Adieu, ihr alten Gewissheiten! Den bestgeglaubten Unwahrheiten der deutschen Politik geht es nun an den Kragen. Da weist das Bundesverfassungsgericht den Eilantrag von AfD-Gründer Bernd Lucke gegen den Corona-Wiederaufbaufonds der EU ab. Lucke und Konsorten hatten gegen den Marsch in die „Schuldenunion“ geklagt. Der EU zu erlauben, Kredite aufzunehmen, ginge zu weit.
Auch Angela Merkel hatte vor nicht allzu langer Zeit noch geschworen: Euro-Bonds, Gemeinschaftsanleihen der gesamten EU, nur über meine Leiche! Nun ist es doch passiert. Die EU wird zur Finanzierung des 750-Milliarden-Euro-Wiederaufbaufonds etliche hundert Milliarden Euro an eigenen Schulden aufnehmen. Es werden Schulden sein, für die alle Mitgliedsstaaten gemeinschaftlich haften. Ganz gleich, wie man sie dann nennt, ohne Anleihepapiere der EU – sprich Euro-Bonds – kann man solche Schulden nicht finanzieren und – noch wichtiger – nicht refinanzieren. An den internationalen Anleihemärkten wird man sich um diese Papiere reißen. Die US-Treasuries bekommen endlich Konkurrenz. Und die EU wird ein Stück souveräner.
Das Bundesverfassungsgericht hat der Kanzlerin, ihrem Finanzminister und der ganzen Bundesrepublik die Blamage erspart, als reichstes Mitgliedsland der EU diese Solidar-Aktion zu blockieren. Dafür gab’s Auflagen, um die Angst der deutschen Besitzbürger vor der „Schuldenunion“ zu beruhigen: Gemeinschaftsschulden ja, aber nur im Notfall, als absolute Ausnahme! Nach Corona niemals wieder.
Verfassungsrichter sind keine Ökonomen. Im besten Fall sind sie halbwegs aufgeklärte Zeitgenossen, die zumindest ahnen, was da alles auf uns zukommt. Dass diese Pandemie, beispielsweise, nicht die letzte gewesen sein wird. Oder dass die Bekämpfung des Klimawandels immer teurer wird, je länger man sie in die Zukunft verschiebt. Deshalb ist klar: Die EU wird auch in Zukunft Schulden machen müssen, einfach weil sie für die Finanzmärkte ein weit besserer Schuldner ist als jeder der Mitgliedsstaaten allein.
Dank der neuen US-Regierung hat die EU ein wenig klimapolitischen Ehrgeiz dazugewonnen. Reichen wird der allerdings nicht. Die offiziellen Klimaziele sind jetzt schon zu niedrig. An ihrer raschen Umsetzung darf man zweifeln, obwohl selbst CDU-Politikern inzwischen klar wird, dass sich das Zeitfenster für erfolgreiche Gegenmaßnahmen immer schneller schließt. Etliche Kipppunkte sind schon in Sicht, werden die erreicht, gibt es kein Halten mehr.
Uns läuft die Zeit davon. Lange Übergangsfristen für den Kohleausstieg zum Beispiel sind reiner Luxus, auch wenn Landes- und Kommunalpolitiker das aus Angst vor den Wählern anders sehen. Konzerne, die sich querlegen, kann man enteignen und entschädigen, so wie man das bei jedem kleinen Hausbesitzer macht, der dem Bau einer Autobahn im Weg steht. Arbeitslosen Bergleuten kann und muss man helfen, auch wenn das kostet. Fazit: Die Kosten der diversen Wenden und Umbauten, die in den nächsten zehn bis 15 Jahren anstehen, werden die Kosten der Pandemie bei weitem übersteigen. Klimaschutz geht nicht national, das hat sich mittlerweile herumgesprochen. Wenn die EU nicht als Ganze agiert, ohne Rücksicht auf Ländergrenzen, kommen wir mit dem Umstieg auf eine kohlenstoffneutrale Wirtschaft nicht rasch genug voran. Global lässt sich der sowieso nur erreichen, wenn die EU, die USA und China vorangehen.
Die Gralshüter schwenken um
Es trifft sich, dass auch der IWF, die Weltbank und die OECD sich bewegen. Und wie. Die einstigen Gralshüter der Austeritätsideologie sind umgeschwenkt, fortan gelten die alten Unwahrheiten auch hier nicht mehr. In Krisen muss nicht gespart, sondern geklotzt werden – und zwar mit öffentlichen Investitionen, die den privaten die Richtung vorgeben beziehungsweise Pfade eröffnen. Dazu muss der Staat Gelder mobilisieren, also Steuern erheben und Steuern erhöhen – und die Steuerlasten gerechter verteilen.
Ungerechte Steuern, das Resultat von Jahrzehnten falscher Steuersenkungen, blockieren den Ausweg aus der Krise. Dagegen würde eine Steuer auf hohe und höchste Vermögen helfen, wie es sie in vielen kapitalistischen Ländern der Erde gibt. Wenn diese Steuer Geld in die Staatskassen bringen, also dort zulangen soll, wo das Geld ist, wird sie mehr sein müssen als reine Symbolpolitik. Ob als reguläre Steuer, als einmalige, zweckgebundene Vermögensabgabe oder beides, in jedem Fall dürfen technische Schwierigkeiten nicht länger wie in Deutschland als Vorwand dafür dienen, auf die Vermögensbesteuerung zu verzichten.
Kaum im Amt, hat die Finanzministerin der USA, Janet Yellen, noch einen draufgesetzt. Sie hat sich, als Erste in dieser Position, die Forderung nach einer globalen Mindeststeuer auf Konzerngewinne zu eigen gemacht. Nur so lässt sich die Steuerkonkurrenz der Nationalstaaten einschränken, die nur den Multis nutzt. Was Yellen und etliche ihrer Finanzminister-Kollegen vorhaben, ist nichts anders als eine Kampfansagen an die Steueroasen dieser Erde.
Der Ausgang hängt davon ab, wie viele der Nationalstaaten, von deren wohlwollender Komplizenschaft die Steueroasen leben, mitziehen. Und davon, wie sich die Steueroasen innerhalb beziehungsweise im Umkreis der EU verhalten werden. Luxemburg, Irland, die Niederlande, die Schweiz, nicht zu vergessen das Vereinigte Königreich, seit jeher die Schutzherrin einer bunten Schar von Steueroasen, die es ohne britisches Zutun nicht gäbe, sie alle müssen runter vom hohen Ross ihrer vermeintlichen Souveränität auf Kosten ihrer Nachbarn. Es ist Zeit für eine international koordinierte, in multilateralen Abkommen geregelte Steuerpolitik.
Kommentare 42
Der Artikel fasst die Kernpunkte gut zusammen. Austeritätspolitik ist ein Irrweg, sie wirkt deflationär. Pures Schuldenmachen ohne Steuererhöhungen ist aber auch falsch, das wirkt (hyper?)inflationär.
Der Staat muss also wesentlich mehr Geld ausgeben und es aber auch wieder eintreiben durch Steuern für die Reichen.
Das klingt alles sehr gut - allein: mir fehlt der Glaube, dass die in den USA und hierzulande regierenden Marionetten des Großkapitals das ernsthaft angehen werden. Und nur ein bisschen reicht eben nicht. Das ist auch nicht besser als nichts, wie viele einwenden würden - nein, es ist sogar schlechter als nichts! Denn mit so halbherziger Symbolpolitik schaffen es die Eliten, dem Volk mal wieder Sand in die Augen zu streuen und sie von echtem Widerstand abzuhalten. "Die tun doch was, mehr ist halt zur Zeit noch nicht möglich."
Vor 20 Jahren hätte man alle diese Themen noch in geregelte Bahnen lenken können mit einer großen internationalen Anstrengung. Der Zug ist aber m.E. abgefahren. Die Zentralbanken und Staaten haben weltweit im letzten Jahr riesige Summen an frischem Geld in die Märkte gepumpt ohne sich darum zu sorgen, wie es wieder eingetrieben werden soll. In jedem Fall besteht nun sehr großer Zeitdruck. Wenn der Geist der Inflation erst einmal für alle deutlich sichtbar aus der Flasche ist, bekommt man ihn nicht mehr dorthin zurück.
Ich glaube nicht daran, dass unsere Spitzenpolitiker das Problem wirklich begreifen und zu durchgreifenden Änderungen willens und in der Lage sind.
Wo purzeln hier Dogmen, wo die Coronapolitik ein neues Dogmengebäude, also eine neue Religion errichtet? Andersdenkende Wissenschaftler und Künstler landen auf dem medialen Scheiterhaufen. Mit Youtube-Sperren den Tag der Pressefreiheit begehen ist schon dreist.
„Die Zentralbanken und Staaten haben weltweit im letzten Jahr riesige Summen an frischem Geld in die Märkte gepumpt ohne sich darum zu sorgen, wie es wieder eingetrieben werden soll. In jedem Fall besteht nun sehr großer Zeitdruck.“
Was heißt denn das konkret?
A) Die Zentralbanken geben Kredite zum Null-Tarif aus und bestrafen diejenigen, die das Geld nicht ausgeben mit Strafzinsen.
