Eine Zwangsräumung  - kein Thema für den RBB?

ERNO Die Briefkastenfirma ist für eine Zwangsräumung in Berlin-Treptow verantwortlich. Für den RBB kein Grund zu Berichten, der wartete auf Randale.

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Mehr als 3. Stunden blockierten ca. 60 Menschen in der Kiefholzer Straße 8 im Stadtteil Treptow in Berlin am Mittwoch eine Zwangsräumung. Dort hatte sich für 11 Uhr die Gerichtsvollzieherin angesagt. Sie sollte die Wohnung von Frank A. räumen. Er hatte die Miete gemindert, weil in der Küche die Heizung nicht funktionierte und sich das Fenster in einem anderen Raum nicht öffnen ließ.

Die ERNO-Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in Hamburg, die das Haus 2015 gekauft hat, klagte gegen Frank A. und bekam vor Gericht Recht. Er habe die Miete zu Unrecht gemindert und wurde zur Räumung der Wohnung verurteilt. „Obwohl der Mieter die geminderten Beträge vollständig nachzahlte, bestanden die Eigentümer auf die Räumung“, empörte sich David Schuster vom Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ (http://berlin.zwangsraeumungverhindern.org). Die Initiative hatte erst vor einer Woche von dem Räumungstermin erfahren. Daher zeigte sich Schuster zufrieden, dass die Mobilisierung geklappt hat. Auch Anwohner*innen schlossen sich spontan den Protesten an. Doch alle Versuche, die Gerichtsvollzieherin und die Vertreterin der Eigentümer zur Absage der Räumung zu bewegen, waren vergeblich. Sie forderten die Polizei an. Gegen 13.30 Uhr drohte die Situation zu eskalieren, als die Polizei drohte, die Blockade vor der Haustür und dem Gartentor zu räumen. Auch eine Ramme sollte zum Einsatz kommen. In letzter Minute rief Mieter Frank A. aus dem Fenster, dass er allen für die Solidarität danke und bat den Widerstand zu beenden. Er wolle jetzt aber die Wohnung „mit erhobenem Haupt“ verlassen. Als er wenige Minuten später das Haus verließ, gab es von den Unterstützer*innen spontanen Applaus. Er sei jetzt wohnungslos und hoffe, dass er auf einem Sofa bei seiner Mutter übernachten kann, erklärte Frank A. Auch ein Großteil seiner Möbel und persönlicher Gegenstände seien in der nun gesperrten Wohnung geblieben, weil er sich eine Lagerung finanziell nicht leisten könne.

Rote Karte für den RBB

Unter den wenigen Pressevertreter*innen, die am Mittwoch vor der Kiefholzer Straße aufkreuzten, war auch ein Team des RBB. Sie hatten ihre Kameras aufgebaut und filmten eifrig. Doch kaum war die Blockade auf Wusch des Mieters zu Ende packte das Team die Kameras ein. Es wurde nichts gesendet. Der RBB hatte nur darauf spekuliert, dass es eine polizeiliche Räumung, Verletzte und vielleicht Festnahmen gab. Dann hätte der RBB berichtet. Die Tatsache, dass ein Mieter geräumt wurde, keine Wohnung mehr hat, nur weil er wegen gravierender Mängel die Miete minderte, ist für den RBB kein Grund zu berichten. Die Tatsache, dass sich der Mieter trotzdem nicht unterkriegen ließ, sich nicht schämte und still und heimlich die Wohnung verließ, sondern Widerstand leiste, die Tatsache, dass sich solidarische Menschen fanden, die aus unterschiedlichen Stadtteilen Berlins in die Kiefholzer Straße 8 kamen, um Frank A. in den schweren Stunden zu unterstützen, war dem RBB keinen Bericht Wert. Die Tatsache, dass die Polizei gegen diesen Akt der Solidarität nicht nur einen Rammbock zur Anwendung bringen wollte, sondern auch drohte, sämtliche Teilnahme der Blockade wegen Eingriff in polizeiliche Maßnahmen und Widerstand zu belangen, was auch geheißen hätte, vorher alle zu erfassen und ihre Daten aufzunehmen, war für den RBB kein Grund zur Berichterstattung. Diese Drohung war es, die den Mieter Frank A. animierte, zum Abbruch der Blockade aufzurufen. Er wollte nicht, dass Menschen verletzt und juristisch belangt werden, weil sie sich mit ihm solidarisieren. Das war dem RBB keine Nachricht Wert. Was soll man von einem Sender halten, der nur berichtet, wenn es Polizeieinsätze gibt und für den Zwangsräumungen kein Thema ist? Warum nicht vor dem Sender eine Kundgebung organisieren, um ihm die Karte zeigen.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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