Solidarische Wohnen in Leipzig

SoWo eG Leipzig Heute findet um 19 Uhr in der Merseburger Straße 38c in Leipzig eine Infoveranstaltung der Genossenschaft Solidarisches Wohnen (So Wo Leipzig eG) statt.

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Der Sozialwissenschaftler und Recht auf Stadt-Aktivist Tobias Bernet gehört zu den Mitbegründern. Peter Nowak sprach mit ihm über Sinn und Zweck der Genossenschaft.


Wie entstand die Idee zur SoWo?
Einerseits ist in Leipzig in den letzten etwa zehn Jahren ein großer Erfahrungsschatz bezüglich selbstverwaltetem Wohnen entstanden. Wegen großem Leerstand gab es eine Zeit lang gute Voraussetzungen für die Gründung von gemeinschaftlichen Hausprojekten. Mit dem anhaltenden Bevölkerungswachstum geht dieses Zeitfenster nun aber zu Ende, leere Häuser zu vernünftigen Preisen gibt es so gut wie nicht mehr.
Andererseits kommen zunehmend die Bewohner*innen in normalen Mietshäusern unter Druck: Gerade in Gebäuden, die nicht auf dem neusten Sanierungsstand sind, drohen nach einem Verkauf empfindliche
Mietsteigerungen. An diesem Punkt will die SoWo mittels genossenschaftlicher Hausübernahmen intervenieren und so auch bewährten Selbstverwaltungsmodellen in einer wachsenden Stadt eine Zukunft schaffen.

Wie viele Häuser gehören zur Genossenschaft und wie ist der Struktur der Bewohner?
Die SoWo hat bisher zwei Häuser erworben; ein drittes dürfte bald dazu kommen, über weitere wird verhandelt. Unter den bisherigen Bewohner*innen und Projektmitgliedern sind viele, aber keineswegs ausschließlich Studierende und Akademiker*innen; die Einkommen dürften eher unterer Durchschnitt sein, der Altersschwerpunkt deutlich unter 40.


Sie bezeichnen die SoWo als „handlungsfähige Alternative auf demzunehmend profitgetriebenen Leipziger Wohnungsmarkt“. Aber kann es eine Lösung für Zigtausende fehlende Wohnungen sein?

Das sicher nicht. Aber erstens ist es wesentlich effizienter, bezahlbareMieten im Altbaubestand durch dauerhaft nicht-profitorientierteBewirtschaftung zu sichern als von Neubaukosten teuer"herunterzufördern". Zweitens wollen wir durchaus in absehbarer Zeitauch sinnvolle Neubauprojekte angehen. Und drittens auch ein bisschen ein Stachel im Fleisch der etablierten großen Genossenschaften sein, die bisher eine sehr besitzstandswahrende Haltung einnehmen und – weil sie selber in einzelnen Stadtteilen noch Leerstände haben – die Wohnungsnot in Leipzig kleinreden.

Haben Menschen mit geringen Einkommen eine Möglichkeit in derSoWo?
Auf jeden Fall. Im ersten Haus, das wir seit Anfang September verwalten,liegen die Netto-Kaltmieten unter 5 Euro pro Quadratmeter. Das ist nichtnur unter dem Angebots-, sondern auch unter demBestandsmieten-Durchschnitt in Leipzig und im Bereich dessen, was auchdas Jobcenter übernimmt – obwohl dessen Sätze eigentlich schon langerealitätsfern sind. In einem weiteren Haus, über das wir derzeit verhandeln, dürften wir eine ähnliche Miethöhe schaffen. Das geht dank wohlwollenden Verkäuferinnen, die vernünftige Preise akzeptierten. Inunserem aus einer Mietkampf-Situation heraus gekauften zweiten Haus werden wir bezeichnenderweise nach der Sanierung mit höheren Mieten kalkulieren müssen.


Am 4.10. soll es in Leipzig eine Infoveranstaltung geben. Was sind Ihre nächsten Ziele?

Die Startphase brachte zeitweise ein sehr hohes Maß an bisher weitestgehend unbezahlter Arbeit für den aktiven Kern der Genossenschaft mit sich. Wir bemühen uns weiterhin, unsere Strukturen und Abläufe auf solide Füße zu stellen und die von Anfang an geplante Professionalisierung voranzubringen. Weil es da auch um die Bezahlung von Leuten geht, ist an diesem Punkt Transparenz sicher sehr wichtig. Deswegen soll dieses Thema bald bei einem "Zukunftswochenende" behandelt werden, wo Vertreter*innen aller bisherigen und angedachten SoWo-Häuser dabei sind. Wir wollen uns so aufstelen, dass wir im nächsten Jahr die nächsten Häuser erwerben können.

Hier der Link zur Homepage der Solidarischen Wohngenosschaft Leipzig:

https://sowo-eg.org

Interview: Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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