war, wird heute auf Sumatra auf riesigen Plantagen Palmöl erzeugt. Im Amazonasgebiet werden Kleinbauern ebenso vertrieben wie die indigenen Völker in ihren Schutzgebieten, um Platz zu machen für gigantische Viehfarmen, kontrolliert von wenigen Agrarkonzernen.
Kleinbauern sind sorgsamer
Es gibt deutliche Zusammenhänge zwischen der wachsenden Ungleichheit der Bodenverteilung, dem Verlust an Biodiversität, der zunehmenden Wasserknappheit, der Erschöpfung oder Vergiftung der Böden durch Raubbau und Überdüngung, der Klimakrise und globalen Gesundheitskrisen, etwa der Zunahme zoonotischer Krankheiten wie Covid-19 (der Freitag 43/2020). Wo die moderne Plantagenökonomie mit ihren Monokulturen sich ausbreitet, wächst die Armut. Die Zahl der Landlosen ebenso, von denen es heute weltweit mehr gibt als je zuvor. Weil der Landbevölkerung in den armen Ländern des Globalen Südens der Zugang zum Boden streitig gemacht, mithin die Lebensgrundlage entzogen wird, nehmen die Migrationsströme zu. Wer landlos wird, muss wandern, um anderswo Zugang zu Land, Wasser, Wald zu finden. Die Bodenkonzentration treibt die Massenmigration, die sich bis heute in der Hauptsache im Globalen Süden abspielt.
Weil der Kampf um die Verteilung des Bodens eine zentrale Rolle spielt für die Welternährung, den Wasserverbrauch, die drohende Klimakatastrophe und das Artensterben schlagen die Autoren der Studie eine große Initiative vor: Der Kampf um das Grundeigentum muss mit allen Mitteln geführt werden, um die Rechte der Kleinbauern und der kollektiven Bodennutzer zu stärken, die seit jeher mit dem Boden und all seinen Ressourcen pfleglicher und sorgsamer umgehen als die neuen global agierenden Großgrundbesitzer.
Kommentare 27
Autonom fahrende Landmaschinen werden die Entwicklung zu riesigen Agrarkonzernen und gigantischen Monokulturflächen noch turboisieren.
https://www.iese.fraunhofer.de/de/innovation_trends/SmartFarming/autonome-Maschinen.html
Die Lage wird hier vielleicht etwas (marxistisch) verkürzt dargestellt. Zumindest was die Ursachen der Landdlucht in Entwickungsländern betrifft. Diese ist auch und vor allem dem ökonomischen Wandel vom primären und sekundären Sektor weg hin zur Dienstleistungsökonomie (tertiärer Sektor) geschuldet. Die Kleinbauern auf dem Land verkaufen ihre Felder meist aus freien Stücken heraus und ziehen dann in die Städte, weil es dort vermeintlich mehr und besser bezahlte Jobs gibt. Das stellt sich häufig als Irrtum heraus. Und so verarmen diese Menschen innert kürzester Zeit. Eine Rückkehr aufs Land ist meistens aus Geldmangel nicht mehr möglich. Zudem hat man ja zuvor seine Lebensgrundlage verkauft, womit eine Rückkehr aufs Land auch gar keinen Sinn mehr machen würde.
Dieser Problematik versucht z. B. Rodrigo Duterte hier auf den Philippinen mit einem historisch wohl einmaligen, aber auch äusserst zweifelhaften Vorhaben zu begegnen: Er will Teilen der in den Stadt verarmten, ehemaligen Landbevölkerung z. T. vergleichsweise hohe Geldbeträge auszahlen und sie im Rahmen eines gross angelegten Regierungsprogrammes zurück aufs Land bringen- in der Hoffnung natürlich, dass diese Menschen dank des Geldes auch dort bleiben.
Was die Biodiversität in den Reisfeldern anbelangt: Seit die Reisbauern mit Knebelverträgen an Saatgut- und Chemiekonzerne wie z. B. Monsanto gebunden werden, sind die Erträge im Vergleich zu traditionellen Reissorten wie z. B. Dinorado nicht unerheblich zurück gegangen. Zudem reduzierten sich damit auch die Bestände an Fischen, Krebsen und Amphibien in den Feldern selber, die früher eine wichtige Nahrungsgrundlage der Landbevölkerung waren.
