Zentralasien in turbulenten Zeiten

Ein Krieg ändert die Welt! Während der russisch-ukrainische Konflikt die geopolitische Landschaft verändert, kämpfen Länder auf der ganzen Welt mit den daraus resultierenden politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen.

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Die Verhängung von Sanktionen und Gegenmaßnahmen sowie die Unterbrechung etablierter Produktions- und Lieferketten stellen einige Länder vor große Herausforderungen, während andere ihr Existenz bedroht sehen.


Zentralasien befindet sich in einer besonders schwierigen Lage und ist on diesen Entwicklungen besonders stark betroffen.
Die Staaten dieser Region müssen angesichts der Spannungen zwischen den Weltmächten ein Gleichgewicht wahren, die Sanktionen gegen Russland einhalten aber weiterhin freundschaftliche diplomatische- und Handelsbeziehungen mit Moskau pflegen.


Es braucht eine gut strukturierte kurz-, mittel- und langfristige Außenpolitik. Kasachstan ist für seine berühmte Multi-Vektor-Außenpolitik bekannt, die nun praktisch auf eine neue modifizierte Version 2.0 aktualisiert werden muss.


Kasachstan und Russland haben beispielsweise nach der Grenze zwischen den USA und Kanada die zweitlängste Grenze der Welt. Das bilaterale Handelsvolumen überstieg im Jahr 2023 20 Milliarden US-Dollar und wird auch im Jahr 2024 hoch bleiben.


Folglich kann Astana Moskau als Handelspartner nicht einfach durch ein anderes Land ersetzen – im Vergleich dazu belief sich der Handel zwischen den USA und Kasachstan im selben Jahr auf 3 Milliarden US-Dollar.


Daher ist es nicht verwunderlich, dass Präsident Kassym-Schomart Tokajew dies angekündigt hat“ Wir respektieren die internationalen Sanktionen gegen Russland, riskieren aber keinen Zusammenbruch des bilateralen Handels mit unserem riesigen Nachbarn.“


Die Washington Post veröffentlichte Berichte, die auch on der Europäische Union aufgegriffen wurden, wonach einzelne zentralasiatische Personen und oder Unternehmen, Russland lebenswichtige Technologien wie Halbleiter oder Lager liefern, die die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten eingeschränkt haben, weil sie für militärische Zwecke eingesetzt werden könnten.


Das „Organized Crime and Corruption Reporting Project“ (OCCRP) meldete den Verkauf von Baumwollzellstoff aus Kasachstan und Usbekistan an Russland zur Herstellung von „militärischem Pulver und synthetischen Treibstoffen“.


Mitte 2023 schickte US-Senator Bob Menendez (D-NJ), Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats, einen Brief an den kirgisischen Präsidenten Sadyr Dschaparow, in dem er ausführte, dass Kirgistan zu lax bei der Einhaltung der imminent wichtigen Sanktionen gegen Russland vorgehe und Maßnahmen ergreifen müsse, um die Umgehung dieser in Zukunft zu unterbinden.
Bei einem Besuch in Deutschland im September 2023 versprach der kasachische Präsident Tokajew, die Sanktionen einzuhalten, um sicherzustellen, dass bestimmte Waren nicht nach Russland geliefert werden.


Der US-Botschafter in Kasachstan, Daniel Rosenblum bemerkte: „Kasachstans Erfolgsbilanz bei der Einhaltung der erstmals im Jahr 2022 eingeführten Sanktionen ist gut, sowohl im Hinblick auf seine Fähigkeit, die Umgehung von Sanktionen zu verhindern, als auch im Hinblick auf die Sicherstellung der Einhaltung aller Sanktionen, wenn es um Geschäfte seiner inländischen Unternehmen mit russischen Unternehmen geht.“


Der Wille der Einhaltung ist also von offizieller Seite gegeben, aber natürlich kann es immer wieder dazu kommen, dass einzelne Unternehmen die Regeln brechen, diese werden dann aber eben auch dementsprechend sanktioniert seitens des Staates.
Usbekistan wiederum versprach außerdem ebenso, die Sanktionen bezüglich der Wiederausfuhr europäischer Waren nach Russland einzuhalten.


Die Europäische Union hat ihrerseits eine ausgewogene Haltung in dieser Causa eingenommen und sich auf eine begrenzte Anzahl von Produkten konzentriert, die für die russischen Kriegsanstrengungen von entscheidender Bedeutung sind.


Daniel Rosenblum merkte an, dass es einer „enormen Anstrengung“ bedürfe, damit kasachische Unternehmen weiterhin überleben könnten, ohne gegen Sanktionen zu verstoßen: „Wir haben enorme Anstrengungen unternommen, um mit ihnen zusammenzuarbeiten, um ... einen Reexport zu vermeiden.“


Er räumte auch ein, dass die 45 Kategorien von Technologien, die Beschränkungen unterliegen, breit gefächert seien, was es „schwierig“ mache, die Sanktionen einzuhalten, ohne den Betrieb vieler Unternehmen zu beeinträchtigen. „Wenn die Regierung ein konkretes Problem mit den besonderen Auswirkungen von Sanktionen auf eine Ihrer lokalen Industrien hat, kommen Sie und sprechen Sie mit uns darüber“, appellierte der Botschafter.


Eine ähnliche Ansicht äußerte der EU-Sanktionssprecher David O'Sullivan, der in einem Interview im Dezember sagte: „Wir wollen den traditionellen Handel Usbekistans mit Russland nicht beeinträchtigen.“ Wir müssen aber vermeiden, dass Usbekistan als Plattform zur Umgehung von Sanktionen genutzt wird.“


Mit Ausnahme von Kirgisistan verfolgen amerikanische und europäische Politiker einen diplomatischeren und freundlicheren Ansatz, um ihre zentralasiatischen Partner zur Einhaltung der Sanktionen zu bewegen und sie zu unterstützen.
Die Frage, wie kasachische und andere zentralasiatische Industrien angesichts der Sanktionen und eines sich verändernden geoökonomischen Umfelds überleben können, ist komplex.


Angesichts der Ungleichheit des Volumens im Handel zwischen Kasachstan und den Vereinigten Staaten sowie zwischen Kasachstan und Russland könnte Washington Moskau realistischerweise nicht als Haupthandelspartner Astanas eine zu eins in Kürze ersetzen, ebenso ist es mit den anderen zentralasiatischen Ländern.


Eine spannende bevorstehende Veranstaltung, ist Business 5+1, die im März dieses Jahres in Almaty stattfinden wird.
Es handelt sich um eine „Plattform für den Dialog zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor“, um „Hindernisse für die Geschäftstätigkeit und die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums in der Region“ zu diskutieren, wie es offiziell heißt.
Obwohl Sanktionen Berichten zufolge nicht auf der Tagesordnung stehen, könnten verstärkte Geschäftsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten einige zentralasiatische Unternehmen davon abhalten, eingeschränkte Waren nach Russland zu liefern.
Jedes zentralasiatische Land hat ein anderes Verhältnis zu Russland, daher wäre es falsch, die Situation zu verallgemeinern und zu sagen, dass sich „alle Länder“ gleich verhalten.


Staaten wie Kasachstan sind bereit, Sanktionen einzuhalten, aber da gibt es keinen „easy way“ und ein ständiger Dialog mit Washington und Brüssel auf Augenhöhe ist notwendig.

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