Die Zeit für den Dschihad mit der Feder

Breitscheidplatz Heute Morgen sind wir alle Berlin. Wir sind erschüttert und tieftraurig über die Ereignisse des gestrigen Abends.

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Nicht nur die abscheuliche Tat auf dem Berliner Weihnachtsmarkt prägten den Montagabend, sondern auch der Anschlag auf die Moschee in Zürich, sowie das Attentat auf den russischen Botschafter in Ankara haben uns in Angst und Schrecken versetzt. Während der Großteil der Menschen versucht, diesen Schock zu verarbeiten, gibt es andere, die solche mörderischen Anschläge feiern.

Wie so oft nach jedem blutigen Anschlag, fragen sich die meisten Menschen: Wie kann es sein, dass jemand so herzlos ist? Wie kann ein Mensch zu einem barbarischen Mord fähig sein?

Leider wird in den meisten Fällen ein komplexer Sachverhalt nicht abstrahiert und man beschränkt sich auf einzelne Indikatoren. Meist wird der Grund in der sozialen Herkunft, Religion und in kulturellen Aspekten gesucht. Nur selten wird nachvollzogen, wie kam es denn zu einer Radikalisierung? Ist wirklich der Islam und die Lehren im Koran Schuld, dass jemand einen solchen Anschlag auf Unschuldige verübt?

Im Koran heißt es:

(...) Wenn jemand einen Menschen tötet (...), so ist es, als hätte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, so ist es, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten.

(Sure 5, Vers 32)

Diese eindeutige Botschaft ist gar nicht fehl zu interpretieren. Jetzt wird oft behauptet, dieser Vers wäre nur an das Volk Israels gerichtet. Da es vorangehend heißt:

Aus diesem Grund haben wir den Kindern Israels verordnet, dass jemand einen Menschen tötet(…)“ (Sure 5, Vers 33)

Der Koran stellt den Anspruch, für die ganze Menschheit gültig zu sein. Für jedes Volk, für jede Rasse und Nation. Es ist die letzte gesetzgebende Schrift, die gesandt worden ist. Genau wegen diesem Anspruch enthält der Koran viele Verweise und Geschichten, die genauso auch im Alten Testament erzählt werden. Die Botschaften, die Moses, Jesus, Krishna, Zoroaster und andere Propheten gebracht haben, sind wie Nebenflüsse, die in einen Strom münden. Dieser Strom ist der Islam, der sich mit einer universellen Botschaft an alle Menschen wendet. Wie kann es also sein, dass der Koran einzelne Völker und Gebote ohne Sinn erwähnt. Zumal diese auch nirgends aufgehoben werden.

Wie auch Jesus (Friede sei auf Ihn) bereits sagte:

„Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen sei, das Gesetz der Propheten aufzulösen.“ (Matthäus 5: 17,18)

Keine gottgegebene Lehre wird durch eine andere aufgehoben. Dass sie nun aber verzerrt und verändert wurden, daran besteht kein Zweifel. Durch Menschenhand wurden die reinen Lehren der verschiedenen Religionen beschmutzt. So sieht man in der heutigen Zeit viele religiöse Gelehrte, die Hass predigen, die zum Töten aufrufen und das angeblich durch den Islam belegen.

Eine Prophezeiung

Der Prophet Muhammad (Allahs Segen und Frieden seien auf Ihn) sagte bereits zu seiner Zeit:

Hadhrat Ali (ra) berichtet, dass der Heilige Prophet (s) sagte: Eine Zeit wird kommen,

wenn vom Islam nichts anderes mehr übrig bleiben wird als sein Name, und vom Heiligen Qur'ân nichts übrig bleiben wird als seine Buchstaben. Die Moscheen werden prachtvolle Bauten und voller Anbeter sein; was jedoch die Rechtleitung angeht, werden sie leer und verlassen sein. Ihre Ulama (Religionsgelehrten) werden die schlimmsten aller Kreaturen unter dem Firmament des Himmels sein. Üble Verschwörungen (Fitnah) werden von ihnen ausgehen; und zu ihnen werden sie zurückkehren. [MISHKAT]

Man sieht in der heutigen Zeit, wie diese Prophezeiung wahr wird. Wenn sogenannte Muslime den Mord Unschuldiger als Vergeltung für den Krieg in Syrien feiern. Wie sie denken, dass man durch den Mord eines anderen das Blutbad stoppen kann. Die Tränen, der Schmerz und das Leiden der Menschen in Syrien wird keineswegs geringer, wenn man weiteres Blut vergießt. Frieden kann nicht durch Krieg erlangt werden. Und wer den Mord eines Menschen feiert, der hat die friedlichen Lehren des Islam nicht im geringsten verstanden.

