Anfänge - Außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen

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Alles, was einen Wert in unserer Existenz hat, hat was was mit "Anfängen" zu tun. Eines der wunderbarsten naturwissenschaftlichen Bücher über die Leidenschaft für die Entdeckung der Welt (über Leibniz) von Prigogine/Stengers heißt darum auch "Anfänge". Und genauso ist es in der Politik. Das Gegenteil ist das "Zu Ende kommen" mit irgend etwas. Keine Leidenschaft, kein Kämpfen mehr, nur noch "zu Ende kommen" oder "ankommen". Darum bin ich befremdet über eine taktische Angleichung an den politischen Hauptgegner. Denn gerade dieser ist doch der Grund dafür, dass wir heute dafür kämpfen müssen, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, uns einsetzen müssen für das doch eigentlich Selbstverständlichste von der Welt!

Es ist ja ein gewisses Faszinosum, dass CDU/CSU/FDP jetzt ihre "Anfänge" beim Atomausstieg erleben (müssen) - wir, die wir seit Jahrzehnten dafür kämpfen, sollten aber sehr genau wissen, dass wir damit dann noch lange nicht zu Ende gekommen sind. Die Atomfrage ist immer (auch) eine Machtfrage gewesen. Es hat immer des Kämpfens bedürft und das ist noch lange nicht zu Ende (schon klagen die Konzerne). Wenn wir uns jetzt von den Bewegungen abspalten lassen durch Merkel, dann werden wir zukünftig schwächer sein im Kampf gegen das Atom-Kohle-Oligopol.

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Es ist nicht gut, dass die Parteispitze so breit vor dem Parteitag für eine Zustimmung zur Atomgesetz-Novelle wirbt. Damit hat sie alles ohne Not verschärft und mit einem Hämmerchen einen Keil in die Partei getrieben, den ihnen Merkel in genau der Absicht mit der Gesetzesvorlage vorher gegeben hatte. Beispiele aus NRW: KV Dortmund, KV Oberhausen: fast einstimmig NEIN; KV Düsseldorf: fast einstimmig JA.

Es sollte auch nicht sein, dass Abstimmungen auf Parteitagen zu Abstimmungen über den Bundesvorstand oder die Führungsspitze werden. Und es ist vermeidbar gewesen, da wir inhaltlich keinen Dissens in der Partei haben, jetzt die inhaltlichen Positionen von CDU/FDP auf einem Parteitag von uns zur Abstimmung zu stellen.

Ich stimme in der Opposition definitiv nicht über Positionen ab, die die von Merkel sind, ich stimme bestenfalls über unsere Bedingungen und Forderungen als Opposition an die Regierung ab. Ich möchte, das wir 2013 wenn wir regieren sollten, den Atomausstieg schnellstmöglich vollziehen und ich möchte mich nicht jetzt schon - 2011- auf etwas festlegen lassen, was definitiv nicht die Position von uns Grünen ist.

Darum müssen wir den - taktischen - Vorstoß der Parteispitze heilen und darum haben wir diesen Antrag eingebracht, der bereits erstaunlich treffend auf Welt-online kommentiert wurde. Dieser Antrag bewegt sich nahe am Antrag des Bundesvorstandes, weil es eben keine inhaltlichen Dissense gibt. Dennoch, auch wenn der Antrag streckenweise textgleich ist, so ist er noch lange nicht bedeutungsgleich auch in diesen Passagen. Der Kontext, in dem unsere gemeinsamen Postionen stehen, wird eben korrigierend verändert. Die textgleichen Passagen werden so von Bekenntnissen zu Bedingungen und Forderungen an die Regierung, die berechtigte Kritik des Bundesvorstandes an "Merkels Murks" mit dem taktischen Verhalten in Einklang gebracht, aus dem "Der Kampf geht weiter" eine Aussage darüber, mit wem dieser weiter zu führen ist (den Bewegungen, den Umweltverbänden, der großen Mehrheit der Bevölkerung). Wir - Hans Christian Ströbele, Martina Lammers aus Lüchow-Dannenberg und die über 200 AntragstellerInnen - geben der Vorlage des Bundesvorstandes damit politische Konsistenz. Es ist eine Korrektur und der Versuch einer Heilung.

Wir lassen uns nicht von Merkel auseinander treiben.

In den Parlamenten und protestierend an den Standorten, in der Opposition und der Regierung werden wir den Atomausstieg und die Energiewende vollziehen, geschlossen als Grüne Partei und Bewegung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Robert Zion

Gruenen-Politiker, Publizist

Robert Zion

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