Aaaahhh….
“Now we are talking real business.”
Land ownership.
Land grabbing.
Wealth and Poverty.
:
Der Schlüssel zur Ausbeutung und Zerstörung von Natur und Ressourcen.
Die Brennstäbe in der neoliberalen Reaktorkammer.
:
In der verführerischen Terminology staatlicher Entwicklungspolitik:
“Land Use Management” and “ID Poor” and “Private/Public Partnership”.
Land issues in Europe: From Land Grabbing to Land Reform:
https://www.youtube.com/watch?v=96xYR-EWwP0
Melting, and opening of a new cashbox:
https://www.britannica.com/place/Antarctica/Economic-resources
Rechnung ohne den Wirt ?
https://www.youtube.com/watch?v=O1t91auJVnM
Ailaan (Official Video) | Kanwar Grewal
Um den weltweiten Fokus auf den eigenen Mikrokosmos zu richten und mich zu fragen, wie äussern sich die Tendenzen in meiner dörflichen Umgebung in der Uckermark. Die Dorfbewohner, denen nach der Wiedervereinigung ihr Land vor der Kollektivierung rückübertragen wurde, haben es anschliessend verkauft bis es irgendwann in der Hand von Investmentfirmen landete. Gab es zu Zeiten der DDR noch eine LPG im Dorf, bewirtschaftet heute ein Betrieb ca. 20km vom Dorf entfernt die meisten gepachteten Flächen, der im wesentlichen aus einem Landmaschinenbetrieb (Traktorenpark) besteht, der so rein gar nichts mit einem traditionellen Bauernhof zu tun hat. Dasselbe gilt erst recht für die Tiermastfabriken. Selbst die Bio-Mutterkühe, die von Frühling bis Herbst mit den Kälbern auf einer Weide sind, werden mit Anhängern auf die Weide gefahren und im Herbst wieder abtransportiert oder auch die Schafe. Manche Felder geben einen extrem geringen Ertrag, eigentlich Trockenwiesen, und werden allein wegen der EU-Flächen-Subventionen bestellt. Daneben finden sich einige Initiativen, wo Genossenschaften Land wieder zurückkaufen und ökologischen Landbau und Nutztierhaltung betreiben. Wenige Dorfbewohner halten noch auf ihrem Grundstück etwas Geflügel oder ein paar Schafe für den Eigenbedarf wie schon seit jeher. Über diese Region und ihre neueste Geschichte hat der Dokufilmer 2016 Volker Koepp den Film: Landstück gedreht. (Wikipedia). Hier der Trailer zu dieser Doku: Landstück, 2016.
Betrachtet man die Landverteilung in diesem nordöstlichen Landkreis aus der historischen Vogelschau komme ich zu dem Ergebnis: Im Feudalismus besass der Adel das Land und beutete die Landbevölkerung aus. Als der Adel während der Industrialisierung und mit der Abschaffung der Leibeigenschaft teilweise verarmte und insolvent ging, wurde das Land an Neusiedler preiswert aufgeteilt. Nach dem 2. Weltkrieg blieben viele Flüchtlinge aus den ehmaligen Ostgebieten da. Bald danach wurde das Land in der DDR kollektiviert und wieder in riesige Grundstücke für eine zentrale Bewirtschaftung zusammengelegt, welche dann nach der Wiedervereinigung eine ideale Grundlage für den Einstieg rein renditeorientierter Kapitalinvestoren dienten und heute als Pachtland an den Meistbietenden gehen, oft 20-30km entfernt. Nur während vergleichsweise kurzen Zeitdimensionen besassen im Rückblick die Bauern tatsächlich eigenes Land.
