Auftrag erfüllt - Politiker erledigt

Sebastian Edathy Das Verfahren gegen Edathy endete so verfassungs- und rechtswidrig, wie es begonnen hat. Wurde er erledigt, weil er im NSU-Ausschuss manchen Instanzen gefährich wurde?

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Auftrag erfüllt, Edathy erledigt. So könnte man das Ergebnis der Edathy-Affäre zusammenfassen. Sie zeigte, wie es auch in Deutschland möglich ist, einen missliebigen Politiker zur Strecke zu bringen. Erinnert sich noch jemand, wie Sebastian Edathy bekannt wurde, bevor ie verfassungswidrige Schnüffelei in seinen Privatleben begann? Mit seinen unerschrockenen Einsatz im NSU-Ausschuss, wo er sich auch mit VS-Beamten und Ministern anlegte, was ihn schon damals den Ruf der Arroganz und Unnahbarkeit einbrachte. Denn ein Politiker, der in den Medien beliebt sein will, darf so etwas nicht. So begann die sogenannte Edathy-Affäre, die von Anfang verfassungs- und rechtswidrig war.

Die Strafrechtlerin Monika Frommel war eine der wenigen, die sehr früh darauf aufmerksam machte.

„ Es ist nicht nur legal, Fotos welcher Art auch immer von unbekleideten Kindern zu bestellen oder zu haben, sondern es ist eine Grundrechtsausübung. Es gehört in seine höchst persönliche Privatsphäre, und die ist zu achten. Das ist der Kern jeder Grundrechtsausübung, dass meine Intim- und Privatsphäre geachtet wird“, erklärte Frommel im Deutschlandfunk (http://www.deutschlandfunk.de/ermittlungen-gegen-edathy-bilder-von-nackten-jungs-darf.694.de.html?dram%3Aarticle_id=277382)

Es könne nicht sein, dass bürgerliche Existenzen vernichtet würden aufgrund wilder Spekulationen.“

Diese Hoffnung von Frommel, die vielleicht noch von ihren Glauben an den Rechtsstaat gespeist war, erwies sich als falsch. Nun ist klar, es kann sein, dass bürgerliche Existenzen auf Grund von Spekulationen vernichtet werden können, auch wenn die Person freigesprochen wird. So wie der Beginn war auch das Ende des Edathy-Verfahrens rechtswidrig.

Der Strafrechter Mathias Jahn aus Frankfurt/Main wertete das Verlangen der Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen Edathy nur bei einem Geständnis einzustellen in einem Taz-Interview (http://www.taz.de/!155435/ ) als rechtswidrig

Hier die Frage des Redakteurs Christian Rath und die Antwort von Jahn im Wortlaut:

"Die Staatsanwaltschaft verlangt neben einer Geldauflage auch ein Geständnis von Edathy. Ist das zulässig?

Nein, das ist gesetzlich nicht vorgesehen und daher unzulässig. Die Einstellung ist zwar kein Freispruch, der Angeklagte wird dabei aber auch nicht verurteilt und darf sich als „unschuldig“ bezeichnen. Hier ein Geständnis zu verlangen, ist systemwidrig."


Auf die nochmalige Nachfrage des Reporters, ob er hier vielleicht eine Einzel- oder Minderheitsmeinung vertritt, erklärte Jahn, dass sei „die allgemeine Meinung in der Strafrechtswissenschaft“. Allerdings räumte Jahn am Ende auch ein, dass es kein Rechtsmittel gäbe, „um gegen das rechtswidrige Angebot der Staatsanwaltschaft vorgehen zu können.“ Es hat seinen Zweck erfüllt. Die Erklärung Edathys, er habe einen Fehler gemacht, wurde gegen seinen Willen in allen Medien als Geständnis interpretiert.Da half es auch nichts, dass Edathy dieser Lesart sofort widersprach. Nun ist er nicht vorbestraft, aber politisch erledigt. In der SPD wird offen sein Parteiausschluss gefordert, wenn er nicht selber die Partei verlässt. Schon in Vergessenheit ist geraten, dass Edathy ein entschiedener Gegner jenes Thilo Sarrazin ist, der für seinen Sozialchauvinismus natürlich nicht aus der SPD ausgeschlossen wurde.


Der Druck auf Edathy hält weiter an

Andere Politiker haben nun schon den Dreh gefunden, wie sie den Druck auf Edathy, der nun nicht vorbestraft ist, aufrechterhalten können. Sie erinnern daran, dass er nun vor dem merkwürdigen Ausschuss, der da installiert wurde, kein Aussageverweigerungsrecht mehr hat. Dort soll angeblich herausgefunden werden, wer vorzeitig Informationen über die Ermittlungen gegen Edathy an die Öffentlichkeit brachte. Nicht der Ausschuss, aber die Zielrichtung de Fragestellung ist das Problem. Denn eigentlich müsste nun nach seinen Freispruch einmal mehr untersucht werden, wie es zu dieser gesetzes- und verfassungswidrigen Attacke auf einen Bundestagsabgeordneten, der zu frech wurde, kommen konnte. Die gezielte Veröffentlichungspraxis geschah nicht im Interesse von Edathy, sondern ganz im Gegenteil. Es ist darum gegangen, einen möglichen Karrieresprung des ungeliebten Politikers zu verhindern. Zumindest ein Staatssekretärsposten wäre für ihn drin gewesen. Das scheinen manche staatlichen Instanzen als Gefahr gesehen zu haben. Vielleicht wäre unter einem Staatssekretär Edathy doch noch manches im NSU-Ausschuss zur Sprache gekommen, was BKA und VS unangenehm war? Er hatte schließlich schon im Untersuchungsausschuss gezeigt, dass er nicht so einfach vor den Behörden kuscht. Daher wurden die Informationen über die Ermittlungen gestreut. Dass wird ja sogar in den Medien berichten. Aber scheinbar, wagt kaum noch ein Journalist das Naheliegende zu denken, dass hier ein Politiker erledigt, den mache Instanzen. man kann auch sagen, der tiefe Staat, als gefährlich eingeschätzt haben. Wenn man nun nach dem Abschluss des Verfahrens die meisten Kommentare liest, weiß man, dass diesen Instanzen zumindest von dort keine kritischen Nachfragen drohen. Im Fall Edathy hat es bis auf Ausnahmen keine kritische Presse gegeben. So konnte ein verfassungswidrig begonnenes Verfahren auf verfassungswidrige Weise beendet werden und sein Ziel erfüllen, den Politiker Sebastian Edathy zu erledigen und andere abzuschrecken, dass sie bloss nicht zu frech werden .

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Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

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