Die Mutterrolle im Wandel der Zeit

Erziehung in Coronazeiten Bei dem früheren Lebenskonzept des Sozialismus, besonders in der sowjetischen Ideologie, opferten sich unsere Eltern und Großeltern für die Familie.

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Dabei hatten sie keine Zeit über ihre eigenen Bedürfnisse nachzudenken. Neben dem Beruf nahm die Familie den gesamten zeitlichen Raum ein. Während die Mutter nach der Arbeit und am Wochenende noch die Familie versorgte und kochte, die Wäsche wusch oder die Wohnung putzte, kümmerte sich der Vater auch um die Kinder und ging durchaus auch mit ihnen spazieren. Gerade in der Nachkriegszeit war es üblich, dass die Mutter als die „eiserne Mutter“ dastand. Nichts und niemand konnte sie erschüttern. Bedingt durch die Traumen des Krieges sollte die heile Welt so schnell wie möglich wieder hergestellt werden und das normale Leben wieder Einzug halten. Sie liebte ihre Familie und opferte sich selbstlos für diese auf. Dabei kommt die Frage auf, ob jemand so sehr liebt, dass er sich selbst opfert, oder opfert sich jemand, weil er so sehr liebt.

Heute, vor allem hier in Deutschland, kann dies geteilt werden. Sich selbst zu opfern, um die Bedürfnisse der anderen zu stillen, kommt immer seltener infrage. Es ist mittlerweile bekannt, dass gleichgültig, ob im Job oder in der Familie, die Person nur gut sein kann, wenn es ihr selbst gut geht. Um dies zu erreichen, muss auf die eigenen Bedürfnisse geachtet werden. In unserer Gesellschaft ist dieses allerdings nur schwer machbar. Das reine Familienleben führt heute bei manchen Müttern nicht nur zu Depressionen, sondern auch zur Altersarmut. Schon aus diesem Grund müssen viele Mütter zusätzlich in Vollzeit arbeiten. Die Öffentlichkeit misst auch daran, was bisher im Leben erreicht wurde, wie erfolgreich jemand ist. Gewissermaßen als Daseinsberechtigung. Stetig auf der Suche nach dem Sinn des Lebens.

Wenn die Frau ihren beruflichen Weg gefunden hat und die Familiengründung dazu kommt, geht sie automatisch den Spagat zwischen Beruf und Familie ein. Dadurch steigt der Druck Leistung zu erbringen weiter. Auf der einen Seite möchte sie weiterhin erfolgreich sein und etwas darstellen, auf der anderen Seite für ihre Familie und ihre Kinder die perfekte Mutter sein. Dies zu erreichen ist nicht leicht. Zumal mit der Arbeit auch die Grundlage für das Alter geschaffen werden soll. Die Großfamilie, wie sie in früheren Zeiten üblich war, gibt es heute nicht mehr. Damals kümmerten sich die Eltern um die Großeltern, um ihnen ihren Ruhestand bis zum Schluss in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Heute ziehen die Großeltern in ein Alternheim, damit sie den Kindern und Enkeln nicht zur Last fallen und diese keine Opfer bringen müssen, da sie bereits den Spagat zwischen Arbeit und der eigenen Familie erbringen.

Die Definition von Liebe und Opfer hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Gerade in der westlichen Welt hat sich auch die Mutterrolle verändert. Sie steht nicht mehr am Herd und versorgt „nur“ die Familie, sondern ihre Emanzipation ist gefragt. Sie trägt ebenso zum Einkommen bei, um in dieser Welt voller Überfluss mithalten zu können. Dabei versucht jeder den anderen zu überbieten. Der Liebesbeweis der heutigen Zeit richtet sich nach den neuen Idealen. Ging es damals in Bezug auf die Kinder primär um die zur Verfügungstellung der Basisnahrung sowie der Einführung in die klassische Männer- (bei Jungen) bzw. Frauenrolle (bei Mädchen), steht in der heutigen Zeit neben der Gesundheit vor allem die Bildung bzw. die Karriere im Vordergrund. Die Quote der Vorschüler ist in den letzten Dekaden stetig gestiegen und teilweise werden schon Zweijährige mit den ersten Englischlektionen beglückt. Lehr- und Fördermaterial wie beispielsweise Montessourispiele oder konzentrationsfördernde Tätigkeiten wie dem Malen nach Zahlen sind heute in fast jeder Familie geläufig.

Lieben und Opfern sollten ein Geben und Nehmen sein. Doch es ist schwierig dieses Gleichgewicht zu halten. Vor allem dann, wenn es selbst anderweitig vorgelebt wurde. Auch heute stellt jedes Elternteil seine eigenen Bedürfnisse zurück, wenn die Kinder zur Schule, zum Sport oder zu Terminen gebracht werden müssen. Die Familie heute ist nicht mehr die Großfamilie von früher, die zusammenrückt, sich gegenseitig stützt und selbstlos opfert. Die Familie heute besteht in der Regel aus zwei Generationen. Die Eltern opfern sich für ihre Kinder, um ihnen ein leichteres und besseres Leben zu ermöglichen. Dadurch bleibt die Opferspirale aufrecht, nur in anderer Form.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Monika Ahrends

Typische Schwerinerin, immer für eine Diskussion zu haben...

Monika Ahrends

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