B) Die EZB kauft seit 2016 Banken Staatsanleihen und Unternehmensanleihen ab. Das notwendige Geld dafür entsteht bei der Zentralbank aus dem Nichts. Es wird einfach gedruckt.
Darüber hinaus hat die EZB im Juni 2016 begonnen, auch Unternehmensanleihen AUFZUKAUFEN, d. h. sie hilft Großunternehmen, deren Schuldner nicht zahlen können, die fehlenden Gelder aufzustocken und animiert sie auf diese Weise, zusätzliche Risiken einzugehen oder ihr Geld für Aktienrückkäufe zu verwenden, um so die Manager-Boni noch weiter in die Höhe zu treiben. Das hat für Verkäufer (Staat wie Unternehmen) den Vorteil, die Schrottpapiere nicht mehr in den eigenen Büchern führen zu müssen, dass sie – im Gegenteil – die Beträge nunmehr als Vermögen verbuchen können. Zudem verfälscht sie auf diese Weise die ohnehin exzessiv manipulierten Aktien- und Anleihenmärkte noch weiter. Die Finanzelite, die das Geld zum größten Teil nicht etwa investiert, sondern in die Spekulation an den Aktien-, Anleihen- und Immobilienmärkten steckt, zahlt zudem für das ihr zur Verfügung gestellte Geld keinen Cent Zinsen mehr. Die EZB hat das getan in feiner Abstimmung mit anderen nationalen Notenbanken in den USA etwa oder Japan.
Das Ergebnis: Die Börsen dieser Welt präsentieren uns eine aufgeblasene Höchstmarke nach der anderen, mit anderen Worten, sie präsentieren – für jedermann sichtbar – das Ergebnis einer gewaltigen Inflation, die aber wie das goldene Kalb angebetet wird.
Recht gebe ich Ihnen insofern, als dem gigantischen Geldbetrag kein realer Gegenwert gegenübersteht. Sie wissen doch sicher auch, dass Renditevorgaben von z.B. 25 Prozent (Ackermann) in der Realwirtschaft nicht erzielt werden können.
Und es gibt Informationen, die selbst noch von einer wie auch immer gearteten Zusammenarbeit zwischen der Bayer A.G. und der EZB ausgehen, die es Bayer überhaupt erst ermöglichte, Monsanto aufzukaufen.
…
„…ohne sich darum zu sorgen, wie es wieder eingetrieben werden soll.“
Wer sagt denn, dass es wieder eingetrieben werden muss?
In der Zwischenzeit wissen wir, Schulden müssen keineswegs notwendigerweise zurückgezahlt, können auch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gestundet werden.
In diesem Zusammenhang hat es dann auch etwas für sich, kompetent erklärt zu bekommen, „dass die EZB am Ende einen Teil der ohnehin aufgekauften Staatspapiere bei sich stilllegt oder in sehr langfristige Anleihen umwandelt und bei sich behält“ (Achim Truger), sie mit anderen Worten in die Tonne kloppt. Symphytisch ist mir in diesem Zusammenhang auch George Soros wiederholter Vorschlag einer "ewigen Anleihe".
ein bäcker, der heute 5kg essbares brot im laden anbietet SPEKULIERT darauf profit zu machen, er kann ja nicht wissen ob er die ware verkauft. insofern unterscheidet sich das produkt des kleinunternehmers und der ZWECK der tätigkeit des kleinunternehmers garnicht von dem was am finanzmarkt passiert.
Sie beschreiben einiges sehr richtig. Zum Beispiel, dass wir schon eine hohe Inflation haben, allerdings scheint sie nach landläufiger Meinung noch beherrschbar. Es wird zumindest offiziell noch immer eine ziemlich niedrige Inflationsrate (der Verbraucherpreise) ausgewiesen.
Es gibt keinen Zaubertrick, mit dem man die Staatsschulden einfach wegzaubern könnte ohne große Kollateralschäden, nämlich einen Verfall der Währung(en). Auch wenn die Zentralbanken alles direkt aufkaufen, funktioniert das nicht, weil einfach die Geldmenge ohne irgendeinen Gegenwert (wie z.B. eine erhöhte Produktivität der Volkswirtschaft) ausgeweitet wird. Dafür werden Sie kein erfolgreiches historisches Beispiel finden. Deswegen muss das Geld durch Steuern wieder eingetrieben werden.
Außerdem sind das Problem ja beileibe nicht nur die Schulden der Staaten, sondern auch die von allen anderen Marktteilnehmern, also Unternehmen, Banken, Privatpersonen.
Die Verbraucherpreise würde ich eher dem Realmarkt zurodnen, nicht dem Spielkasino.
