Was wird aus alten Menschen in dreißig Jahren?

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Früher wurden die Alten geschätzt. Heute sind sie ein demographischer Faktor, der allen nur Beschwernisse bereitet. Einher geht eine Respektlosigkeit, die überall zu beobachten ist. Wie soll man auch Respekt haben, wenn das Älterwerden stigmatisiert wird.

Wir haben ein paar Millionen Hartz IV Empfänger und mindestens noch mal so viele in prekären Arbeitsverhältnissen. Diese Menschen können nichts für ihre Altersversorgung tun. Ihnen, das leuchtet ein. Die Mittel und die Einkommen aus denen die Rücklagen gespeist werden können sind nicht vorhanden. Sie werden den nachfolgenden Generationen die wirklichen Probleme bereiten. Eine Finanzierung dieser Menschen im Alter wird uns alle noch sehr viel Geld kosten. Die auf Kurzfristigkeit angelegte Politik vernachlässigt dieses Problem komplett. Was wir heute an indirekten Subventionen durch Leiharbeit, Niedrigstlöhne, befristete Arbeitsverhältnisse den Unternehmen geben, werden die Steuerzahler von Morgen ausgleichen müssen. Deshalb ist es dringend notwendig, dass die Menschen so bezahlt werden, dass sie nicht in 20 oder 30 Jahren wieder zu Bittstellern beim Staat und damit an der Allgemeinheit werden.

Früher konnten die Menschen, die in Rente gingen, auf ein Arbeitsleben zurückblicken, dass ihnen das Gefühl gegeben hat, dass sie was geleistet haben und nun den Ruhestand verdient haben. Die Leiharbeiter, Hartz IV Empfänger, Niedriglöhner werden diesen Stolz nicht mehr haben. Haben sie dann den Respekt, den die Gesellschaft Menschen im Ruhestand entgegenbringt verdient? Menschen, die nicht für sich selber ausreichend sorgen können, werden immer das Gefühl haben, dass sie Menschen zweiter oder dritter Klasse sind. Woher soll dann die Achtung vor dem eigenen Leben und vor der Lebensleistung kommen? Die heutige Geringschätzung dieser Menschen vor sich selbst und von der Gesellschaft wird sie ein ganzes Leben bis zum Tode begleiten. Vor den kommenden moralischen Verwerfungen kann nur gewarnt werden. Die Fehler, die wir heute machen, werden uns einmal furchtbar einholen.

Wenn wir nichts dagegen tun, werden wir eine Debatte über die alternden Generationen erleben, die jeden ethischen und moralischen Rahmen sprengen wird. Wir werden dann darüber diskutieren, wie alt darf ein Mensch, der vom Staat gefördert wird, denn werden. So zynisch es klingt, wenn die Gesundheitspolitik so weiter macht, wird sich vielleicht die Frage nicht mehr stellen. Wir sind alle gefordert dieser Entsolidarisierung, den Niedrigstlöhnen, dem maroden Bildungssystem schön heute entgegenzuwirken. Wir sind aufgerufen, die Dinge vom Ende her zu denken. Wenn wir so weiter machen, stehen uns die großen sozialen Verwerfungen noch bevor.

"Eine Politik, die drohende Übel erst erkennt, wenn sie sich deutlich zeigen, verletzt ihre Grundaufgabe." (Otfried Höffe: Ist die Demokratie zukunftsfähig? München, 2009) Da die derzeitige Politik sich offensichtlich an Umfragen orientiert, wird sie immer kurzatmiger und auch opportunistischer. Der Machterhalt steht vor der Perspektive.

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Geschrieben von

niclas quinten

Schreiben, schreiben und nochmals schreiben. Völlig egal, ob es veröffentlicht wird oder irgendeiner es liest. Status: Schreiber und Leser

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