Falsche Freunde Kubas

LINKE Kubadebatte Haben diejenigen, die jetzt jeden Dialog mit kritischen Künstler*innen in Kuba als Verrat geißeln, nichts aus dem Fehler der Biermann-Ausweisung in der DDR gelernt?

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Die LINKE hat sich in den letzten Tagen eine merkwürdige Kubadebatte geleistet. Jetzt soll alles auf einem Missverständnis beruhen. Als Sündenbock wurde dann die Tageszeitung Neues Deutschland und deren Kolumnist Matti Steinitz, ein parteiloser linken Wissenschaftler, ausgemacht, der angeblich in einer ND-Kolumne einen Beschluss der Linken falsch interpretiert habe. Kern des Streits war die Frage, ob in die Solidarität mit Kuba auch nonkonformistisch Künstle*rinnen wie das Moviemento San Isidro (MSI) einbezogen werden soll. Matti Steinitz sah darin einen linken Internationalismus, der sich eben auch im Fall von Kuba nicht nur auf Staatspolitik stützen soll. Für die zahlreichen Kritiker*innen von Steinitz war das ein Sakrileg, so als hätte die Linke den Sozialismus gleich noch mal verraten.

Das MSI und alle die tatsächlichen oder vermeinlichen Unterstützer*innen sind nach der Lesart der wahren Freund*innen Kubas nur Handlanger*innen der USA. Nun muss ich gestehen, dass ich nicht weiß, was diese Künstler*innen wollen und ob sie von den USA und dann noch wissentlich unterstützt werden. Ich würde mich freuen, wenn diejenigen, die jetzt alles so genau wissen, ihre Quellen offenlegen und das sollten nicht nur Statements der kubanischen Regierung sein. Matti Steinitz spricht davon, dass die Künstler*innen sehr unterschiedlich sind, sich nicht auf eine bestimmte politische Linie einengen lassen, dass sie von rechts instrumentalisiert würden, aber eine Finanzierung durch die USA nicht nachweisbar sei.

Habt Ihr nichts gelernt aus der falschen Biermann-Ausweisung?

Was mich bei der ganzen Debatte am meisten irritiert: Haben die Freund*innen der Kubanischen Revolution aus der Geschichte des Untergangs des Nominalsozialismus und speziell der DDR nichts gelernt? Heute sehen viele Linke in der Biermann-Ausweisung und der nachfolgenden Migration vieler kritischer Künstler*innen den Anfang vom Ende der DDR. Auch damals wurden auch alle diese nonkonformistischen Kritiker*innen zu Agent*innen der BRD erklärt. Damals waren sie es nicht, manche spielten diese Rolle später, viele nie. Damals wurde durch eine autoritäre Politik eine ganze Generation von Künstler*innen der DDR entfremdet. Manche der Protagonist*innen auf Seiten der SED haben das später als großen Fehler erkannt, zu spät allerdings. Und nun scheint es so, als wollten manche den Fehler in Kuba wiederholen. Durch eine autoritäre Staatspolitik könnten kritische Künstler*innen dauerhaft von kubanischen Modell entfremdet werden. Dabei kann sich die kubanische Politik einen Dialog auch mit ihren Kritiker*innen leisten und auch Fehler einräumen und korrigieren. Das zeigte sich im Umgang mit Homosexuellen nach der Revolution. Bis weit in die 1960er Jahre muss man von einer schwulenfeindlichen Politik in Kuba reden, da soll und kann man nichts beschönigen. Seit den 1980er hat Kuba eine fortschrittliche Politik in Bezug auf sexuelle Minderheiten und ist damit auch über den amerikanischen Kontinent hinaus vorbildlich. Warum nicht auch einen Dialog mit kritischen Künstler*innen? Wer das fordert, könnte sich langfristig als der bessere Freund der kubanischen Revolution erweisen, als manche, die der kubanischen Regierung empfehlen, die Fehler die die DDR-Regierung bei der Biermann-Ausweisung gemacht hat, zu wiederholen.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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