Die gekaufte Stimme

Österreich Wahlkampf ohne Werbung? Kaum vorstellbar. Mit viel Geld wird versucht, möglichst viele Menschen von irgendeiner Partei zu überzeugen. Wie viel kostet eine Stimme?

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Die gekaufte Stimme

Foto: Jürgen Schwarz/ imago

Wien – Trotz des neuen gesetzlichen Kostenlimits von sieben Millionen Euro dürfte der diesjährige Wahlkampf bereits jetzt deutlich teurer als jener des Jahres 2008 ausfallen. Einem Bericht des Standard zufolge liegt das vor allem an zwei Faktoren: einerseits an den gesteigerten Investitionen der Grünen und des BZÖ, andererseits an der enormen Freigiebigkeit des Team Stronach. Dessen Klubchef, Robert Lugar, hat bereits angekündigt, den gesetzlichen Rahmen überziehen zu wollen, sollte es nötig werden. Bereits jetzt haben die wahlwerbenden Parteien insgesamt 29,4 Millionen Euro für ihren Wahlkampf ausgegeben.

Das würden sie keinesfalls tun, wären sie nicht von Erfolg oder Not-wendigkeit der Werbung überzeugt. Wie effektiv ist Wahlwerbung tatsächlich? Wie viel Geld geben die Parteien jeweils dafür aus? Was kostet eine Stimme?

Will man diese Fragen – die Letzte ist zugegebenermaßen stark vereinfacht und plakativ – beantworten, kann man eigentlich nur konstatieren, dass unterschiedliche Stimmen auch unterschiedlich viel Geld kosten. In manchen Fällen ist Wahlwerbung auch völlig irrelevant, hinausgeworfenes Geld, je nachdem wie gut unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden und wie entschlossen diese sind, eine bestimmte Partei zu wählen. Das zeigt eigentlich, dass die Effektivität von Wahlwerbung zwar vorhanden, aber relativ ist. Besonders wirksam ist sie bei Wählerinnen und Wählern, die ihre Entscheidung kurz vor ihrem Urnengang treffen. Gut aufeinander abgestimmte Wahlwerbung mit einer klaren Botschaft wirkt dabei professionell und vertrauenerweckend.

Am besten lässt sich allerdings feststellen, wie viel Geld Parteien auszugeben bereit sind. Wie viel Parteien oder dem Staat Stimmen wert sind. Dem neuen Parteienfinanzierungsgesetz nach sind Wählerinnen- und Wählerstimmen zwischen 3,10 und 11 Euro wert. Ebenso könnte man betrachten, wie viel die einzelnen Parteien gewillt sind, auszugeben und welche Ziele diese haben. Ist beispielsweise das Ziel eine absolute Mehrheit, wie viel Geld geben die Parteien aus, um es zu erreichen?

Ein finanzieller Mehraufwand ist allerdings nicht gleichbedeutend mit mehr Stimmen. Das zeigt folgendes Beispiel: Die beiden (ehemaligen) Großparteien SPÖ und ÖVP haben angekündigt, sich an die Sieben-Millionen-Euro-Grenze zu halten. Diese beiden Parteien liegen in den Um-fragen deutlich voran, das Team Stronach hingegen, das angekündigt hat, auch deutlich mehr auszugeben, schwankt um die 10-Prozent-Marke. Die ÖVP selbst hat ebenfalls mehr Geld ausgegeben als die SPÖ und doch liegt letztere Partei in den Umfragen stabil voran.

Wohin und woher fließt das Geld?

Wohin das Geld für Öffentlichkeitsarbeit – und damit für Wahlwerbung – fließt, lässt sich schwer beurteilen. Dem Ausgabendurchschnitt der österreichischen Parteien von 2000 bis 2007 zufolge gaben diese zwischen 31% und 54% ihres Budgets für Öffentlichkeitsarbeit aus. Die Frage, wie viel Geld während des Wahlkampfes 2013 fließen wird, lässt sich vermutlich erst mit den Rechenschaftsberichten der Parteien Anfang 2014 beantworten, ebenso die Ausgabenverteilung auf unterschiedliche Posten und an welche Firmen diese geflossen sind. Mit Sicherheit kann das allerdings erst dann gesagt werden, wenn diese Berichte vorliegen. Bis dahin (vielleicht sogar auch danach) wissen es erst die Betroffenen Parteien und Firmen.

Mit relativer Sicherheit kann allerdings konstatiert werden, dass das Geld für die Wahlkampfausgaben in erster Linie von der staatlichen Parteienfinanzierung kommt. Mit dem neuen Parteienfinanzierungsgesetz (2012) erhalten die Parteien doppelt so hohe Zuschüsse wie zuvor. Zwar haben diese traditionell recht unterschiedliche Finanzierungsstrukturen, dennoch ist ihnen gemein, dass praktisch alle in hohem Maße von der Parteiensubvention abhängig sind. Während die SPÖ unter einem Mitgliederschwund leidet, der sich im Mangel an Mitgliedsbeiträgen niederschlägt, ist die ÖVP-Mitgliedschaft wesentlich informeller – also werden Mitgliedsbeiträge nicht zwingend eingehoben, Doppelmit-gliedschaften sind nicht nur möglich, sondern auch üblich. Die FPÖ, das BZÖ und die Grünen sind alle ebenfalls stark von staatlicher Parteien-subvention abhängig (die Grünen sogar fast zu 100%).

Enorm wichtig für die staatliche Parteienfinanzierung ist der Wahlerfolg. Je mehr Stimmen eine Partei erhält, umso mehr Geld erhält sie vom Bund. Insofern stellen Ausgabenposten für Wahlkämpfe Investitionen dar. Seriöserweise kann diese aber nicht wirklich in Zahlen gegossen werden. Wichtig ist also nicht, wie viel Prozent ihres Budgets Parteien für Wahlwerbung ausgeben, sondern wie effektiv sie das tun und wie effektiv sie ihre Klientel anzusprechen vermögen. Die Effektivität von Wahlwerbung ist, wie oben schon erwähnt, allerdings relativ. Im Endeffekt kann allerdings Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne nur anhand des Wahlergebnisses gemessen werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rjspoetta

International relations and security policy aficionado, diplomat by training.Twitter: @rjspoetta

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