Adbusting gegen die Nazis

Berlin Busters Social Club Die Gruppe dokumentiert die satirische Veränderung von Plakaten im öffentlichen Raum und hat erstmals eine Geschichte dieser Aktionsform vorgelegt, Heute werden sie in Berlin ihr neuestes Buch vorstellen

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Werbeplakate für die Bundeswehr gehören mittlerweile in vielen Städten in Deutschland zum Straßenbild. Aber nicht alle haben sich daran gewöhnt. Das sieht man an den zahlreichen Adbusting-Aktionen. Damit sind satirische Verfremdungen der Plakate gemeint, die meist von der Polizei schnell entfernt werden. Jetzt gibt es die Möglichkeit, über 100 dieser Politkunstwerke in Ruhe zu betrachten. +Der Berlin Busters Social Club (BBSC), der die satirischen Aktionen unterstützt, hat eine neue Dokumentation der satirischen Aktionen veröffentlicht. Einen Schwerpunkt nahm dabei die Veränderung von Werbeplakaten von Bundeswehr und Polizei ein. Dabei können sich die Leser*innen ein Lachen nicht verkneifen, wenn es auf einen weißen Plakat „Kriegspropaganda zu Klopapier“ heißt. Das Poster war Teil einer antimilitaristische Aktion mit künstlerischen Mitteln gegen den schließlich wegen der Corona-Pandemie abgesagten „Tag der Bundeswehr“ 2020. An diesen Datum wird bundesweit für die Armee geworben. Das Gegenplakat war ein Beitrag zur Kampagne „Tag ohne Bundeswehr“ zu dem verschiedene Gegner*innen von jeden Militarismus aufgerufen haben. Die Herausgeber*innen der Broschüre sahen es auch als Erfolg ihrer Adbusting-Aktionen, dass auch nach dem Ende der Pandemie der Tag der Bundeswehr nur in Kasernen zelebriert wird. Auch die Plakate mit Polizei- und Bundeswehrwerbung habe in Berlin in der letzten Zeit deutlich abgenommen. „Sie waren regelmässig Ziel von Adbusting-Aktionen und dazu hatten die Verantwortlichen einfach keine Lust mehr“ erklärt ein BBSC-Aktivist.

Auch mit juristischen Mitteln konnte die Plakatguerilla nicht gestoppt werden, berichten die Aktivistinnen sichtlich zufrieden. Dafür hatten Polizei und Staatsanwaltschaften keinen Aufwand gescheut, den linken Plakatverfremder*innen das Handwerk zu legen. So wurde ein verändertes Plakat in Erfurt sogar auf DNA-Spuren untersucht. Selbst das Terrorabwehrzentrum der Bundesrepublik hat sich mit der Kommunikationsguerilla befasst. „Doch die wehrte sich mit kreativen Aktionen, parlamentarischen Anfragen und rotzfrecher Öffentlichkeitsarbeit“, erzählt einer der Herausgeber der Dokumentation. In verschiedenen Städten mussten die Staatsanwaltschaften mittlerweile einräumen, dass das politisch motivierte Kapern von Werbevitrinen nicht strafbar ist, solange nichts geklaut und beschädigt wird. So ist der Dokumentation eine Anleitung zu einen gesetzeskonformen Öffnen der Vitrinen beigefügt. Aber mögliche Nachahmer*innen sollten wissen, dass trotz Freisprüchen die Polizei ihre Aktion vorzeitig beenden könnte, warnte einer der Redner vor unvorsichtigen Verhalten beim Adbusten. Am Ende der Broschüre ist ein Zettel eingeklebt, der über einen gesetzeskonformes Öffnen der Vitrinen aufklärt. Dieser Ort wird von den Politikünstler*innen wegen der höheren Aufmerksamkeit gewählt. „Das Plakat in der Vitrine sorgt für mehr Aufmerksamkeit, als wenn es einfach an die Häuserwände pappe“, erklärt ein Aktivst.

Adbusting bis zur Antike

Auch die Geschichte des Adbusting, das bin in die Antike zurückreicht, wird im Buch ausgiebig thematisiert. Da ist es für viele Leser*innen überraschend, dass unter dem Stichwort „Adbusting gegen Hitler“ auch das antifaschistischen Widerstandsnetzwerk Rote Kapelle anführt wird. Einige ihrer Mitglieder hatten im Mai 1942 auf Plakate, die offizielle für die NS-Ausstellung „Das Sowjetparadies“ warben, kleine Handzettel mit der einfachen Frage geklebt. „Ständige Ausstellung – Das Nazi-Paradies, Krieg, Hunger, Gestapo . Wie lange noch?“ Wenige Monate später flog die Widerstandsgruppe Rote Kapelle auf. Nur wenige ihrer Mitglieder entgingen den Hinrichtungen in Plötzensee. Die Dokumentation „Mega Unerhört -Adbusting mit Polizei und Militär" wird von der Deutschen Friedensgesellschaft- Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen und der Bertha von Suttner Stiftung unterstützt und kann bestellt werden unter bbsc@riseup.net.

Heute ab 20 Uhr wird der BBSC auf einer Veranstaltung über Adbusting gegen die Nazis im Stadtteilladen Zielona Gora, in der Grünbergerstr. 73 in Berlin-Friedrichsahin informieren .

Weitere Infos zu der Veranstaltung:

https://kontrapolis.info/9854/

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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