Retrospektive: “Moonlighting”

Filmkritik/filmPolska Skolimowski hatte bereits mit den Dreharbeiten für "Moonlighting" begonnen, als ihm der Zufall dazwischen kam. Er änderte das Drehbuch und schuf einen top aktuellen Film.

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Ein Film über polnische Schwarzarbeiter im Ausland sollte es werden. Heraus kam ein Film, wie er zum Zeitpunkt des Erscheinens aktueller nicht hätte sein können. Wie so oft im Leben sind es Zufälle, die den Dingen eine besondere Wendung geben. So auch bei Jerzy Skolimowskis Film „Moonlighting“, der innerhalb der Retrospektive des filmPOLSKA Festivals gezeigt wurde.

Die Story des Films ist simpel: Anfang Dezember 1981. Vier Polen landen in London, nur der Vorarbeiter Nowak (Jeremy Irons) spricht Englisch. Sie haben den Auftrag, innerhalb eines Monats für einen Parteibonzen ein Haus zu renovieren. Kurz nach der Ankunft der Arbeiter in England wird in Polen das Kriegsrecht ausgerufen. Nowak beschließt, den anderen nichts von den politischen Vorgängen in der Heimat zu erzählen. Für den Vorarbeiter beginnt ein Spießrutenlauf. Die Baustelle muss fertig werden. Das Geld wird knapp. Und seit Wochen keine Verbindung zur Heimat, da die Telefonverbindung in die Volksrepublik gekappt wurden. Erst nachdem die Wohnung pünktlich zum 5. Januar fertiggestellt wird, sagt er seinen Arbeitern die Wahrheit.

Die Wahrheit verschweigen, um Andere zu schützen? Für Jerzy Skolimowski ein Thema, das ihn auch selbst betraf. Er lebte bereits einige Zeit im Londoner Exil, als er beim Brötchen holen auf eine Gruppe aufgeregter Polen stieß. In der Nacht zuvor hatte Jaruzelski das Kriegsrecht ausgerufen, wodurch den Reisenden der Rückweg nach Polen versperrt war. Um sich für unbestimmte Zeit in ein Hotel einzumieten, fehlte das Geld; sie waren verzweifelt. Skolimowski begann, die Gestrandeten bei seinen polnischen Freunden unterzubringen. Als dort alle Plätze verteilt waren, suchte er im Telefonbuch nach polnischen Namen und fragte nach Unterkünften. Auch er nahm jemanden auf, Herrn Genio. Um ihn nicht zu beunruhigen, ertappte sich der Regisseur immer wieder selbst dabei, wie er die englischen Nachrichten in geschönter Weise ins Polnische übersetzte.

Als das geschah, hatten die Dreharbeiten für „Moonlighting“ bereits begonnen. Beeinflusst durch die eigenen Erlebnisse änderte Skolimowski das Drehbuch. Beim Filmfestival in Cannes 1982 konnte er schließlich einen absolut aktuellen Film präsentieren und wurde für sein Drehbuch ausgezeichnet. Einige Kritiker hielten den Film sogar für Skolimowskis bis dato bestes Werk.

Ein Film mit klaren Bildern, wenig Musik oder Dialogen. Er ist beklemmend und lässt die triste Situation der Arbeiter und den Zwiespalt Nowaks mitfühlen. Zwischendrin finden sich aber immer wieder komische Szenen, mit denen Skolimowski dem Film eine ganz eigene Dynamik gibt.

Ursprünglich hier erschienen.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des 3. deutsch-polnischen Programms für junge Filmkritiker/innen und -journalist/innen der 11. Ausgabe von filmPolska.

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