Ein Revolverbuch

Rezension Wer denkt, man bekomme inhaltliche Positionen zur amerikanischen Politik, der irrt gewaltig. Fire & Fury ist eine Fortsetzung Trumpscher Tweet-Politik.

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Auf über 300 Seiten entfaltet der umstrittene Journalist Wolff Geschichten und Dialoge, wie man sie nur aus dem Boulevard kennt. Und genau darin liegt der Kern des Buches: verkaufen. Aber es ist mehr als nur der Kern, es ist der nüchterne Grund weshalb Donald Trump überhaupt für die US-Präsidentschaft kandidierte.

Es war eine Marketingstrategie, wie er während des Wahlkampfes seiner Frau Melania mitteilte. So gäbe es keine bessere Publicity als Politik. Trump und sein Wahlkampfteam gaben sich keine Mühe zu gewinnen, wohl aber in Fernsehen, Zeitungen und Internet präsent zu sein. Es ist eine moderne Politshow, eine Karikatur amerikanischer Klischees. Trump als Womanizer im Stil Bill Clintons; Russland, das "erpresst"; China, dass das "Nazideutschland des 21. Jahrhunderts ist".

The American Way

Seriöse Politik ist darin nur zu erahnen. Und zwar zwischen den Zeilen "fuck", "shit", "business". Und wer, als aufgeklärter
Mensch, denkt, jeder sei fähig zur Reflexion, zur geistigen Hinterfragung des eigenen Handelns, der kennt "The Donald" schlecht. Er verteilt die Positionen im Kabinett und im Weißen Haus im Sekundentakt, kennt die meisten Komitee und Ausschüsse nicht, ist schlicht nicht gebildet. Seine Entscheidungen basieren auf Idiot/nicht-Idiot. Wer Glück hat und ihm einen Kuchen bringt, erhält vielleicht ein Ministeramt.

Aber das schlimmste ist, dass sich sein Umfeld nicht wirklich davon abhebt. Der Vater seines Schwiegersohns, Jared Kushner, saß im Gefängnis wegen Steuerhinterziehung. Weil der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, dafür verantwortlich war, bekam er den angedachten Job als Minister nicht. Amerikanische Politik, und das wird mehr als deutlich, ist eine Frage der Netzwerke und des Wer-kennt-wen. Keine Inhalte, sondern irrationale und rapide Meinungswechsel bestimmen die Agenda.

Und darin liegt die perverse Konsequenz der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten. Sie ist eine Fortsetzung des mittlerweilen ganz normalen medialen Wahnsinns. Zum Vergleich, Merkels energiepolitische Wende nach Fukushima war ebenso launisch und situativ,
wie ihre Entscheidung die Grenzen zu öffnen. In der Politikwissenschaft nennt man das "rapide Politikwechsel". Sie entbehren jeder demokratischen oder parlamentarischen Diskussion und sind zutiefst intuitiv.

Frank Underwood hatte recht

Politik ist darin nicht gestaltend, sondern reaktiv auf eine online agierende, anonyme Masse. Wenn somit Donald Trump ein Opfer seiner Affekte ist, dann ist er das folgerichtige Symbol einer westlich-liberalen Welt, die unlängst ihre irrationalen Bedürfnisse in einem transmedialen Zirkus aus Angst, Chaos und Entertainment befriedigt.

Frei nach dem "House of Cards"-Präsidenten Frank Underwood, bekommt ein Volk den Anführer den es verdient. Dafür ist das Buch "Fire and Fury - Inside the Trump Administration" geschrieben. Es befriedigt einmal mehr die Schaulustigkeit von Menschen, die sich auch nach über einem Jahr Trump-Schlagzeilen noch nicht an dieser Reality Show satt gesehen haben.

Ironischerweise kann man nur ein einziges Mal einen Blick in die politische Zukunft erhaschen. Nämlich als der Milliardär Rupert Murdoch im Telefonat zu Trump sagt, er solle sich nicht mit den Silicon Valley - Pionieren anlegen. Sie hätten "praktisch" acht Jahre lang die Obama-Administration geführt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Paul Felx

Interessen: Kino/TV, BigData, Gesellschaft.

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