Den Karlpreis hätte jemand anders verdient.

Kommentar Dezember 2015 Seit einigen Tagen ist es bekannt: Papst Franziskus wird den Karlspreis bekommen. Sinnvoller wäre gewesen, ihn an jemanden aus der Mitte der Gesellschaft zu vergeben.

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Wann der Karlspreis im kommenden Jahr 2016 an Papst Franziskus offiziell verliehen wird, ist noch offen. Nach Aachen wird der Papst jedenfalls nicht kommen, um den Preis traditionell an Christi Himmelfahrt im Krönungsaal des Aachener Rathauses entgegenzunehmen. Doch das wird nur zu einer belanglosen Nebensache, wenn man sich die Bedeutung des Karlspreises sowie die Begründung des Direktoriums für die Vergabe an Papst Franziskus klarmacht: Der Karlspreis gilt als wichtige Auszeichnung für Verdienste um die europäische Einigung und wird jährlich an ebenjene Persönlichkeiten verliehen. Dass ihn kommendes Jahr Papst Franziskus erhält, begründet das Direktorium mit dem Engagement seines Pontifikats, das für „Frieden und Verständigung, für Barmherzigkeit, Toleranz, und Solidarität“* steht sowie „herausragende Botschaften und Zeichen“* in die Welt gesetzt hat.

Dass Papst Franziskus sich für ein friedliches Europa einbringt, ist unstrittig. Hat er doch 2014 durchaus kritisch vor dem europäischen Parlament gesprochen. Sein Verhalten ist für die Kirche revolutionär. Sein Engagement besonders für die Armen, Benachteiligten und Migranten beweist Willen und Stärke. Trotzdem ist sein zwielichtiges Verhalten in brisanten Themen wie der Homo-Ehe immer noch nicht in der Moderne angekommen und höchst fragwürdig.

Doch im Jahre 2015, nachdem allen in Deutschland über eine Million Flüchtlinge angekommen sind und es im kommenden Jahr noch viele, viele mehr sein werden, nachdem rechte Tendenzen in ganz Europa drohen, ebenjenes nach nur 23 Jahren zu spalten, hätte man durchaus einen anderen Preisträger ernennen können. Einen, der nicht der politischen Elite angehört.

Doch warum? Schließlich ging der Karlspreis doch fast immer an bekannte, im Rampenlicht stehende Persönlichkeiten. Die Antwort liegt, wie oben skizziert, in Europas aktueller Lage.

Längst merken wir, dass es nicht mehr allein die Politiker oder andere „große“ Persönlichkeiten sind, die Europa derzeit noch zusammenhalten. Viel zu viel Uneinigkeit herrscht in der politischen Landschaft Europas. Papst Franziskus ist, ob gewollt oder nicht, Teil dessen. Es sind wahrlich die unzähligen ehrenamtlichen Helfer, die „kleinen“ Menschen in der Verwaltung und nicht zuletzt Teile der Polizei und Feuerwehr, die tatsächlich Dinge verrichten, an die man so vorher nicht geglaubt hätte. Sie sind es, die den Ankommenden Grund zur Hoffnung geben. Damit unterstützen sie nicht zuletzt auch die innere Einigkeit der Europäischen Union, die sich selbst den Grundsatz gemacht hat, Menschlichkeit zu zeigen und Migranten eine aussichtsreiche Zukunft zu bieten. Sie überlassen es nicht denjenigen, die aus Europa wieder einen Flickenteppich machen wollen. Es ist höchste Zeit, dass Menschen, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen, ausgezeichnet werden. Damit würde man ihnen etwas zurückgeben. Man würde ihnen zeigen, dass ihr Engagement nicht ungeachtet bleibt. Gleichzeitig würde es weitere Menschen anspornen, die Beine in die Hand zu nehmen und sich zu engagieren. Nur so würden die wahren, kleinen, aber oft ungehörten und unbeachteten Helfer auch für ihre Verdienste ausgezeichnet.

Ein ehrenamtlicher Helfer, wie Sie und ich es sein könnten und vielleicht sogar sind, hält die (europäische) Gesellschaft ebenso zusammen. Das sollte angesichts der aktuellen Lage nicht vergessen werden.

* http://www.karlspreis.de/de/aktuelles/karlspreis-2016

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