"Seit die Reisbauern mit Knebelverträgen an Saatgut- und Chemiekonzerne wie z. B. Monsanto gebunden werden,"
Gehört seit 2018 bekanntlich der Bayer AG, die auf den Namen Monsanto aus Imagegründen lieber verzichtet. :-)
Stimmt! Monsanto hat übrigens auch „Agent Orange“ hergestellt: „Agent Orange wurde unter anderem von den US-Firmen Dow Chemical und Mobay einem Gemeinschaftsunternehmen von Monsato und der Bayer AG (!) hergestellt und geliefert.“
So, so: "Die Kleinbauern auf dem Land verkaufen ihre Felder meist aus freien Stücken heraus und ziehen dann in die Städte, weil es dort vermeintlich mehr und besser bezahlte Jobs gibt. Das stellt sich häufig als Irrtum heraus. Und so verarmen diese Menschen innert kürzester Zeit. Eine Rückkehr aufs Land ist meistens aus Geldmangel nicht mehr möglich. Zudem hat man ja zuvor seine Lebensgrundlage verkauft, womit eine Rückkehr aufs Land auch gar keinen Sinn mehr machen würde."
Woher wissen Sie das? Waren Sie vor ort? Mit wem haben Sie gesprochen? - Das, was hier von Ihnen behauptet wird, ist himmelschreiender unsinn!
der mann ist auf den philipinen ansässig
und spricht wohl über dortige verhältnisse...
Ich lebe auf den Philippinen, guter Mann. Sind Sie auch vor Ort?
Genau, das hätte ich explizit schreiben sollen. So entstehen natürlich Missverständnisse.
Sie kennen die Situation auf den Philippinen sicher weit besser als ich. :-)
Aber ob diese Kleinbauern wirklich alle "aus freien Stücken" in die großen Städte ziehen? Jedenfalls werden sie wohl ziemlich bettelarm sein und auch nicht mit Agrarkonzernen konkurrieren können. Und versuchen dann eben "aus freien Stücken" ihrer Armut zu entkommen. In der Not greift man zu jedem Strohhalm und glaubt gerne an blumige Geschichten und Gerüchte über das bessere Leben in der Großstadt. Könnte da was dran sein?
Vom Regen in die Traufe eben. Wie auch viele arme Rumänen, die dann nach Deutschland kommen, um sich in den Schlachthöfen ausbeuten zu lassen.
Das Grundproblem ist doch jedenfalls ganz klar die Armut und nicht die möglicherweise zu naive Hoffnung der armen Landbevölkerung. Wer wollte ihnen das vorwerfen?
Ja ich bin auch anderenorts - in Tansania.
Hier ist es eigentlich nie "freiwillig", wenn keinbauern ihr land verlassen (verkaufen können sie es in Tz allerdings nicht, weil es kein privates grundeigentum gibt). Massgebend ist die unmöglichkeit, auf den kleinstparzellen einen lebensunterhalt+schulgeld+stromgebühren+... zu erwirtschaften.
Daydreaming?
Oder "Naiv hoch 3" ?
Wo in den Philippinen leben Sie? Gated community in Manila? Oder auf dem Maria Luisa Huegel in Cebu City?
Reden Sie doch bitte einmal mit den Leuten vom Agrarian Reform Department. Oder, besser, besuchen Sie die Privatarmee des Governors von Biliran...
https://www.dar.gov.ph/
https://www.youtube.com/watch?v=PkX3GkjTFRA
--- ein Gespraech mit dem naechsten katholischen Priester hilft vielleicht auch, die Augen ein bisschen zu oeffnen.
Oder einfach Geschichtsunterricht.
Sorry for the polemics.
Nein, weder Gated Community noch Condo in der Makati, sondern tiefste Provinz = stark landwirtschaftlich geprägt. Und warum die NPA damals auch gegründet worden ist- Stichwort Landreform- weiss ich ebenfalls. Ich sehe lediglich, wer hier aus welchen Gründen wieviel Land verkauft und wohin er danach zieht (und zutiefst frustriert wieder zurück kommt). Und warum Duterte das von mir verlinkte Rückkehr-Programm aufgleisen will. Auch über den wirtschaftlichen Wandel hier auf den Philippinen bin ich sehr gut informiert. Und über die Gefahren, die dem Dienstleistungsland Philippinen (Callcenter) in Zukunft drohen (AI) ebenfalls.
