Kernkraft ja oder nein? Und wenn ja, um welchen Preis?

Atomenergie nein Danke? Nicht nur In Europa, sondern auch im fernen Zentralasien wird diese Frage diskutiert!

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Wachsende Atomprobleme in den „Stan Ländern“ haben Auswirkungen weit darüber hinaus!

Der auch in der Europäischen Union nicht unbekannte und auch tätige russische Staatskonzern Rosatom bemüht sich verstärkt mit dem ehemaligen Sowjetstaat Usbekistan einen bindenden Vertrag über den Bau eines Kernkraftwerks inmitten einer sensiblen Region abzuschließen.

Die Anlage soll in der Nähe des Tuzkansees, in der Kysylkum Wüste errichtet werden, einer Kies- und Sandwüste, die zum größten Teil im Inneren des Tieflands von Turan liegt. Sie ist etwa 200.000 km² groß und gehört zu den Staatsgebieten von Turkmenistan, Usbekistan und Kasachstan.

Oleg Malginov, der russische Botschafter in der usbekischen Hauptstadt Taschkent, bestätigte das große Engagement und Interesse Moskaus an diesem Projekt.

Angesichts der Tatsache dass Rosatom hier auch durchaus mit Konkurrenzunternehmen aus anderen Ländern konfrontiert ist, die ebenfalls ihr Augenmerk auf die usbekischen Pläne bzw. generell auf Zentralasien richten, betont man von russischer Seite dass man beim allfälligen Bau höchste Qualität, den Einsatz neuester aber auch bewährter Technologien sowie ein enorm hohes Sicherheitsniveau gewährleisten könne.

Manche meinen aber dass ein Durchziehen dieses Vorhabens, egal durch wen die eigentliche Errichtung dann auch durchgeführt wird, ohne eine vorangehende tiefgehende Risikobewertung, in Folge zu einer Umweltkatastrophe für ganz Mittelasien und darüber hinaus führen könnte.

Ähnlich wie in Europa gehen die Staaten der Region was Atomkraft anbelangt ganz verschiedene Wege und die Meinungen wie der Hunger nach Energie gestillt werden kann gehen sehr auseinander.

Während Ländern wie Deutschland und Österreich die Renaissance der Nuklearenergie ja hermetisch ausschließen gehen andere wie Frankreich oder auch etliche der osteuropäischen Staaten komplett in die gegenseitige Richtung.

Ähnlich verläuft die Diskussion in Zentralasien, daher werden die Entscheidungen die in Taschkent getroffen werden auch Auswirkungen auf Kasachstan haben, dass ebenfalls vor der Wahl steht wohin es such bei der Energieversorgung wenden möchte oder muss.

Einigkeit herrscht nur darüber dass in bereits naher Zukunft weit mehr Energie und diese in stabiler Form erforderlich sein wird, um die wachsende Nachfrage zu decken.

Strittig ist wie überall auch die Frage ob die Atomenergie tatsächlich als grüne Energie eingestuft werden kann, wie es die Europäische Union ja vor einiger Zeit beschlossen hat!

Bei dem in Usbekistan geplantem Bau gilt es aber noch zusätzliche Aspekte zu berücksichtigen.

Die Anlage würde in einer Region errichtet werden in der es allein in den letzten zehn Jahren in einem Umkreis von rund 300 Kilometern zu 230 Erdbeben in der Stärke vier oder mehr kam.

Dazu kommt das unklare Wasserproblem, da das Kraftwerk wie alle Nuklearmeiler permanenter Kühlung bedarf.

Das Gebiet leidet aber jetzt schon an Wassermangel und angesichts der Erwartung weiter voran schreitender Klimaveränderungen steht zu befürchten dass die Versorgungsschwierigkeiten noch zunehmen werden.

Experten weisen darauf hin dass der Tuzkansee nicht über ausreichende Wassermengen verfüge, die zur Kühlung von großen Kernreaktoren erforderlich sein.

Es gibt aber mittlerweile auch Anbieter wie beispielsweise Hyundai Engineering Co aus Südkorea die über die Möglichkeiten und die Technologien verfügen, kleinere Kernkraftwerke mit einem systemintegrierten modularen Hochleistungsreaktor (SMART) zu bauen.

Dies wäre auch insofern eine Option für Usbekistan und darüber hinaus, als dass diese SMART Anlagen weit erdbebensicherer sind und einen weit geringeren Wasserverbrauch aufweisen.

Allerdings spielen bei der anstehenden Entscheidung in Usbekistan auch Diplomatie, Politik und geostrategische Ziele eine Rolle. Insbesondere Moskau möchte seine Positionen in Zentralasien nicht räumen sieht daher die allfälligen Risiken eines großen Kraftwerks als sekundär.

Es fehlt auch an Transparenz bezüglich der Entscheidungsfindung innerhalb Usbekistans, die staatlichen Stellen sind weisungsgebunden, die öffentliche Aufsicht schwach und die Bevölkerung wird praktisch nicht eingebunden und über die Risiken nicht aufgeklärt.

Die Internationale Atomenergie Behörde appellierte jüngst an die usbekische Regierung eine verstärkte und umfassende Analyse und Bewertung über die möglichen Auswirkungen des Baus des Kernkraftwerks auf die Region am Tuzkansee zu erstellen.

Fakt ist dass auch andere zentralasiatische Länder die Entwicklungen in Usbekistan genau beobachten und ihre ebenfalls anstehenden Entscheidungen in welcher Weise sie die Nutzung der Atomenergie forcieren oder stoppen wollen durch die Wege die Taschkent geht beeinflusst werden wird. Bisher galt auch in den anderen „Stan Staaten“ Rosatom als bevorzugter Partner, aber sicherlich nicht um jeden Preis.

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