»Die EU wird zur Finanzierung des 750-Milliarden-Euro-Wiederaufbaufonds etliche hundert Milliarden Euro an eigenen Schulden aufnehmen.«
»Deshalb ist klar: Die EU wird auch in Zukunft Schulden machen müssen, einfach weil sie für die Finanzmärkte ein weit besserer Schuldner ist als jeder der Mitgliedsstaaten allein.«
»Wenn die EU nicht als Ganze agiert, ohne Rücksicht auf Ländergrenzen, kommen wir mit dem Umstieg auf eine kohlenstoffneutrale Wirtschaft nicht rasch genug voran.«
Die EU, die EU, die EU: dreimal EU. Doch wer ist eigentlich die EU?
»Die Europäische Union ist ein Staatenverbund aus 27 europäischen Ländern. Außerhalb des geographischen Europas umfasst die EU Zypern und einige Überseegebiete. Sie hat insgesamt etwa 450 Millionen Einwohner«, liest man bei Wikipedia.
Aber so einfach ist es nicht. Die EU hat weder ein eigenes Staatsgebiet, noch hat sie ein europäisches Staatsvolk, also einen Demokratie begründenden Volkssouverän, sondern nur die von den Mitgliedstaaten repräsentierten nationalen Staatsvölker.
Die im europäischen Parlament vertretenen Parteien stellen noch längst keine eigenständigen europäischen Parteien dar.
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments rekrutieren sich aus den Mitgliedstaaten bzw. aus den von diesen repräsentierten nationalen Staatsvölkern – von jeweils mindestens sechs bis jeweils maximal 96 Ab-geordneten.
2005: Als die europäischen Einwohner Mitte 2005 über die EU-Verfassung – den praktisch identischen Vorläufer des Lissabon-Vertrags – abstimmen sollten, lehnten die Bürgerinnen und Bürger von Frankreich und den Niederlanden sie im Rahmen eines Referendums ab.
Also wurde beim Lissabon-Vertrag so getrickst, dass eine Zustimmung der Bevölkerungen nicht mehr notwendig war. Die nationalen Parlamente ließen das ohne ein Wort des Protests mit sich machen.
In Deutschland reagierten die meisten Abgeordneten erst, als das Bundesverfassungsgericht sie darauf hinwies, dass die Beteiligungsrechte des Bundestags durch das deutsche Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag nicht ausreichend gewahrt wurden.
Der EU-Verfassungsvertrag sollte ursprünglich am 1. November 2006 in Kraft treten. Doch nach den gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden ratifizierte eine Reihe von Mitgliedstaaten den Vertrag lieber nicht, verzichtete hierfür auf Abstimmungen hierüber im eigenen Land, wodurch der EU-Verfassungsvertrag keine Rechtskraft erlangte.
Stattdessen schlossen die europäischen Staats- und Regierungschefs im Dezember 2007 ersetzend den Vertrag von Lissabon ab, der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat.
Mit dem Lissabon-Vertrag sollten u. a. von 2014 an Mehrheitsentscheidungen der EU-Staaten anstatt der bisher geltenden Einstimmigkeit eingeführt werden.
Eine EU-Bürgerabstimmung über einen EU-Verfassungsvertrag ist also nie erfolgt, sondern wurde im Dezember 2007 durch die europäischen Staats- und Regierungschefs mit dem Vertrag von Lissabon ersetzt.
Die Europäische Union ist entsprechend ein Kartell der europäischen Regierungen.
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»Kaum im Amt, hat die Finanzministerin der USA, Janet Yellen, noch einen draufgesetzt. Sie hat sich, als Erste in dieser Position, die Forderung nach einer globalen Mindeststeuer auf Konzerngewinne zu eigen gemacht. Nur so lässt sich die Steuerkonkurrenz der Nationalstaaten einschränken, die nur den Multis nutzt.«
Diese Lobhudelei hätten Sie sich sparen können. Der deutsche Finanzminister Scholz (und nicht nur der) hat das lange vor Yellen Finanztransaktionssteuer genannt.
Wissen Sie, wie viele Derivate uns die Bankster anlässlich der Lehman-Pleite 2008 vor die Füße gelegt haben. Die sind doch nicht fies vor Geldentwertung in gigantischem Ausmaß. Mit der niedlichen Lehman-Pleite wurde uns die Rechnung der 50-Billionen-US-Dollar-Sause gelegt. Der erlesene Bankster-Club hatte die Volkswirtschaften um 50 Billionen US-Dollar geschädigt und Derivate in Höhe von 700 Billionen US-Dollar hinterlassen.
Zwischen 1986 und 2005 hatten unter den Augen der Politiker Wall-Street-Banker Unmengen toxischer Quasi-Geld-Derivate zusammengeschustert und es geschafft, dass deren Marktpreise von weniger als 50 Billionen auf mehr als 1500 Billionen US-$ anstiegen. Auch die Banker in Frankfurt am Main waren scharf darauf, diese "lukrativen" Derivate zu kaufen. Sie taten das mit Dollars, die sie sich dafür ausliehen, und zwar von der Wall Street.