Besten Dank für die Links- aber auf Ihre Betitelungen kann ich sehr gut verzichten. Recherchieren Sie immer nur über das Netz? Kommen Sie doch einmal auf die Philippinen für längere Zeit (also nicht nur für einen Studienaufenthalt). Und sprechen Sie persönlich mit den Menschen in der Provinz, nicht nur mit Akademikern aus gutem Hause in Manila! Ein Studium können sich hier übrigens nur die allerwenigsten Menschen leisten. Die einfachen Reisbauern in der Provinz können ihnen sicherlich auch darüber sehr viel erzählen...
Interessant: Das Problem mit den Kleinbauern existiert überall auf der Welt. In der Schweiz sind das die Bergbauern. Im Land, wo Milch und Honig fliessen (buchstäblich), geht die Zahl der Bauernhöfe trotz aller Subventionen beständig und dramatisch zurück. Das hat System, wie auch der Artikel oben zeigt. Allerdings dürfte es in Afrika auch wegen der Agrarüberschüsse aus Europa ein Problem mit der lokalen Landwirtschaft geben, nehme ich an. Aber auch über dieses Thema lässt sich offenbar vortrefflich streiten, wie mir meine Schnellrecherche im Netz zeigt. Sie vor Ort sehen das ganz sicher anders.
…You Don’t Know What You Don’t Know…
Thanks @Reinkarnation for the feedback.
Bitte, seien Sie versichert, dass ich die Situation auf den Philippinen gut kenne.
Bei dem von mir aufgegriffenen Punkt handelte sich um CARP (Comprehensive Agrarian Reform Program), einem Flaggschiff-Programm der Regierung unter Corazon C. Aquino, nicht um to NPA.
Die Entstehung des Staates “die Philippinen” ist ein Musterbeispiel von endlosem LANDRAUB, gekoppelt mit kolonialer und imperialer Ausplünderung von Natur und Mensch, fortgesetzt under der Allmacht einer selbsternannten, nepotistischen Oberschicht.
Wir können sehr viel von diesem Land über das Agieren des nationalen und internationalen Kapitals lernen.
Eine vorgebliche Analyse oder Erklärung, die jedoch auf dem Level eines Reiseführers verbleibt, ist dabei wenig hilfreich. Sorry true.
‘Asia for Dummies’? Davon gibt es wahrlich genug in Europa.
Nichtdestotrotz: Mabuhay!
… auch von den ‘einfachen Reisbauern in der Provinz, stark landwirtschaftlich geprägt’.
Please kindly accept the irony. Salamat.
Reiseführer? Putang ina mo, was fällt Ihnen eigentlich ein!?
“Prior to the initiation of land reforms in the Philippines, almost 50% of the rural population was landless.“
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass schon vor dem mittlerweile Ewigkeiten andauernden Reformprozess ein nicht zu unterschätzender Teil der philippinischen Landbevölkerung eigenes Land besessen hat! So, und nun vergleichen wir mal die Eigentumsquoten hier auf den Philippinen mit denjenigen in den sog. entwickelten Ländern: Und siehe- es wurde Licht!
Noch ergänzend zum Reiseführer: Ich kann Lesen und Schreiben, beherrsche die vier Grundrechenarten und kann mittlerweile sogar aufrecht gehen, wenn auch zugegebenermassen nur mit grosser Mühe. Nein, bleiben Sie ruhig auf Ihrem hohen Ross hocken- die Gesellschaft braucht schliesslich so grossartige Erleuchter wie Sie. Führen Sie uns Niedere bitte grosszügig und selbstlos, wie Menschen Ihres Schlages nun einmal sind, aus der Dunklheit unseres primitiven Daseins hinaus in helle Licht der Erkenntnis,
Amen.
Ihr Tonfall ist absolut dégoutant. Noch etwas zu belegbaren Fakten:
„Prior to the initiation of land reforms in the Philippines, almost 50% of the rural population was landless.“
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass schon vor den unzähligen Landreformversuchen ein nicht unerheblicher Teil der philippinischen Landbevölkerung eigenes Land besessen hat. Die Eigentumsquote ist also vergleichsweise hoch- auch und vor allem dank politischer Bemühungen.
