Remember den chilenischen September

50 Jahre Putsch in Chile Der Film "Ich war - ich bin - ich werde sein" ist ein wichtiges Dokument übe das Wüten der chilenischen Junta - es darf nicht vergessen werden. Denn der 11.9. war auch der Beginn einer globalen Konterrevolution

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Chiles Großkapitalisten und bewaffnete Putschisten

jagten einen Mann ins Grab,

der den Armen Hoffnung gab



Welt und Bild noch dazu,

Carstens von der CDU

sahen zufrieden auf das Ende

dieses Frühlings mit Allende

Thaddäus Troll, Amadeus geht durch Land



Diese Zeilen lies der heute fast vergessene Schriftsteller Thaddäus Troll seinen Amadeus vor fast 50 Jahren in der Illustrieren Stern sagen. Kurz zuvor hatte eine faschistische Militärjunta die bürgerlich-demokratisch gewählte - was in bestimmten Kreisen immer besonders betont wurde – Regierung des Linkssozialisten Allende gestürzt und ging mit einen brutalen Terror gegen alle vor, die sich gegen den Putsch wehrten. Tausende Arbeiter*innen, Studierende, Gewerkschaftler*innen wurde verhaftet, gefoltert und ermordet. Und was tat der Werte-Westen, der heute so lautstark Freiheit und Demokratie überall auf der Welt sogar mit Waffen verteidigen will? Er sah weg oder applaudierte den Putschisten und unterstützte sie sogar ganz offen, wie die US-Geheimdienste. Und auch in der BRD war die damalige CDU-Führung unter Carstens (früher NSDAP) erfreut, dass die Linken in Chile verfolgt wurden. Dieser Putsch jährt sich am 9. September zum 50ten Mal? Doch was ist heute noch davon bekannt, vor allem bei jüngeren Menschen? Als kürzlich im Café Sibylle in Berlin der Film „Ich war, ich bin ich werde sein“ von Filme Heynowski & Scheumann gezeigt wurde, war das Publikum älter. Die beiden DDR-Filmemacher haben politisches Kino im besten Sinne gemacht. Sie haben die Reaktionäre dieser Welt entlarvt, in dem sie sie einfach reden ließen, weil sie dachten, sie wären unter Ihresgleichen. So brachten sie in dem Film „Der lachende Mann“ Kongomüller, einen Söldner mit guten Verbindungen zu den Konservativen und einer faschistischen Gesinnung dazu, eines auszuplaudern, was den Herrschenden in der BRD gar nicht passte.



Eingesperrt in der Salpetermine

Auch in Chile konnten Heynowski & Scheumann unter Cover Aufnahmen in zwei Konzentrationslagern machen, in denen das Regime ihre Gegner*innen interniert hatte. Das Filmduo kannte Chile schon von umfangreichen Dreharbeiten in der Regierungszeit der linken Unidad Popular, damals suchten sie auch Kontakt zur Konterrevolution und gaben sich dort als Freunde aus der BRD aus. Das öffnete ihnen auch nach dem Putsch Türen und sie konnten sogar Juntachef Pinochet interviewen, der vor dem Gespenst des Kommunismus warnte, das sich nie ganz vertreiben ließ. Pinochet gab ihnen auch die Erlaubnis in Gegenden zu filmen, die für die Öffentlichkeit gesperrt waren. Aber er verbot ihnen ausdrücklich, die Gefangenenlager zu besuchen, was sie mit einem einfachen Trick unterlaufen konnten. Das aber klappte nur, weil die Rechten sicher waren, sie haben Ihresgleichen vor sich. Es muss also eine gute Tarnung gewesen zu sein. Als eine Art Günther Wallraff der DDR gelang ihnen, die KZ-Realität zu filmen und von der Existenz der Lager, die das Regime immer bestritt, die Weltöffentlichkeit zu informieren.

Die Aufnahmen selber fanden unter strenger militärischer Aufsicht statt. Die Gefangenen konnten nur nach ihren Namen, dem Tag ihrer Verhaftung und ihrer Parteizugehörigkeit befragt werden. Es waren alle linke Christ*innen dort inhaftiert genau so wie Gewerkschaftler*innen und Sozialist*innen, aber auch viele Parteilose, die im Betrieb oder an der Universität die fortschrittliche Regierung verteidigten. Das Lager Chacabuco war in einer trostlosen Salpatermine eingerichtet, wo 100 Jahre zuvor Arbeiter*innen aus allen Teilen Chiles unter menschenunwürdigen Bedingungen Salpeter fördern mussten. Die Gegend war auch eine Wiege der chilenischen Arbeiter*innenbewegung, auch die Kommunistische Partei hatte dort viel Unterstützung bekommen. Unter der Allende-Regierung wurde die verfallende Salpetermie zum Denkmal von kapitalistischer Ausbeutung und Widerstand erklärt. Auch darüber hatten die Filmemacher 1972 Interviews gemacht. Zwei Jahre sassen einige der ehemaligen Arbeiter, die dort einen Gedenkort einrichten wollten, im KZ in der Salpetermine. Im Lager Pisagua wurden auch Frauen von den Filmemachern befragt. Sie antworteten auf die kurzen Fragen nach der Länge ihrer Haft und ihrer Parteimitgliedschaft oft ganz kurz oder auch gar nicht. Dass sah wie ein Stück Widerstand auch unter den erschwerten Bedingungen aus. Nicht befragen konnten Heynowski & Scheumann eine Gruppe junger Gefangener, die in der Ferne bei einen militärischer Spezialprogramm zu sehen waren. Wie viele dieser Menschen hat die Jahre des Faschismus überlebt? Diese Fragen wird am Ende des Films gestellt? Sie ist auch fast 50 Jahre später noch interessant. Denn zum Jahrestag des Putsches solle die chilenische Nacht vor dem Vergessen bewahrt werden



Zeitenwende Chilenischer 11.9.

Damals war für Linke der unterschiedlichsten Couleur eine Zeitenwende. Die Eurokommuninist*innen Südeuropas, vor allem in Italien entwickelten, aus Konsequenz aus der chilenischen Nacht ihr Konzept des historischen Kompromisses mit dem Christdemokraten, damit die nicht wies Chile ins Lager der Konterrevolution überliefen. Damit versozialdemokratisierten diese Nominalkommunisten und wurden trotzdem mit allen Mitteln von der Regierung ferngehalten. Doch der 11.9. in Chile hat eine weltpolitische Bedeutung. Es war der Beginn der kapitalistischen mit Faschisten im Bündnis. Putschistenführer Pinochet war ein enger Freund der britischen Premierministerin Margit Thatcher, die die Erfahrungen von Chile dann gegen die streikenden Bergarbeiter anwendete. Die Konterrevolution kam dann 1989-1991 mit dem Zerfall der Sowjetunionweit zu ihrem gloablen Höhepunkt. Daher sind Filme wie „Ich war, ich bin, ich werde sein“ so wichtig. Der Titel kommt von einem Gedicht von Bert Brecht und ist noch eingelöst. Die Zeit des Kommunismus hatte noch nicht einmal begonnen.


Peter Nowak



Ich war, ich bin, ich werde sein

Regie: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann, 76 Min., Schwarz-Weiß, Dokumentarfilm
Deutsche Demokratische Republik (DDR)
Studio H & S, Berlin, 1974

https://www.defa-stiftung.de/filme/filme-suchen/ich-war-ich-bin-ich-werde-sein/

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Geschrieben von

Peter Nowak

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