Gedanken zwischen dem 3. und 7. Oktober

Nationalfeiertag Am 7. Oktober wäre die DDR 67 Jahre alt geworden. Die BRD ist es bereits seit dem 23. Mai, dem Verkündungstag des Grundgesetzes 1949.

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Eingebetteter MedieninhaltGrundgesetz heute? Darin sind unsere Politiker so firm, wie die meisten von uns bibelfest sind. Mit der Einigung sollte nach dem Kalten Krieg zusammenwachsen, was nicht zusammenpasste. Darum begehen wir den 3. Oktober auch als Nationalfeiertag. Der Kabarettist Peter Ensikat bemerkte bereits kurz nach der Einigung, dass wir die Unterschiede zwischen den Systemen überwinden werden, aber deren Gemeinsamkeiten beängstigend sind [1]. Und wie er Recht hatte:
Anstelle "Im Mittelpunkt steht der Mensch" steht jetzt in der Verfassung "Die Würde des Menschen ist unantastbar"; die letzte gute Gemeinsamkeit. Die schlechte Nachricht: Beide Systeme scherten, bzw. scheren sich nicht darum. (Immer diese peinlichen Rügen vom Verfassungsgericht.)
Wir haben die Diktatur des Proletariats durch die Diktatur der Märkte, also sozialistische Demokratie durch marktkonforme Post-Demokratie eingetauscht.
Diktatur eben gegen Diktatur.

Aus "Die Partei hat immer Recht" wurde so "Die Märkte haben immer Recht".
Wir haben zwar keine Einheitspartei mehr mit 100%-igen Voten, aber dafür einen neoliberalen Einheitsblock aus CDU, SPD, den Grünen und bald auch der AfD. Denen ist eine Mehrheit im Interesse der Märkte und gegen die Volksinteressen sicher. Inhaltslose Wahlplakate werben für sie, wie eh und je: Der Sozialismus siegt. Freiheit statt Sozialismus. Gemeinsam feiern. Hauptsache Berlin, Deutschland, volle oder leere Flasche und so weiter.
Unsere mehr oder weniger demokratisch gewählten Volkstreter standen damals unter der Parteiknute und heute stehen sie unter Frak(tions)-Zwang. Als pfötchenhebende Meerschweinchen eben, wie es der ehemalige Bundestagsabgeordneter Wolfgang Neskovich zu bemerken pflegte. Wo ist da der Unterschied zum Zettelfalten. Im Kreuz zwischen Pest oder Cholera?
Sie versprechen uns das Paradies auf Erden:

  • Kommunismus hinter dem Horizont der Weltrevolution oder
  • blühende Landschaften hinter schmerzhaften Reformen.

Heutige Schlangen stehen nicht mehr nach Bananen sondern nach 'nem Apple an. Unsere Reiseunfreiheit heißt jetzt Hartz IV. Aber wohin soll denn auch die Reise geh'n. Wir sind umringt von den von uns zerstörten sogenannten failed states, in die man sich ohne Bundeswehrgeleit nicht mehr hineintrauen kann. Die Mauer mitsamt dem Schießbefehl haben wir nach Süden verlagert und durch ein Ertrinkgebot ergänzt. Die Drecksarbeit haben wir delegiert.
Das Geschwafel der Parteibonzen war damals genauso unerträglich wie heute das verantwortungslose gesabbere eines Militärpfaffen. Die Meinung bestimmte damals die Partei und heute eine Handvoll reicher Medienmogule. Unter ihrem politisch langen Arm mutierten die Öffentlich Rechtlichen zu Staatsmedien, wie gehabt. Die Aktuelle Kamera nennt man jetzt Heute Journal und das Neue Deutschland von damals kauft man jetzt als BILD-Zeitung.
Gemeinsames sozialistisches Gedankengut der Nachkriegszeit mutierte im Osten zu einer Stalinistischen Religion mit der Parteiführung als Gott. Im Westen lebten diese gleichmacherischen Flausen über die Soziale Marktwirtschaft des Wirtschaftswunders noch ein paar Jahre weiter und wurden später durch die heutige Neoliberale Staatsreligion gestürzt.
Unser Gott ist der Wettbewerb und die Schwäbische Hausfrau ihr Prophet.
Der Verstand wird postfaktisch gegen das Gesunde Volksempfinden getauscht, so sieht es jedenfalls Angela Merkel und die CSU macht es ihr vor. In diesem Zustand der Verblödung bleibt man doch lieber gleich an der völkischen schwarzrotgoldenen Leimrute hängen. Die Volksbildung übernimmt die AfD mit PEGIDA und Björn Höcke als Oberlehrer, aber vielleicht auch mit Andreas Scheuer oder Markus Söder. Und so wird an unseren verdummten Wesen noch so mancher Hassprediger genesen. Das Volk der Richter und Henker ist wirklich nicht mehr ganz dicht.
Im Gegensatz dazu war die Propaganda in der DDR viel zu dämlich für ein allseits gebildetes Volk, weshalb es sich 1989 von den sozialistischen Dogmen befreite. Das war's aber schon. Den vom Regimekritiker Stefan Heym geforderten Aufrechten Gang, den haben wir bis heute nicht gelernt. Und so wurde aus dem gemeinsamen Aufbruch ein sozialer Abbruch im ganzen Land.
Und letztendlich wurde auch noch die letzte gute Gemeinsamkeit in ihr Gegenteil verkehrt:
Von Deutschem Boden geht wieder Krieg aus!

[1] ENSIKAT, P. (2010): Wo der Spaß aufhört; Eulenspiegel Verlag Berlin

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Regimekritiker_Dracula

Faible für Gotteslästerung und Majestätsbeleidigung. Leidet unter schwerer Esohterikunverträglichkeit.

Regimekritiker_Dracula

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