Frauenquote? Mütterquote?

Gerechtigkeit Die Debatte um die Frauenquote versiegt nicht. Immer wieder kommt aus der Wirtschaft eine Absage. Gebraucht wird die Durchsetzung des sozialen Imperativs.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

von Maria Dorno

„Haben Sie vor, Kinder zu bekommen?“ Die Frage, die Männern gar nicht gestellt wird, führt in einem Personal- oder Bewerbungsgespräch bei vielen Frauen zu einer Gewissensfrage, bei der falschen Antwort vielleicht sogar zu einem erheblichen Nachteil im Konkurrenzkampf um den Job – wenn auch nicht offiziell. Wie kann dem abgeholfen werden? Kann eine Frauenquote hier das richtige Instrument sein? Und: Muss dem überhaupt abgeholfen werden?

Die Debatte um die Frauenquote in der freien Wirtschaft versiegt nicht. Immer wieder ploppt eine neue Forderung hoch. Immer wieder kommt aus der Wirtschaft eine klare Absage. Die Fronten sind verhärtet. Zwischen der „Frauen werden benachteiligt“-Gruppe und der „Frauen werden gar nicht benachteiligt“-Gruppe gibt es kaum eine Zwischenmenge. Beide Seiten versuchen mit empirischen Daten ihre Argumente zu stützen, hauen sich Begriffe wie „gläserne Decke“ oder „rechtliche Gleichheit“ um die Ohren. Der Geschlechterkampf wird bis hin zu Nazi-Vergleichen geführt. Doch ist es überhaupt das Geschlecht an sich, das etwaige Ungerechtigkeiten hervorruft?

Die Möglichkeit der Mutterwerdung als Hindernis

Der Hauptgrund, weshalb Frauen einen Nachteil bei der Suche eines Arbeitsplatzes und beim Aufstieg auf der Karriereleiter haben, ist nicht etwa das Frau-Sein. Es ist das Mutter-Sein beziehungsweise die Möglichkeit der Mutterwerdung. Wenn die Frau schon Mutter ist, fehlen ihr im Auge der Personaler oft Berufserfahrung, Zusatzqualifikationen oder bei einem Wiedereinstiegsversuch einfach die berufliche Praxis. In der Zeit, in der die Frau mit Kinderkriegen und Kindererziehen beschäftigt war, konnten ihre männlichen und weiblichen Nicht-Mütter-Konkurrenten eben diese Berufserfahrung sammeln und sich weiterbilden. Das führt im Endeffekt auch zu unterschiedlichen Aufstiegschancen am oberen Ende der Karriereleiter.

Dieser Nachteil wirkt sich natürlich auch schon vorher aus. Denn allein die Möglichkeit der Mutterwerdung lässt viele Unternehmen von einer Beschäftigung Abstand nehmen. Wird eine Arbeitnehmerin Mutter, steht sie dem Unternehmen für eine gewisse Zeit nicht zu Verfügung. Vakanzen müssen überbrückt werden, der Arbeitgeber muss Zuschüsse zahlen. Da ist es wesentlich einfacher, einen männlichen Kollegen auf die Stelle zu ziehen, oder auch eine Frau, die sich der Mutterwerdung entsagt hat. Für eine solche Entscheidung muss der Arbeitgeber kein schlechter Mensch sein. Er folgt lediglich dem inneren Antrieb des homo oeconomicus. Er hat es auf der Universität oder in der Lehre nicht anders gelernt. Böse ist er also nicht, doch verantwortungsbe-wusstes Handeln mit Blick auf das große Ganze, die Gemeinschaft, sieht anders aus.

Der soziale Imperativ

Die Tatsache, dass eine Frau im Erwerbsleben benachteiligt wird, die mit der Mutterwerdung den wohl größten Dienst in einer aufeinander – und auf Kinder – angewiesenen Gemeinschaft tut, muss jeden, der einen Sinn für Gerechtigkeit hat, zur Verzweiflung bringen. Der Entschluss der daraus gezogen wird, kann nur heißen:

Einer Frau, die eine Auszeit zum Kinderkriegen und Kindererziehen genommen hat, darf daraus auf keinen Fall ein beruflicher Nachteil entstehen.

Man könnte sagen, dass dieser Satz common sense ist. Doch er ist nicht Realität! Was kann man also in der Praxis dafür tun? Die Bremer Soziologin Hilke Brockmann hat vor kurzem eine Mütterquote vorgeschlagen. Doch eine solche Quote geht am Ziel vorbei, denn wie oben beschrieben ist es allein die Möglichkeit der Mutterwerdung, die als Bewertungsgrundlage von Personalabteilungen viele Frauen benachteiligt. Ebenso müssten dann biologische und physische Fragen beantwortet werden, die nicht in die Arbeitswelt gehören.

Eine Frauenquote als Übergangslösung

Also doch eine gesetzliche Frauenquote? Dagegen wird argumentiert, dass eine solche Quote die Unternehmen stark beeinträchtigen würde, da oft nicht genug qualifizierte Bewerberinnen vorhanden seien. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen, entscheiden sich doch immer noch mehr Frauen für das reine Mutter-Sein als Väter für das reine Väter-Sein. Das Problem, dass Frauen für manche Posten nicht Schlange stehen, sollte aber mit der so genannten Flexi-Quote gelöst werden können, bei der sich Unternehmen selbst eine feste Quote setzen müssen. Alternativen zu diesem Modell haben entweder bereits versagt oder versprechen mit ziemlicher Sicherheit zu versagen.

So tragen Appelle an das Verantwortungsbewusstsein der Arbeitgeber seit Jahren keine Früchte. Auf reine Freiwilligkeit kann deshalb nicht mehr gesetzt werden. Die Frauenquote muss kommen! Vielleicht ist sie ja nur für eine kurze Übergangszeit nötig, bis diese Ideen in der Corporate Social Responsibility (CSR) verankert sind und Unternehmen begriffen haben, dass zur sozialen Verantwortung auch die gegenüber den Müttern der Kinder unserer Gesellschaft gehört. Dann braucht es keine Quote mehr. Aber auch bis dahin ist eine flexible Frauenquote nicht der manifestierte und gesetzlich verankerte Geschlechterkampf um die Rosinen der freien Wirtschaft. Sie will nicht der Frau an sich den ihr angeblich zustehenden Teil der Wirtschaft zusprechen. Sie gibt einer (möglichen) Mutter lediglich das Recht auf eine gerechte Behandlung in unserer Gesellschaft.

Zuerst erschienen auf Theatrum Mundi

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

MisterManta

Vordenker, Nachdenker, Blogger und Mitglied der EU

MisterManta

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden