Ein Chip im Hirn

"Die Reise ins Gehirn" titelt das Handelsblatt sein Schwerpunktthema vom 20. Februar. Zuvor hatten Anfang des Jahres Wissenschaftler ihr Projekt einer Brain Activity Map dargestellt und Mr. President, Mr. Obama, die Bereitschaft der US-Regierung erklärt, das Vorhaben mit rd. 3,5 Mrd. Dollar zu unterstützen.

Dazu braucht es Rechtfertigungen, vor allem wenn die Kassen leer, eigentlich minus-leer, sind. Da gibt es dann den Verweis auf die Grundlagenforschung. Und den Nutzen für die Bekämpfung von Krankheiten (unter Alzheimer, Parkinson, Epilepsie und Depression geht es nicht) sowie den Verweis auf das Humangenom-Projekt, ähnlich hoch finanziert, das je ausgegebenem Dollar 140 in die Wirtschaft der USA gebracht habe. Ja, selbst die Steuereinnahmen hätten fast die Höhe der Ausgaben erreicht. Soviel also zur Legitimation des Government. New frontier, irgendwie.

Was aber soll geschehen? Nicht weniger als die Kartographierung der menschlichen Hirnaktivität. Das Brain Activity Map (BAM) „hat sich zum Ziel gesetzt, die letzten Geheimnisse des menschlichen Gehirns zu entschlüsseln. Dazu soll die komplette neuronale Aktivität des Gehirns mit seinen zwölf stark vernetzten Knotenpunkten und 170.000 km Nervenfasern kartiert werden“ (Handelsblatt, 20.2.2014, Print).

Der Leiter der Forschungsgruppe, Paul Alvisatos, ein Chemiker backt kleinere Brötchen: „Als mittelfristiges Ziel können wir uns vorstellen, in zehn Jahren das komplette Gehirn der Fruchtfliege zu entschlüsseln“ (Handelsblatt, ebenda). Die Fruchtfliege soll eine halbe Million Nervenzellen haben, das menschliche einige Miiliarden. Und um an den Kern dessen zu kommen, was uns im Kopf steuert, müssen alle Transaktionen aller Nervenzellen bei allen Situationen erfasst, gedeutet und eben kartographiert werden. Unmöglich? Wahrscheinlich. Wahrscheinlich unmöglich.

Warum also macht „man“ das trotzdem. Geld. Klar. Vorsprung. Auch klar, das kennt schon AUDI (Vorsprung durch Technik). Neue Medikamente? Hat schon beim Genomprojekt nicht gefunzt. „Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich die molekularen Zusammenhänge als sehr komplex erwiesen (ach ehrlich?, Oi). Amerikanische Forscher entdeckten jüngst, dass die Funktionen der DNA weit über die eigentlichen Gene hinausreichen“ (Handelsblatt, s.o.).

Einen Aspekt des Projektes, das wenn es gut geht mit 3,5 Mrd. Dollar in zehn Jahren die Hirnaktivitäten einer Fruchtfliege abbilden kann, möchte ich herausstellen. Im ersten Schritt wird es um bildgebende Verfahren gehen. Es gilt, zunächst die Messtechnik zu schaffen, um kartographieren zu können. „Die US-Forscher sprechen von gewaltigen Anstrengungen, die im Bereich der Abbildungs- und Sensortechnologien erforderlich sind. (...) Andere Möglichkeiten könnten sich aus der Implantation von Mikroprozessoren ergeben, die wiederum Nervensignale nach außen senden. Solche Prozessoren, so die Hoffnung, wird man mittelfristig auch aus organischen Materialien herstellen“ (Handelsblatt, ebenda).

Ein Chip im Kopf? Der sendet? Und dann bald auch empfängt? Für 140 Dollar für einen? Ich will das nicht, finde es erschreckend.