Magandang umaga @Reinkarnation. Trust that you are well.
Vielen Dank fuer den Link.
Es ist jedoch nichts in dieser ADB Referenz, dass Ihre Interpretation unterstuetzt.
Im Gegenteil; der volle Paragraf lautet:
Quote
"In the Philippines, levels of economic inequality are much higher than in other parts of Southeast Asia. Although the incidence of poverty in the Philippines has decreased in recent years, poverty remains predominantly rural and fairly high, at the level of more than one third of the population (2005). About 49% of rural families rate themselves as poor, with poverty highest among landless and marginal farm families.
"One driver of poverty in rural areas has been a lack of land ownership by the rural population," said Agustina Musa, a finance specialist with ADB's Southeast Asia Department. "Prior to the initiation of land reforms in the Philippines, almost 50% of the rural population was landless."
Unquote
Hier der Rappler zu diesem Thema:
https://www.youtube.com/watch?v=kN50wRmVdo4
Does the Philippines need land distribution?
In fast jedem Dorf werden Ihnen die Bewohner/innen den Zugang zu Land als zentrales und groesstes Problem der Smallholder Farmers bestaetigen.
Daran hat sich ueber Jahrzehnte wenig geaendert, aber die Bevoelkerung ist stetig gewachsen.
Was denken Sie, um was bei den kriegerischen Auseinandersetzungen im muslemischen Sueden im Kern eigentlich geht?
Land. Forst/Holz. Boden/Mineralien. Wasser. Fisch.
Schlicht:
"Grabbing / Ownership of Land and other Natural Resources".
Pinakamahusay na Pagbati.
Schauen Sie: Mir geht es weder darum, etwas schön zu reden, noch etwas schön zu rechnen. Ich komme seit 1991 regelmässig auf die Philippinen, nun lebe ich hier. In diesen drei Jahrzehnten hat sich enorm viel entwickelt hier und auch zum Besseren gewendet. Die Landfrage ist ein Erbe Magellans. Genau so, wie die die weissen Siedler den Indianern einst in Amerika billigen Fussel und Glasperlen andrehten, um ihnen das Land abzuluchsen, haben es auch die Spanier hier gemacht. Das ist ein Allgemeinplatz. Nach dem Ende der spanischen Kolonialzeit im Zuge des spanisch-amerikanischen Krieges zogen aber nicht gleich alle ansässigen Spanier ab. Hier geblieben sind vor allem jene, die a) nicht unbedingt zur Crème der spanischen Gesellschaft gezählt- und b) mitunter auch ziemlich viel Dreck am Stecken gehabt haben. Die gehören natürlich auch heute noch zu den wenigen wieklich Besitzenden- nebst einer dünnen Schicht von chinesischen und noch viel weniger einheimischen Familien. Auch das ein Allgemeinplatz.
Was Ihren Fetisch Landdistribution anbelangt: Monokausale Zuschreibungen, wie die im Artikel beschriebenen, so von wegen „Grosskapital“ undso, halte ich weder für besonders zielführend, noch für genug realitätsnah. Sie beleuchten nämlich nur einen Aspekt der Wirklichkeit. Warum und vor allen Dingen wohin verschwinden denn all die Reisfelder hier? Ganz einfach: Sie werden bebaut, Von wem denn? Nein, nicht von börsenkotierten Agrar- und Agrochemiekonzernen, wie auch von ihnen kolportiert! Sondern von Familien aus Mittelstand, die sich ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen wollen. Zumeist OFW also, die a) gut einen Zehntel der Gesamtbevölkerung ausmachen und b) mit ihren Remittances aus den Emiraten, Saudiarabien, Singapur, Hongkong, Europa, den USA, Australien oder Neuseeland (wählen Sie sich das für Sie ganz genau und perfekt zu Ihrem hermetischen Weltbild passende Land doch bitte selber aus) die philippinische Wirtschaft auch in der Coronakrise- einmal mehr- gerettet haben. Der Umfang dieser Rücküberweisungen aus der Ferne hat alleine auf den Philippinen 2020 10% vom BIP ausgemacht! Den dazu passenden Bloombergartikel finden Sie sicher selber, ich bin, ehrlich gestanden, zu faul, ihn extra für Sie wieder hervorzukramen, sorry.
