Solidarität? Egoismus!

Die Krise zieht sich Ab jetzt geht es ums Überleben

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Zu Beginn der Corona-Krise wurde die Solidarität hochgehalten. Ältere Menschen, die nicht mehr die Wohnung verließen, wurden mit dem Nötigsten versorgt. Die Vernünftigen blieben zuhause, um Risikopatienten zu schützen. Selten war es einfacher, durch Selbstbeschränkung zum solidarischen Helden zu werden. In der Anfangszeit war es zudem nicht absehbar, wie lange sich die Krise hinziehen wird. Einige Wochen des Verzichts sind leicht vertretbar. Ein paar Monate Kurzarbeit bei weitgehendem Lohnausgleich sind verschmerzbar. Zwei bis drei Monate als selbständiger Unternehmer, Freiberufler oder Künstler auf Einnahmen verzichten sollte möglich sein, ohne an den Rand des Ruins zu geraten.

Nun befindet sich die pandemische Lage und die Reaktion der Regierung darauf für viele Menschen in einem unwägbaren Zeitraum. Für das nächste halbe Jahr werden Millionen von Arbeitslosen prognostiziert. Wenn sich die Lage nicht entspannt oder sogar wieder mittels Shutdowns verschlimmert, könnten es laut Schätzungen 25% der Soloselbständigen, Künstler und Mittelständler nicht schaffen. Dabei spielt es psychologisch kaum eine Rolle, wie umfassend der Shutdown sein wird. Allein das drohende Damoklesschwert reicht aus, um Planungen weitgehend zu verunmöglichen. Und der Impfstoff, der uns Sicherheit und Normalität versprechen soll? Nach den ersten Rückschlägen bei Astra Zeneca sind auch hier Prognosen mit Vorsicht zu genießen. Zudem verändert sich das Virus stetig. Auch eine Grippeimpfung wirkt nur zu einem geringen Prozentsatz. Den Rest überlassen wir der Magie einer selbsterfüllenden Prophezeihung. Man könnte auch Placebo-Effekt dazu sagen. Die Zukunft liegt also im Nebel.

Damit jedoch befinden sich in diesem Land alle Menschen, deren Job unsicher ist, die selbständig sind oder ein Geschäft, Kino oder Restaurant besitzen in einer prekären Lage. Während zu Beginn der Maßnahmen ältere Menschen und Risikopatienten vor den Folgen einer Covid-19-Erkrankung beschützt wurden, trifft nun Millionen von Menschen die volle Härte der Maßnahmen. Sollen sich diese jetzt auch noch solidarisch mit anderen empfinden? Für einige Menschen geht es gerade um das nackte Überleben. Deren Existenz wurde vernichtet. Da muss die Empathie für andere erst einmal auf den hinteren Bänken Platz nehmen.

Eine Krise fordert in erster Linie den Egoismus. Wie brüchig die Solidarität ist, zeigt sich nicht nur an anscheinend egoistischen Demonstranten oder Partygängern. Sondern auch an manchen Aussagen von Geschäftsleuten, die sich über Demonstranten ärgern: "Wegen euch kann ich bald meinen Laden wieder dicht machen!" Interessanterweise warten wir trotz monatelangem Demonstrieren immer noch auf die zweite Welle. Sind die meisten Demonstranten bereits immun? Oder leben sie einfach gesünder, bei so vielen Heilpraktikern und ganzheitlich denkenden Gesundheitsfreunden? Jedenfalls wurde keine Demo bisher nachträglich zu einem Superspreader-Event erklärt, was trotz möglicher logischer Erklärungen verwundert, bei so vielen Menschen.

"Die Solidarität beginnt mit den Masken" ist ab und an zu lesen. Wer jedoch aktuell die Menschen wie ich jüngst in Dresden am Hauptbahnhof beobachtet, bemerkt, dass die Masken von den meisten Menschen kaum aus Solidarität getragen werden, sondern aus Angst vor einem Bußgeld. Die Maske wird in der Bahn brav getragen. Doch sobald die Türen sich öffnen und die Menschen nach draußen strömen, wird der Gesichtslappen von den meisten vom Gesicht gerissen. Verrückterweise in dem Moment, in dem wir uns am nächsten kommen. Wer die mangelnden Abstände bei Demonstrationen kritisiert, sollte einen Tag am Hauptbahnhof einer großen Stadt verbringen, sofern die Stadt nicht in Bayern liegt.

Auch bei den Demonstranten gibt es sicherlich Menschen mit einem Egoismusproblem. Auf die eigenen Rechte zu pochen war schon früher eine beliebte Masche rechter Demagogen, beispielsweise von Josef Göbbels noch vor der Machtübernahme Hitlers. "Das wird man wohl noch sagen dürfen" gibt es nicht erst seit vorgestern. Es soll jedoch auch Demonstranten geben, die sich für die Rechte der Menschen stark machen, die nicht im Kreise ihrer Liebsten beerdigt oder im Altersheim besucht werden durften, die von ihren Partnern und Eltern in der Quarantäne auf das Brutalste geschlagen wurden, Krebspatienten, die nicht behandelt wurden, Herzpatienten, die keine Mund-zu-Mund-Beatmung mehr bekamen oder Menschen die sich aufgrund von Depressionen im Lockdown umbrachten.

Die Parolen mancher Demonstranten scheinen krude. Doch zumeist steckt hinter jeder kruden Aussagen ein wahrer Kern: 5G-Strahlen werden uns nicht zu Zombies machen. Ob sie jedoch gänzlich ungefährlich sind werden wir wohl erst, wie so oft, in einigen Jahren wissen. Bill Gates wird uns sicherlich nicht chippen. Da hätte er wohl viel zu tun. Dass wir jedoch eines Tages einen Chip in uns tragen, mit dem wir u.a. bezahlen können, zeigt sich bereits heute in Schweden. Und dass Impfstoffe sowohl Leben retten als auch Leben zerstören, zeigt sich ebenfalls am Beispiel Schweden: Das Land zahlte Menschen, die aufgrund einer Schweinegrippe-Impfung an Narkolepsie erkrankten 2016 etwa eine Million Euro Schmerzensgeld. Kein Wunder, dass Impffirmen für etwaige Impfschäden nicht aufkommen wollen. Und dass die Pharmaindustrie mehr an Krankheiten interessiert ist als an unserer Gesundheit, wurde offensichtlich von einigen Menschen vergessen.

Worauf zielt also unsere Solidarität ab? Stehen wir auf der Seite alter und kranker Menschen? Stehen wir ein für die Teilhabe aller? Oder für ein gesundes und unbeschadetes Leben? Machen wir uns Sorgen um unsere Kinder? Solidarität ist eine komplizierte Angelegenheit.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Michael Hübler

Coach, Mediator, Organisationsentwickler, Autor

Michael Hübler

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