Sahra Wagenknecht ließ uns wissen: "Lag der jährliche Umsatz mit Finanzderivaten 1986 bei weniger als 50 Billionen Dollar, setzt das globale Wettcasino heute Jahr für Jahr Derivate im Wert von 1500 Billionen um. Allein in den 20 Jahren zwischen 1990 und 2010, in denen sich die Weltwirtschaft verdreifachte, hat sich die Finanzwirtschaft mehr als verdreihundertfacht."
Das sind die Dimensionen, über die wir uns hier unterhalten.
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Apropos: "...In der Zwischenzeit wissen wir, Schulden müssen keineswegs notwendigerweise zurückgezahlt, können auch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gestundet werden..." – Nichts anderes machen die USA seit Jahrzehnten.
Apropos: "...In der Zwischenzeit wissen wir, Schulden müssen keineswegs notwendigerweise zurückgezahlt, können auch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gestundet werden..." – Nichts anderes machen die USA seit Jahrzehnten.
Ich korrigiere mich: Die USA tilgen ihre alten Schulden mit neuen – bis zum bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag eben.
Uff, lange nicht soviel kvac gelesen, z.B. : "Dazu muss der Staat Gelder mobilisieren, also Steuern erheben und Steuern erhöhen – und die Steuerlasten gerechter verteilen."
Wenn die aufwendungen für eine verhinderung des klimawandels durch steuern aufgebracht werden sollen, dann müssen entweder viele menschen hierzulande verhungern oder ihre löhne/einkommen müssen so erhöht werden, dass sie die "steuern" bezahlen können.
Schon dieser gedanke zeigt, dass die "Geld-mobilisierung" niemals über steuern funktionieren kann. Und das ist auch nicht notwendig!
Was notwendig ist, ist die mobilsierung der ressourcen (insbesondere von technologien), mit denen ein leben von fast 8 mrd. menschen auf einem begrenzten planeten möglich wird - und zwar koste es, was es wolle!
Dem grundargument des autors und vieler kommentaristen folgend wird dies bereits daran scheitern, dass die rettung der menschheit schlicht nicht profitabel ist. Klimaschutz ist schlicht zu teuer; das aussterben der menschheit hingegen ist wesentlich profitabler, zumindest bis kurz vor schluss... Welch ein unfug!
Das Aussterben der Menschheit ist in der Tat noch immer profitabler - für die Mineralölindustrie. Solange man denen nicht das Handwerk legt, durch den Entzug von Subventionen und hohe CO2-Steuern, werden sie ihr schmutziges Geschäft nicht beenden. Da hilft es auch nichts, zusätzlich noch ein paar Windrädchen und E-Autos zu bezuschussen.
Sie täuschen sich hier. Der Umsatz von Derivaten mag so hoch sein, das ist natürlich unfassbar und ein riesiges Problem! Es hat aber nur wenig mit dem Thema hier zu tun. Wenn Sie Derivate im Wert von "nur" 1,5 Billionen Dollar 1000 mal hin- und herverkaufen, kommen Sie auf einen Umsatz von 1500 Billionen Dollar.
Es ist also nicht so, dass die Staatsschulden - oder gar Schulden insgesamt - eine vernachlässigbare Größe wären. Das nun wirklich nicht.
Die USA werden die Rückzahlung ihrer Schulden nicht mehr all zu lange auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben können. Weil sie bald kaum noch Käufer finden werden für ihre Ramsch-Papiere. Dann kann man entweder höhere Zinsen anbieten - was die Wirtschaft definitiv strangulieren und sämtliche Vermögenspreisblasen zum Platzen bringen würde angesichts der riesigen Schuldenberge auch der nicht-staatlichen Martktteilnehmer - oder die FED kauft alle Staatsanleihen direkt auf, was ja schon zum Teil geschieht. Dann wird der Dollar abwerten. Ob das schon morgen so kommt oder erst in einigen Jahren, ist freilich schwer zu sagen. Aber es wird definitiv so kommen.
Ich wundere mich, warum Sie und einige andere hier - so jedenfalls mein Eindruck - nicht auch vehement auf Vermögensumverteilung (nicht nur auf höhere Finanztransaktionssteuern und Unternehmenssteuern) und ein Austrocknen der Steueroasen drängen.
