Josef Joffe weiß, was Michel denken muss

Lernunfähig: Der Herausgeber der Zeit will uns mit "Zeitenwende" klar machen, dass Frieden nur mit militärischen Mitteln erhalten werden kann. Hierin sieht er keinen Widerspruch.

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In der Ausgabe der Zeit Nr. 28 vom 03. Juli 2014 werden uns in mehreren Beiträgen die militärischen Notwendigkeiten erklärt, die zwingend der Friedenssicherung dienen sollen. Deshalb leitet Volker Rühe, bekanntlich ein ausgezeichneter Friedenspolitiker eine Kommission, die nichts anderes ausarbeiten soll, als dem Parlament klarzumachen, wie man sich bei verteilten Aufgaben im Bündnis zu verhalten hat. Denn wo kämen wir hin, wenn jedes Land aus demokratischen Gründen seinen Beitrag verweigern würde und die ganze Maschinerie ins stocken käme. Da müsste jede Nation das komplette Arsenal vorhalten und das wäre schließlich aus Kostengründen dem Steuerzahler nicht zuzumuten.

Fazit: Aus ökonomischen und militärischen Gesichtspunkten heraus muss sich der Parlamentsvorbehalt einordnen.

Auf der zweiten Seite der Zeit, in der Rubrik Politik, dürfen sich Jochen Bittner (pro Kampfdrohnen) und Peter Dausend (contra Kampfdrohnen) auslassen. Wobei ich mir hier nicht sicher bin, ob es sich bei einem Herausgeber Josef Joffe um eine reine Alibiveranstaltung handelt.

Ich habe mich bei der Auswahl auf Josef Joffe konzentriert, weil der Mann für mich eine Reizfigur ist. Er sieht seine Aufgabe in der unverbrüchlichen Treue zum Bündnis und natürlich auch der NATO. Dabei gewichtet Joffe allein, was er für Recht hält oder nicht.

Nun kurz zu seinen Auslassungen und Verdrehungen von Fakten:
1. „Zuletzt wurde die Souveränität in Europa verletzt, als der Warschauer Pakt 1968 in Prag einfiel – bis in diesem Jahr der Stärkere zum ersten Mal seit 1945 ein Stück Land, die Krim, raubte.“

Hier unterschlägt uns Joffe wie selbstverständlich den völkerrechtswidrigen Krieg im Kosovo. Mit diesem Krieg gegen Jugoslawien ohne UN-Mandat haben die Nato-Staaten das Völkerrecht gebrochen und dabei die Öffentlichkeit manipuliert.

2. Das ist der Drehpunkt der Zeitenwende. Die revisionistischen Spieler – Russland, der Iran, Isis, China – haben diese Selbsteindämmung der Weltmacht sehr wohl erkannt und daraus ihre opportunistischen Schlüsse gezogen. Stünden noch 300.000 US-Soldaten in Europa, hätte Putin gegenüber Krim und Kiew vorsichtiger kalkuliert. Und Isis ist die Quittung für den Truppenabzug 2011.“

Diese oberflächliche und primitive Folgerung hätte ich noch nicht einmal Joffe zugetraut. Allein die Zusammenstellung des Bösen. Der Iran, von dem bekanntlich schon immer Kriege ausgegangen sind und den Amerika (und natürlich GB) von einer drohenden Sozialisierung unter Mossadeg bewahrt haben. Die anschließende Diktatur war dann eine rein kosmetische Operationen zur Erhaltung des Friedens.

Die ISIS wiederum hat nichts und absolut nichts mit der Invasion der Amerikaner und der katastrophalen Hinterlassenschaft mit einseitigen Förderungen und Bewaffnungen unterschiedlichster Strömungen zu tun. Nein, die ISIS gibt es nur, weil die Amerikaner ihre Truppen abgezogen haben.

Joffe argumentiert immer vom Ende der Entwicklung her. Er legt sich seine Argumente dann so zurecht, bis sie in sein bellizistisches Weltbild passen. Nur, so einfach schaffen es die Meinungsbildner nicht mehr, uns zu verbiegen. Dieses seinen alten Weltbildern verhaftete Denken ist wohl nicht mehr kurierbar. Für einen Medienmacher das schlechteste Zeugnis.

Abschließend stellt sich mir noch die Frage, aus welchem ethischen Selbstbild Joffe aus operiert. Glaubt er wirklich, dass der Verzicht auf Machtpolitik, der Verzicht auf den Einsatz militärischer Mittel eine reine Utopie ist?

Er verkennt oder ignoriert, dass die sogenannten Alternativlosigkeiten eben das Ergebnis jener Kräfte sind, die er für Realpolitik hält und die Steigbügel hält. Also eine klassische Verwechslung von Ursachen und Wirkungen.

"Zeitenwende" (von Josef Joffe)

Josef Joffe ist Mitherausgeber der Zeit.

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