Ob die Tat in Berlin ideologisch angehaucht war, ist noch nicht ersichtlich. Jedoch viel wichtiger ist es, wie man gegen eine solche Denkweise vorgehen kann. Ich sehe emotionsgeladene Argumente, man solle nicht nutzlos herumsitzen. Man solle für seine Brüder und Schwestern im Islam aufstehen und kämpfen. Das sind junge Menschen, die sich tagtäglich Bilder anschauen: Von Kindern die sterben, von Frauen, die blutüberströmt auf den Straßen liegen und von Männern, die vor ihren kaputten Häusern stehen. Diese Jugendlichen beschimpfen westliche Regierungen als Ungläubige und wollen sich für die Interventionen in diesen Ländern rächen. Diese sogenannten Muslime haben meist keine Ahnung von ihrer Religion, auch sind sie unwissend über die Gebote Gottes. Sie kennen sich nicht mit der Biografie des Propheten Muhammed (Frieden und Segen seien auf Ihn) aus. Das ist für sie aber auch eher zweitrangig. Sie berufen sich darauf, den wahren Dschihad im Namen Gottes zu erbringen.

Was ist der Dschihad im Islam?

Zuerst einmal gibt es keinen „heiligen“ Krieg im Islam. Dschihad bedeutet: eine Anstrengung auf dem Wege Gottes. Diese Muslime berufen sich auf den Propheten (Frieden und Segen seien auf Ihn), da sie davon ausgehen, dass er Krieg geführt hätte, um den Islam zu etablieren, vernachlässigen aber gleichzeitig den Aspekt: Das war ein Verteidigungskrieg.

Der Prophet (Frieden und Segen seien auf Ihn) ist kein einziges mal für seine eigene Wünsche und Bedürfnisse aufgestanden. Ganz im Gegenteil haben er und seine Anhänger sehr viel Leid ertragen müssen. Sie wurden beschimpft, bespuckt und gefoltert. Alldem haben sie mit Geduld und Liebe entgegen gehalten. Als das Leiden Tag für Tag zunahm, verließ der Prophet auf Gottes Befehl seine Heimatstadt Mekka. Erst als die Ungerechtigkeit unglaublichen Höhen erreicht hat und die Tyrannen den Islam auszulöschen drohten, durfte sich der Prophet mit seinen Anhängern verteidigen. Das ist der kleinste Dschihad. Jetzt sollte man seinen Augenmerk auf die Bedingungen legen, die voraussetzen, keine Alten, Kranken, Frauen und Kinder zu töten. Heilige Stätten wie Moscheen, Kirchen und Synagogen zu schützen. Sobald jemand kapituliert, auch sofort den Kampf zu beenden.

Auch vernachlässigen diese Muslime den zeitgenössischen Kontext.
Der Islam wurde nicht durch das Schwert etabliert, sondern durch Gottes Hand. Zur heutigen Zeit ist es nicht mehr erforderlich, mit dem Schwert zu kämpfen und sich vor den Angriffen anderer zu verteidigen.

Es ist an der Zeit, die wahren und friedlichen Lehren des Islam zu verkünden. Es ist die Zeit für den Dschihad mit der Feder.

Der Verheißene Messias, der Begründer der Ahmadiyya Muslim Gemeinde, sagte, dass es Muslimen, die verfolgt und unterdrückt werden, die Möglichkeit offen zusteht, auszuwandern und ein Gebiet zu finden, in dem sie in Frieden leben können. Der bewaffnete Dschihad wurde durch den Dschihad des Argumentes abgelöst.

Nach einem Hadith ist die „Tinte des Gelehrten wertvoller als das Blut des Märtyrers“.

Zusammenhalt statt Spaltung in der Gesellschaft

Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und eine strengere Flüchtlingspolitik sind zwar erste Ansätze, jedoch müssen wir den Terror an seinen Wurzeln packen und beseitigen. Wir müssen junge Muslime aufklären. Sie wissen viel zu wenig über ihre eigene Religion. Das ist die Aufgabe der muslimischen Gemeinden in Deutschland. Wir müssen verhindern, dass junge Menschen in radikale Netzwerke gelangen.


Jetzt ist die Zeit, um zusammenzuhalten und dem Terror Hand in Hand gegenüberzustehen. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Mörder, Attentäter und psychisch Kranke unsere Gesellschaft in Deutschland spalten. Parteien dürfen nicht solche Ereignisse als Vorwand für Hetzereien nehmen. Eine Mobilisierung der Bürger sollte nicht durch Hassparolen und Ressentiments erfolgen. Das ist nicht Deutschland!
Wenn die Bildung unsere stärkste Waffe wird und Gerechtigkeit das Fundament unserer Handlung, dann werden wir mit Gottes Hilfe den Terror erfolgreich auslöschen können. Zu dieser schwierigen Zeit ist es am schädlichsten, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben und mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen. Angst zu verbreiten, dass ist das Ziel des Feindes, wir müssen die Gesellschaft zusammenhalten. Der Zeitpunkt ist reif, den Hass mit Liebe zu beenden. Liebe für Alle, Hass für Keinen.

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