Dass die Philippinen bei Transparency International nach wie vor noch einen Spitzenplatz belegen- geschenkt, das weiss selbst ich. Die extreme Ungleichverteilung des Wohlstandes, selbst innerhalb des ASEAN-Raumes: gleich noch einmal geschenkt: Die Armut hier ist erschütternd! Warum das so ist? Nein, es ist schon wieder nicht nur das Grosskapital, so leid es mir tut. Dieses Mal müssen wir den schwarzen Peter auch (aber selbstverständlich nicht nur) der katholischen Kirche in die Schuhe schieben. Wie gross deren bisweilen geradezu destruktiver Einfluss hier ist, dürften Sie selber genau so gut wissen, wie ich. Family Planing? Fehlanzeige: Seid friedlich und mehret euch, nicht wahr? Verhütungsmittel sind hier verpönt und nur vergleichsweise schwer erhältlich, ein Abtreibungsverbot liegt in weiter Ferne und Scheidungen sind gar nicht erst im Gestz vorgesehen. Hier gibt es, bibeltreu, wie man nun einmal ist, nur die sog. Legal Separation. Resultat: Die Fertilitätsrate ist eine der höchsten der Welt. Und die Philippinen sind (auch deswegen) zum grössten Reisimporteur der Welt geworden (warum s. oben). Deshalb hat mich auch Ihr sicherlich nur gut gemeinter Vorschlag erstaunt, ich solle doch einmal das Gespräch mit einem katholischen Priester suchen. Nein, das werde ich ganz sicher nicht tun! Auf diese Fritzen bin ich nämlich ganz besonders wütend- aus erwähnten und auch aus privaten Gründen.
So, ich denke, unsere beiden Lebenswelten liegen dermassen weit auseinander, dass sich jedes weitere Gespräch hier und auch andernorten erübrigt. So long, Baby ;-)
Korrektur: Eine „Legalisierung von Abtreibungen liegt in weiter Ferne“ natürlich!
Dieser aktuelle Beitrag in der Brandenburger Abendschau schilder in 3 Min. das Grundproblem des Bodenbesitzes durch Nichtlandwirte und Pachtsteigerungen aus dem Blick einen jungen Biolandwirtin im Norden Brandenburgs sehr deutlich.
Prima finde ich, dass die Medien darauf aufmerksam machen. Es fehlen aber die Lösungen.
Gerne gelesen und anmerken möchte ich, daß es in der Märkischen Oderzeitung kein Interview gab, welches expliziet genau den Hunger nach Land abfragt bei BürgermeisterInnen.Es ist die Meinung ausgeprägt, jungen Familien und dem Hausbauwunsch nachzukommen,um die Lebensalterquote nach unten zu drücken.Die Planer kennen mitunter nur diese Denkschablonen.
"Im neunzehnten Jahrhundert argumentierte Karl Marx, inspiriert vom deutschen Chemiker Justus von Liebig, dass das Verhältnis des Kapitalismus zu seiner natürlichen Umwelt das eines Raubsystems sei, was zu einer irreparablen Kluft im Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur führe.
Im 21. Jahrhundert sind diese klassischen Einsichten in die Zerstörung der Erde durch den Kapitalismus zur Grundlage außergewöhnlicher Fortschritte in der kritischen Theorie und Praxis des zeitgenössischen Ökosozialismus geworden."
https://johnbellamyfoster.org/books/the-robbery-of-nature/
Raubsysteme? Nein Danke.
Laut einem aktuellen Bericht von 'The Land Report' besitzt Bill Gates jetzt das meiste Ackerland in den Vereinigten Staaten.
https://nz.news.yahoo.com/bill-gates-becomes-largest-farmland-220106087.html
Philanthropie.