Angenommen, ich (und zahlreiche renommierte Finanzexperten) irre(n), und es würde auch langfristig funktionieren, die Staatsfinanzierung direkt durch die Zentralbanken, ggf. ganz ohne Zinsen, abzuwickeln. Wäre es dann kein riesiges Problem mehr, dass die Vermögensungleichheit immer weiter steigt? Sollten Jeff Bezos und Konsorten dann weiter unbeschwert in ihrem unermesslichen Reichtum schwelgen können?
Werden die Boden- und Immobilienpreise sinken und somit für Normalverdiener wieder bezahlbar werden? Oder soll der Staat einfach alles zupflastern mit neuen Sozialwohnungen?
Das kann ja wohl so oder so nicht die ganze Lösung sein.
„Es hat aber nur wenig mit dem Thema hier zu tun.“
Schrat hatte das Stichwort Schulden geliefert: „…die Schulden werden weiter wachsen, um imme neue Höchststände zu generieren.“
Darum mein Beispiel mit den horrenden Derivaten, die ja nicht anderes sind, als kaschierte Schulden.
„Sollten Jeff Bezos und Konsorten dann weiter unbeschwert in ihrem unermesslichen Reichtum schwelgen können?“
Sie wissen, dass ich nicht gern vom Thema abschweife, und dies hier wäre ein neues Thema. Darum ging in diesem Blog nicht.
Aber Sie sollten eigentlich mitbekommen haben, dass ich, wenn die Frage nach der Finanzierung an mich gestellt wird, immer antworte, dass man das Geld dort herholen soll, wo es sich befindet. Und mein Thema ist vor allem das Anprangern jener schmutzigen Gesinnung des politisch/medialen Klans, der den Reichtum der Reichen und Superreichen liebedienerisch vermehrt und hierfür die Bürgerinnen und Bürger beklaut. – Da sollte Ihnen eigentlich bekannt sein.
"In der Zwischenzeit wissen wir, Schulden müssen keineswegs notwendigerweise zurückgezahlt, können auch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gestundet werden."
Diese Aussage von Ihnen ist eben falsch. Darum ging es mir vor allem. Daher müssen Jeff Bezos und Konsorten herangezogen werden.
Ich weiß, dass Sie auch für Vermögensteuern sind. Warum sich dann lange darüber den Kopf zerbrechen, ob es vielleicht auch ohne das ginge, auf wundersame Weise?
"Darum mein Beispiel mit den horrenden Derivaten, die ja nicht anderes sind, als kaschierte Schulden."
Wie meinen?
Ihr streitet euch darüber ob schulden zurückzahlbar sind und spielt die ganze zeit den idealen finanzminister. Ihr seid so sehr um den staathaushalt besorgt, dass man meinen könnte, dass ihr vergessen habt was linke politik ist. Ihr seid so sehr bürgerlich unterwegs, dass ihr hartz5 einführen würdet um den staat zu sanieren(!) Ob ihr in diesem zustand noch wisst was der gegensatz von arbeit un kapital ist? Ob der euch überhaupt noch interessiert? Sozialdemokraten eben.
You said it, man! :-)
Steuererhöhungen sind noch nicht mal notwendig - es würde schon genügen, wenn die theoretisch fälligen Steuern tatsächlich bezahlt würden. Ein konsequenter internationaler Kampf gegen Steuerflucht, -vermeidung und -hinterziehung würde genug Geld in die Staatskassen spülen für soziale Absicherung und ökologischen Umbau.
Guter Artikel. Ergänzend sei noch angemerkt, dass die Einzelstaaten in der EU zwar durchaus Maßnahmen gegen den Klimawandel treffen können, für die Finanzierung jedoch auf gemeinsames Handeln der Union angewiesen sind - sei es durch unionsweite Regeln gegen Steuerdumping, sei es durch Eurobonds. Letztere sind nicht inhärent sicherer als Anleihen der Einzelstaaten, jedoch besteht bei jenen ein theoretisches Wechselkursrisiko, sollte die Eurozone...
Schulden sind natürlich nicht zurückzahlbar, das wissen wir doch von diversen Haircuts.
"Zum Beispiel, dass wir schon eine hohe Inflation haben, allerdings scheint sie nach landläufiger Meinung noch beherrschbar."
Wir haben doch keine hohe Inflation! Wer das behauptet ist ein ökonomischer Quacksalber!
„… für die Finanzierung jedoch auf gemeinsames Handeln der Union angewiesen sind…“
Wieso sind sie darauf ANGEWIESEN. Sie können jederzeit nationale Initiativen ergreifen (siehe meinen Hinweis auf die mangelhafte Verfasstheit der EU mit ihrem Legitimationsdefizit). Das ist z.B. auch mein Zorn auf die Merkel-Regierung, die es nicht einmal nötig hatte, für die eigene Bevölkerung nationale Corona-Impfstoff-Beschaffung zu betreiben, sondern dieses lebensgefährliche Thema für Europapolitik missbrauchte.
