Hat sich Corona ausgeschlichen?

Andrea Komlosy Die Wiener Historikerin hat in ihren kürzlich im Promedia-Verlag ein Buch veröffentlicht, das noch vor 1 Jahr für heftige Diskussionen gesorgt hätte. Und heute?

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Ab und an bekommen wir auch diesen Tagen mit , dass da mal ein ganz fieses Virus gab, dass zu einem fast weltweiten Lockdown zur Folge hatte. Manche werden sich noch an die heftigen Zerwürfnisse darüber in der gesellschaftlichen Linken erinnern. Doch die streiten sich mittlerweile über die Ukraine. Und wenn eine US-Stelle nun die These aufgestellt, dass das Virsu doch aus einen chinesischen Labor kam. Da gibt es heute nur ein Schulterzucken. Dabei galt das noch vor einem Jahr als eine typich Trumpsche Verschwörungstheorie.

Die Wiener Historikerin Andrea Komlosy hat in ihren kürzlich im Promedia-Verlag erschienenen Buch Zeitenwende – Corona, Big Data und die kybernetische Vernunft am Beispiel Österreich beschrieben, wie die Staatsmacht durch die Proteste an mehreren Stellen unter Druck gesetzt wurde und schon beschlossene Gesetze - wie die Impfpflicht - letztlich wieder zurückgenommen hat. Aber auch die Ausgangssperren in der Hochphase der Pandemie wurden zumindest in Österreich nicht besonders intensiv durchgesetzt, kann man dem Text entnehmen. Es habe „eine geringe Bereitschaft zur Befolgung wie zur Umsetzung der Kontrolle“ gegeben, widerspricht die Autorin damit allen, die meinten gegen eine Corona-Diktatur kämpfen zu müssen. Komlosys Buch zeichnet sich dadurch aus, dass sie auch Medien und Autor*innen heranzieht, die vorschnell in die Ecke der Querdenkerei abgelegt wurden. Gegen solche Etikettierungen wehrt sie sich zurecht. Schließlich kann die Verschwörungstheorie von gestern morgen eine ernstzunehmende Hypothese sein, siehe die Diskussion um die Herkunft des Virus. Für Komlosy geht es um Argumente statt um Ausgrenzung von Positionen, was in Zeiten, in denen nicht selten zwischen Fakenews und vom herrschenden Narrativ abweichenden Positionen nicht mehr unterschieden wird, auf jeden Fall der verbreiteten Diskussionsunfähigkeit nicht nur aber besonders in der Linken zuwiderläuft. Das bedeutet aber auch, dass man die von Komlosys im Buch gesammelten Argumente prüfen sollte. Da kann man sagen, dass die Pandemie und die Folgen seit 2020 nur in einer Welt passieren konnte, in der eben Kybernetik und digitale Technologien eine entscheidende Rolle spielen. Dafür liefert das Buch viele Beispiele.

Keine Steuerung durch Schwab und Co.

Das ist aber nicht so besonders überraschend, denn natürlich sind die zentralen Technologien einer Epoche die Schlüsselmomente bei der Pandemiebekämpfung. Es ist auch evident, dass durch Corona die Digitalisierung einen massiven Schub bekommen hat, wie man digitalen Unterricht in den Schulen (https://www.berlin.de/sen/bildung/schule/digitale-schule/). Das Virus traf auf eine Welt an der Schwelle zur Digitalisierung und davon wurden auch die Gegenmaßnahmen geprägt. Die in diesen Bereich führenden Konzerne haben natürlich die Gelegenheit genutzt, um die Durchsetzung der Technologien voranzutreiben. Dass aber diese Konzerne die Pandemie gesteuert oder sogar fabriziert haben, wie manche behaupten, dafür findet sich bei Komlosy keine Belege. Sie vertritt diese Thesen auch nicht, auch zum Nutzen der Impfungen äußert sie sich als Nichtmedizinerin erfreulich zurückhaltend. Etwas zu große Bedeutung bekommt bei ihr Klaus Schwab und sein Konzept vom Great Reset. Da hätte man sich ein analytischeres Vorgehen gewünscht, in dem die Relevanz dieser Schrift eingeordnet wird. Es scheint fast, dass vom Great Resert vor allen diejenigen reden, die Schwab und Welt-Economic-Forum eine Macht zusprechen, die sie vielleicht gerne hätten. Im ersten Teil des Buches befasst sich Komlosy mit verschiedenen Konjunkturzyklen recht sachkundig. Allerdings bleibt am Ende unklar, was bei diesen ganzen Theorien eine materialistische Untersuchung und was Science Fiction ist. Besonders bei dem von Komlosys viel zitierten russischen Philosophen Leonid Grinin stellt sich diese Frage. Manche ihrer Thesen von der Disruption, der schöpferischen Zerstörung im Kapitalismus, ähneln den Texten des sozialrevolutionären Theoretikers Detlef Hartmann (https://www.assoziation-a.de/buch/Hartmann_Krisen), der allerdings nicht im Literaturverzeichnis auftaucht. Komlosy hat mit ihren Buch einen Beitrag zur Debatte geliefert, ob die Corona-Zeit eine schnell vergessene Episode war, ob sie Spuren hinterlässt oder ob sie sogar die von ihr eine Zeitenwende darstellt. Es wäre wünschenswert, wenn es diskutiert, widerlegt, ergänzt, erweitert und nicht einfach ignoriert wird.

Am 8. März stellt Andrea Komlosy ab 19 Uhr ihr Buch in der Schankwirtschaft Laidak in der Boddinstraße 42/43 in Berlin-Neuköln vor

Peter Nowak

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Peter Nowak

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