Hommage an MaCu II - Fortsetzung

Elektroakustik Musik, die darauf angelegt ist, verfremdete Klänge zu entfalten, erhält durch die Integration eines nicht verfremdeten Elements einen außergewöhnlichen Bezug.

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Aus einem abstrakten Raum, der nur durch die musikalischen Relationen fassbar wird, eventuell über diese einige Assoziationen emporsteigen lässt, kann leicht ein Raum werden, der die Vorstellungskraft in deutlicherer Weise stimuliert. Besonders reizvoll wirkt eine menschliche Stimme, die als solche erkennbar bleibt: Sie schafft eine Nähe, der man sich als Zuhörer kaum entziehen kann und einen auffälligen Kontrast innerhalb des Klangspektrums.

Diese Sonderstellung der Stimme kann dazu führen, dass sie und ihr Ausdruck für Hörer ins Zentrum rücken, sogar Ausgangspunkt für eine Orientierung wird, die einen Zugang determiniert. Normalerweise sollte es relativ gleichgültig sein, ‘was sich eine Künstlerin oder ein Künstler gedacht haben’. Mir war auch beim folgenden Musikstück die Intention zweitrangig, denn nicht die Gedanken, sondern die Struktur und der Ausdruck zählen. Dennoch konnte ich MaCu gegenüber nicht auf eine Frage verzichten, die das Stück Core und die integrierte Stimme betraf. Die Rufe ließen mich an Fallträume denken, wie sie besonders von Kindern erlebt werden.

MaCu - Core (Soundcloud)

Ich selber habe solche Träume als Kind erlebt, ein rückwärtiges Fallen nahm schier kein Ende, wobei die Ungewissheit und ein fast unerträgliches Gefühl in Magen und Bauch zentral waren. Die Rufe, die auch ich austieß und im Traum hören konnte, waren an niemanden gerichtet, drückten eher das Ausgesetztsein aus, als z.B. ein Verlangen nach Hilfe.

MaCu erzählte mir, dass auch sie als Kind ähnliche Träume hatte, doch fiel sie häufig von geländerlosen Brücken. An konkrete Umstände kann ich mich nicht erinnern. – Ob allerdings solche biografischen Hintergründe helfen können, das Stück Core (Kern) zu verstehen?

Die Stimme stammt von einer erwachsenen Frau, nicht von einem Kind. Diese Differenz ist zu beachten. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der enthaltenen Stimme nicht um eine private, eine biografische Äußerung handelt, sondern um ein eingefügtes, szenisch wirkendes, öffentlich agierendes Instrument.

Eventuell kann der stimmliche Ausdruck aber ein Gefühl des Ausgesetztseins vermitteln, ohne sich auf eine bestimmte Person zu beziehen … Die Hörer sind gefragt, sich ein Bild zu machen, auch die Relation zur elektroakustisch verfremdeten Musik einzubeziehen. Ich habe den Eindruck, die eine oder andere deutliche Gefahr in den harmonischen Prozessen wahrzunehmen.

Das Stück ist von MaCu keinem Projekt zugeordnet worden. Es steht auf Soundcloud zum freien Hören, auch zum freien Download bereit.


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Geschrieben von

R.M.

Anmerkungen über Politik und 'Kultur'.

R.M.

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