„Auf gemeinsames Handeln der Union angewiesen“ zu sein heißt, sich von der ewig zerstrittenen Union abhängig zu machen. Aber wir können beruhigt sein: Wenn bisher ein einstimmiger Beschluss der Gesamtheit der (jetzt) 27 Nationen für die notwendigen verbindlichen Verabredungen nötig sind, will man demnächst (und das schon lange) die einfache Mehrheit hierfür organisieren. Dann kriegen wir noch mehr „nationale“ Variationen der einzelnen Unions-Länder.
'Für die Finanzierung' hab ich geschrieben. Bitte erst lesen, bevor Sie antworten, Sie Flegel. ;-)
Behauptet heute noch irgendwer eine 'Rückzahlung'? Schulden müssen nur bedient/ refinanziert werden - Negativzinsen und Inflation besorgen den Rest. Wie MW auf die Idee kommt, wir hätten eine 'hohe Inflation', ist mir auch schleierhaft. Wieder der neoliberale Nonsense von der sog. 'asset price inflation'?
jemand, der 8h täglich malochern tut und den gegensatz tatsächlich ernst nimmt schert sich n dreck um den haushalt des staates
Ach, es gibt gar keine 'asset price inflation'?
Cool, dann kauf ich mir gleich mal ein paar Immobilien! :-)
Und Jeff Bezos und Elon Musk sind gar nicht deswegen im letzten Jahr noch viel reicher geworden, sondern weil sie es sich hart erarbeitet haben? Dann ist ja gut.
Der Begriff 'Infation' ist hier völlig fehl am Platz. Die höheren Marktbewertungen sind einfach eine mathematische Folge bzw. Äquivalenz des Nullzinsniveaus. 'Inflation' bezieht sich auf Lebenshaltungskosten, die regelmäßig anfallen und verkonsumiert werden. Das ist bei einem Haus oder Aktie nicht der Fall - sie bleiben als Wert erhalten und können wieder verkauft (oder als Kreditsicherheit genutzt) werden. Oder kürzer: stock vs. flow - nicht verwechseln.
Und die Mieten erhöht sich auch nicht mit den Immobilienpreisen...?
erhöhen
Ich würde mit dem Immobilienkauf warten, bis die Blase geplatzt ist.
Nö, die Mieten stagnieren. Wir haben allerdings eine Aktien- und Immobilienblase. Haben sie beobachtet, wie die Kurse fielen, als Yellen eine minimale Zinserhöhung ankündigte? Das war ein Fingerzeig, was mit den Immobilienpreisen geschieht, wenn die USA moderat die Zinsen erhöhen.
Zitat: "Nö, die Mieten stagnieren."
Wer sagt das? Ein Lobbyist des Eigentümerverbandes "Haus- und Grund" oder das statistische Bundesamt?
Ihre Aussage ist ebenso ignorant, pauschalierend und einfältig wie die Aussagen vieler neoliberal-konservativer Politiker und der sogenannten Wirtschaftswaisen zur "Inflation".
Die Inflationsrate ist immer eine makroökonomische und aggregierte Größe. Man kann volkswirtschaftlich sogar eine Deflation haben und trotzdem steigen die Mieten vor allem in den Ballungsgebieten und bei Neuvermietungen. Dort kann man bei Neuvermietungen immer noch verlangen, was der sozialdarwinistische Markt hergibt, es sei denn die Miethöhe würde den Tatbestand des Wuchers erfüllen. Dafür müsste die Miete allerdings ganz erheblich über der ortsüblichen Vergleichsmiete der Altverträge liegen und der Vermieter eine Zwangslage des Mieters ausnutzen. Außerdem müsste der Mieter den Vermieter nach Abschluss des Mietvertrages verklagen. Welcher Mieter in diesem vielgepriesenen und hochgelobten demokratischen Rechtsstaat nimmt dieses Prozessrisiko in Kauf?
Oder liegt es daran, dass sie selbst als Kapitalanleger ein paar Immobilien in Kleinwaldershausen, Hintergreisendorf oder Aussterbendenstadt gekauft oder geerbt haben und die Mieten dort "stagnieren"?
Reden wir statt über "stagnierende" Mieten doch mal über vorgetäuschte Eigenbedarfskündigungen, weil es bei Bestandsmieten gesetzliche festgelegte Grenzen für die Erhöhung der Miete gibt, bei Neuvermietungen nur den nebulösen Wucherparagraphen.
Zitat: "Nö, die Mieten stagnieren."
Wer sagt das?
Ich. Kann man auch leicht an der Mietpreisentwicklung in den einschlägigen Portalen ablesen.
