Papenkameraden

Konservative Der Geist steht links? Muss nicht stimmen. Rechts steht er deswegen aber noch lange nicht.

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Kennen Sie den noch? Franz von Papen, letzter Reichskanzler vor einem gewissen Adolf H. Ganz großer Konservativer. Noch 1952, nach gewissen Ereignissen, war für ihn ganz klar: "Der konservative Mensch hat immer fortschrittlich zu sein." Auch wenn's wehtut.

Ihm folgte ein anderer Franz, der Franz Josef: "Der Geist steht links‘ ist nichts anderes als die permanente Wiederholung einer Dummheit." Nun, wo der Geist steht, ist leider auch 2018 noch nicht entschieden. Rechts steht er jedenfalls nicht, auch nicht im neu zu beackernden, politisch so umkämpften Feld "rechts von der Mitte" in das mit papenartiger Verve die neue konservative Speerspitze Spahn/Seehofer ihre ersten Furchen zieht.

Take a Jens on me

"Hartz Vier reicht zum Leben", das Nein zur Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen und bei Plasberg an der Theke durchblicken lassen, dass ihm Kassenpatienten herzlich wurscht sind – Gesundheitsminister Jens Spahn hat einen Lauf. Der blaurasierte Münsterländer legt derzeit auch völlig abseits des Fachressorts eindeutig besser vor als das bayrische Altmuflon Seehofer und das kann man eigentlich nur beachtlich finden. Denn jener versucht mit der Negation eines eh bedeutungslosen Satzes eines abgesetzten Bundespräsidenten zu reüssieren – dabei haben die Frage, ob der Islam nun zu Deutschland gehört oder nicht, bereits rund 5 Millionen in Deutschland lebende Muslime entschieden.

"Stets aber war es in der Geschichte so, daß der Erfolg des Bösen eine unheimliche Faszinationskraft ausübte." Franz v. Papen, 1968

Wem nützen solchen verbalen Aufschläge zu Beginn der Legistlaturperiode, was versuchen sie zu erreichen? Für einen Politiker wie Spahn, der noch viel in seinem politischen Leben erreichen möchte, sind erfolgreiche politische Konzepte per se attraktiv. Viele hält allerdings ein innerer Kompass, ein Moralrest oder einfach ein diffuses Gefühl von Anstand davor zurück, diese Konzepte auch einzusetzen - aus betriebswirtschaftlicher Sicht höchst ineffektiv, für die Verfassung jedoch bestandswahrend.

Jens Spahn hingegen scheint einen solchen Kompass entweder nicht zu besitzen oder irgendwo zwischen Telgte und Kreuzberg die Nadel verloren zu haben - er geht direkt zur Beginn seiner Amtszeit direkt "all in" - und zwar mit dem Rezept der derzeit erfolgreichsten politischen Bewegung in Deutschland. Will er damit Merkel aus dem Amt rempeln? Will er selbst Kanzler werden? Will er einfach nur die seligen, neoliberalen Zeiten zurück? Will er die Haare von Christian Lindner? Ganz egal was er will - er hat das Rampenlicht, ganz für sich allein.

Ganz rechts im Parlament, in einer grün-braunen Wolke aus schlechtem Atem und tausendjährigem Muff, hockt der böse Zauberer Mundgeruch in seinem Tweedjackett mit Labradorkrawatte und freut sich. Er kann in Spahn auf einen Mann setzen, den er früher oder später mit seinen Wahlerfolgen koalitionsreif schießen oder einfach umhauchen wird. Seehofer im Innenminister-Austragshäusl dürfte eh alles egal sein, nach einem, zwei oder vier Jahren auf dem Innenministerschleudersitz mit Söder im Nacken.

Wie hätte Franz von P. das gesehen? Vielleicht so: "Der Schutz von Volk und Staat wird es irgendwann erforderlich machen, dass eine Regierung der konzentrierten konservativen Kräfte Deutschland rettet - und nach zwei Monaten haben wir die AfD in die Ecke gedrückt, dass sie quietscht."

Wer da wohl den längeren und übelriechenderen Atem hat? Viel mehr als ein Botschafterposten in der Türkei ist damals nicht herausgekommen. Dafür ist man dort wenigstens richtig konservativ.

Bild: Franz von Papen, public domain: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vonpapen1.jpg

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