Eine Zwangräumung mit Ansage

Verdrängt in Berlin So lautet der Name einer Doku-Soap über eine Mieter*innenverdrängung in Berlin. Am 6. August soll die Zwangsräumung erfolgen

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Seit mehreren Jahren kämpft eine Wohngemeinschaft in der Dubliner Straße 8 in Berlin-Wedding gegen Vermieterwillkür. Mittlerweile sind alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft Am 6.8. soll sie zwangsgeräumt werden. Diese Geschichte einer Entmietung ist manchen bekannt. In einer Doku-Soap mit mittlerweile 37 Folgen wird die jahrelange Geschichte einer Entmietung in Berlin festgehalten. Knapp zusammenfasst handelt es sich um ein Beispiel, wie Investoren und Justiz immer wieder Gründe suchen, um Mieter*innen zu kündigen. Die Auseinandersetzungen begannen, nachdem die Dubiner Straße 8 von der Briefkastenfirma Großvenediger GmbH gekauft wurde. Kurz darauf wurde die WG mit Kündigungen überhäuft und auf Räumung verklagt.

Kreative Kündigungsgründe

Der Rechtsanwalt der Briefkastenfirma Hans Georg Helwig, konnte dabei zeigen, was mit den Ankündigungen auf seiner Homepage gemeint ist, wo er mit seinen "kreativen rechtlichen Lösungen" wirbt. So verklagte er die WG wegen einer vermeintlich unzulässigen Mietminderung. Ein Wasserschaden wurde nicht behoben, deshalb minderte die WG in Absprache mit ihrem Anwalt die Miete. Vor Gericht argumentierteHans Georg Helwig, dass die Mietminderung zwar zulässig war, sie aber in den darauffolgenden Wochen nicht dem Abtrocknungsgrad des Wasserschadens angepasst worden sei. Das Weddinger Amtsgericht hatte die WG daraufhin zur Räumung verurteilt. Das Urteil wurde wegen schwerer Rechtsfehler in der Berufung aufgehoben und die Räumung wieder abgesagt. Vom Landgericht wurde der Fall wieder an das Amtsgericht Wedding gegeben - wieder zum gleichen Richter. Hans Georg Helwig dachte sich in der nächsten Verhandlung einen neuen Kündigungsgrund aus: Er behauptete, die WG sei gar keine WG, sondern eine "Personenmehrzahl". Diese Behauptung dient dazu, der WG ihre Rechte auf Hauptmieter*innen-Wechsel abzusprechen. Während man in einer WG die MieterInnen selbstständig wechseln kann, bedeutet ein Wechsel bei einer Nicht-WG eine "unerlaubte Überlassung der Wohnung an Dritte" - und ist dadurch ein Kündigungsgrund. Das Weddinger Amtsgerichtbestätigt ,dass die 4 jungen Menschen in der Wohnung keine WG sind. Bei 2 Frauen und 2 Männer in einer Wohnung handle es sich ganz klar um Paarbeziehungen, so das Gericht. Zeug*nnen und Beweismittel, wie Briefe und Emails, die die WG schon vor Einzug als WG bezeichnen, wurden nicht zugelassen. Als die WG versuchte, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einzureichen, wurde die Beschwerde ohne nähere Begründung zurückgewiesen. Eine Verfassungsbeschwerde wäre zwar noch möglich, hätte aber keine aufschiebende Wirkung und würde nicht von der Rechtsschutzversicherung bezahlt werden. Das Räumungsurteil wird jetzt also rechtskräftig. Den Räumungstitel will die Gerichtsvollzieherin am 6.8. ab 7 Uhr morgens angekündigt. Die Stadtteilinitiative Hände weg vom Wedding hat gemeinsam mit den betroffenen MieterInnen und UnterstützerInnen für 6 Uhr vor der Dubliner Straße 8 zu einer Demonstration aufgerufen.

Peter Nowak

Hier der Dokusoap, die anzeigt, wie Investoren und eine ihnen hörige Justiz den Krieg gegen Mieter*innenrechte führen

http://haendewegvomwedding.blogsport.eu/?tag=verdraengt-in-berlin

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Geschrieben von

Peter Nowak

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