Linkslangweilige Schonkost

Alltagslektüre Mikael Krogerus braucht nach der Bibel etwas Entspannendes und liest einen Venedig-Krimi von Donna Leon. Dabei erfährt er einiges über Häuserpreise und Bausubstanz

Was habe ich gelesen?Das Mädchen seiner Träume: Commissario Brunettis siebzehnter Fall" target="_blank">„Das Mädchen seiner Träume“ von Donna Leon.

Seitenzahl: 351 Seiten.

Amazon-Verkaufsrang: 68.

Warum habe ich es gelesen? Nach der ermüdenden Lektüre der Bibel brauchte ich etwas Flughafenliteratur.

Worum geht es?


Ein gemütlicher Ermittler mit toller Frau und guten Kindern grübelt seitenlang, ob er calamari ripieni einer Pizza mit mozzarella di bufala und pomodorini vorzieht, oder ob er sich bereits, es ist ja schon nach elf, un’ombra genehmigen solle. Zwischendurch sinniert er über das Leben im Allgemeinen und seines im Speziellen, beerdigt seine Mutter und bespricht sich mit seiner Frau. Ach ja, einen recht überschaubaren Kriminalfall im Einwanderermilieu löst er auch noch. Die Aufklärung interessiert aber weder Klerus noch Regierung, was als sozialkritische Pointe durchgeht.

Was bleibt hängen?


„Das Mädchen seiner Träume“ ist Schonkost-Krimi. Wie Wallander ohne menschliche Abgründe und ohne Nervenkitzel. Dafür mit der gleichen linkslangweiligen Obrigkeitskritik. In Erinnerung blieb wenig. Vielleicht am ehesten die lustige Beobachtung, dass Immobiliengeschichten der soziale Kitt sind, der die Venezianer aller Schichten zusammenhält. Ganz so, wie ältere Menschen über Gesundheitsthemen zueinanderfinden oder sich wildfremde Männer über Sport verständigen, brauchen Venezianer die Debatte über Häuserpreise, Bausubstanz und Renovierungen, um miteinander warm zu werden. Donna Leon macht das Thema auf Seite 16 auf und dieser wunderbare B-Plot schlurft durch das ganze Buch mit der kontemplativen Langsamkeit eines müden Mannes auf dem Flur eines Altersheimes.

Wie liest es sich?

Donna Leon brauchte 127 Seiten, um eine erste Andeutung von Spannung aufzubauen; selbst für Menschen mit mehr Geduld als Geschmack ein recht langatmiger Krimi-Einstieg. Dass einem bei der ereignislosesten Beschreibung eines Familienmittagessens nicht schlecht wird vor Langeweile, liegt an Donna Leons Sprache (und der erstaunlichen Übersetzung aus dem Englischen von Christa E. Seibicke). Donna Leon schreibt wie Axel Hacke. Das Buch liest sich also leicht, man kann sich gut nebenbei unterhalten – oder es sogar aus der Hand legen.

Das beste Zitat?

Immobilientalk in Venedig: „Ich habe keine Ahnung, was sie Wert sein könnte. Ich kenne mich da überhaupt nicht aus“. Brunetti nickte gutgläubig und verständnisvoll, obwohl bei der Entdeckung eines Venezianers, der nicht imstande war, den Wert einer Immobilie einzuschätzen, normalerweise die Telefone in der Redaktion des Gazzettino heiß laufen würden.

Wer sollte es lesen?
 Leute, deren Leben zuviel Handlung hat.

Was lese ich als nächstes?The Fights" target="_blank">„The Fights“ von Charles Hoff.


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