Der Rest ihrer Ausführungen ist relativer Schwachsinn und betrifft nicht den Mietmarkt ingesamt.
Ach, ja eine Frage noch, sind sie es Kevin Kühnert?
Mal ehrlich, sie sind ein ganz schöner Schwätzer, was?
Wie kommen Sie Ahnungsloser eigentlich dazu, über andere Foristen den Stab zu brechen?
Von Wirtschaft haben sie sich bisher immer ferngehalten, es sei denn, es gab dort Bier, oder?
Was genau sagen denn die Wirtschaftsweisen zur Inflation??Ich bin gespannt auf Ihre Antwort!
Aber weil sie ja immer um meine Aufmerksamkeit buhlen, gehen ich jetzt mal auf Sie ein!
Die Mieten stagnieren. Wenn auch auf einem hohen Niveau, aber sie stagnieren. Das ist auch klar, denn es lassen sich noch höhere Mieten kaum durchsetzen. Sie schreiben ja selbst davon, daß irgendwelche Notlagen ausgenutzt werden, wenn man höhere Mieten realisieren will. Die Regel ist das sicher nicht, schon weil es gar nicht genug Mieter in Notlagen gibt. Die Durchschnittsmiete in München liegt bei 10,45 € pro Quadratmeter. Das ist für einen Studenten oder prekär Beschäftigten kaum bezahlbar, allerdings ein Apotheker, Beamter, Rechtsanwalt, Hochschullehrer oder Ingenieur bei Siemens sollte dies problemlos bezahlen können.
Womit wir beim eigentlichen Problem angekommen sind; den Löhnen.
Es sind in Deutschland nicht die Mieten zu hoch, sondern die Löhne zu niedrig!
Anders gesagt, das Verhältnis Mieten zu Löhnen stimmt nicht. Vermieter haben eine Renditeerwartung, sonst bauen sie erst gar nicht oder lassen vorhandene Wohnungen leerstehen. Sobald sich mit anderen Investitionen höhere Renditen erzielen lassen, verlieren sie das Interesse an Immobilieninvestitionen ausser in TOP-Lagen. Diese Lagen spielen aber keine Rolle für den Normalbürger. Mit Wohnungen für den Durchschnittsbürger, der seine Miete selbst verdienen muss, lassen sich nur geringe Mietrenditen erwirtschaften, so daß dieser Wohnraum gerne luxussaniert und teuer verkauft wird, insbesondere natürlich in einer Immobilienhausse. Das würden Sie als Vermieter womöglich auch so machen, wenn sie mit ihren Wohnungen bei Vermietung nur Renditen im Bereich von 1 – 2,5 Prozent erzielten oder im Fall von Mietnomaden sogar noch das Risiko tragen, gegen diese erst teuer einen Räumungstitel zu erwirken und auf ihren Kosten sitzenzubleiben. Also müssen entweder die Löhne auf breiter Front steigen, damit die Bürger wieder in die Lage versetzt werden, Mieten von z.B.durchschnittlich 10,45€ in München zu zahlen, damit sich das vermieten auch lohnt oder der Staat verschuldet sich anstatt der Investoren und baut Wohnungen für dieses Klientel und verzichtet auf die Rendite. Ob der Staat aber billiger bauen kann als die Investoren oder die Wohnungen im Endeffekt sogar noch teurer werden und sie somit von den Steuerzahlern subventioniert werden müssen, steht in den Sternen. Mietendeckel helfen jedenfalls nicht, sondern behindern Neubau und beschleunigen die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen.
Kennen Sie eigentlich noch die Neue Heimat?
Wie Sie sehen, lohnen Diskussionen mit Saloonleft nicht. Der hat zwar keine Ahnung, aber davon jede Menge. :-)
Hat ihre Inkompetenz ihnen die Sprache verschlagen?
Nein, das Niveau ist mir zu unterirdisch geworden.
Sie leugnen z.B. eine Vermögenspreisinflation, und im nächsten Satz raten Sie mit dem Immobilienkauf zu warten bis die Preisblase platzt... Hmm. Finde den Fehler!
Vermögenspreisinflation?? Was soll das denn sein?
Was sie meinen nennt sich Spekulationsblase.
Gern geschehen.
Und deshalb ,von diesem kleinen 1 mal 1
hergesehen,für das man kein Mathematikstudium braucht,stellt sich die Frage:Was ist wichtiger, "Laberwissenschaft" oder MINT?
(persönliches Schmankerl:Konrerektorin betonte, dass man für das Weiterkommen Futur II beherrschen sollte.Arbeiters Antwort:Manche müssen das,wenn sie nicht in der Lage sind `nen Nagel in die Wand zu klobbe"
Das mit der"erektorin" iss mer erst uffgefalle.