Buddha, der Urknall und die Carmina Burana

Buchempfehlung Kulturgeschichtliche Miniaturen

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Was hat Buddha mit dem Urknall zu tun, und was beides mit einem Werk der Musik? Und was macht eigentlich unsere Kultur aus?

Die Antwort auf letztere Frage kann sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem natürlich, an wen man sie richtet. Ein Naturwissenschaftler wird vielleicht auf die Erkenntnisse in seinem Fachgebiet und deren technische Nutzung im Alltag verweisen. Ein Künstler aber wird, wie es mancher gelegentlich tut, damit kokettieren, dass er von Physik und Mathematik keine Ahnung habe und die Musik oder die Literatur hernehmen, um Kulturgeschichte zu erklären. Unsere Kultur aber besteht, um vollständig zu sein, aus beidem. Sie erklärt sich nur aus Wissenschaft und Kunst, aus Mathematik, Physik, Chemie und Astronomie genauso wie aus Literatur, Musik, Theater und Malerei. Nur beides zusammen ergibt das Bild einer Spezies, die es in Jahrtausenden verstanden hat, über sich selbst hinaus zu wachsen und zu Erkenntnissen und Fähigkeiten zu gelangen, die weit jenseits des Alltäglichen, des einfach zu Verstehenden, liegen. Wir Menschen sind prinzipiell in der Lage, unsere Welt zu ergründen, zu verstehen und darüber sowohl in wissenschaftlicher wie in künstlerischer Form zu reflektieren, auch wenn nicht jedes einzelne Exemplar von uns dazu fähig und bereit ist.

Kürzlich stieß ich auf ein Buch des Physikers Mathias Scholz, das mich lebhaft zu interessieren begann. Ja, mich elektrisierte das Werk geradezu. Nicht nur, weil ich den in Zittau lebenden Autor schon in meiner Jugend kennengelernt und seine hohe Allgemeinbildung und sein vielseitiges Wissen schätzen gelernt habe, war der Grund dafür. Nein, es war die Art des Buches, die mich sofort ansprach. Sein „Panoptikum interessanter Dinge und Begebenheiten“ bietet auf über achthundert Seiten einen Querschnitt durch die Kulturgeschichte der Menschheit, wie man sie sich amüsanter und kurzweiliger nicht vorstellen kann. Sein Panoptikum reicht von kurzen Exkursionen in die Literatur und Musik bis hin zu Elementarteilchen- und Quantenphysik sowie Aspekten aus der Wissenschafts- und Kunstgeschichte.

Das Buch hat, wenn auch nicht sofort offensichtlich, einen roten Faden, an dem entlang der Autor seinem Leser bekannte und kaum bekannte, vergessene oder teilweise sogar vollkommen unbekannte Fakten in ganz leicht verdaulichen Portionen darzulegen versteht. Dieser Faden ist nichts weniger als die Geistesgeschichte der Menschheit, die in 460 mehr oder weniger kurzen Kapiteln exemplarisch an den geneigten Interessenten weitergereicht wird. Nicht ohne Humor und mit leichtem Augenzwinkern versteht es Mathias Scholz meisterhaft, urplötzlich von einem Thema auf ein völlig anderes zu kommen, ohne dass der Leser den Eindruck hätte, dass dieser Wechsel keinen Sinn ergeben würde.

So ist ein Büchlein entstanden (wobei „lein“ im Angesicht der Seitenzahl eine maßlose Untertreibung ist), dass so recht zum Schmökern einlädt und auch dazu, sich mit einzelnen geschilderten Teilaspekten genauer auseinander zu setzen und im Internet weitere Fakten abzufragen. Es ist ein Buch, das dazu dient, den eigenen Verstand zu gebrauchen und wieder einmal über die großen Zusammenhänge im Weltganzen nachzudenken. Nach dem Lesen der Miniaturen des Panoptikums reift die Erkenntnis: ja, Buddha und der Urknall hängen irgendwie auch mit der Musik zusammen.

Resümierend schreibt Mathias Scholz im letzten Kapitel: „Nur diejenigen, die ein ausgeprägtes Allgemeinwissen mitbringen, sind in der Regel überhaupt erst in der Lage, Dinge und Sachverhalte selbst und kritisch zu beurteilen, da sie verschiedene Facetten betrachtet und dadurch den nötigen Weitblick gewonnen haben. Etwas zu wissen ist aber ohne Zweifel auch ein intellektuelles Vergnügen.“

Dem ist nichts Substanzielles hinzuzufügen. Das Panoptikum ist eines der gescheitesten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe und jedem halbwegs an Bildung Interessierten wärmstens zu empfehlen.

Mathias Scholz „Panoptikum interessanter Dinge und Begebenheiten“, ISBN 978-3-7431-1727-3
(auch als Kindle-E-Book bei Amazon)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Matthias Stark

Autor von Lyrik, Prosa und Essay

Matthias Stark

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