Es wirkte wie ein Farce, als sich Saudi-Arabien jüngst gegenüber Donald Trump verpflichtete, im Anti-Terror-Kampf mit den USA unbedingt zu kooperieren. Überraschend schnell werden Konsequenzen dieses Treueschwurs offenbar, die freilich nicht nach dem Geschmack des US-Präsidenten sein dürften. Als wichtige Terrorzentrale geißelt Riad nun ausgerechnet das Land, in dem sich das Hauptquartier der US-Armee im Nahen Osten mit 10.000 stationierten Soldaten befindet: Katar.
Der kleine, aber schwerreiche Wüstenstaat soll Terroristen in etlichen Kampfzonen Syriens, in Libyen und im Norden Malis unterstützen, dazu Ägyptens Muslimbrüdern und der Hamas im Gazastreifen beistehen. Der Vorwurf wurde schon des Öfteren laut, aber es erstaunt, dass er jetzt ganz offiziell ausgerechnet von dem Staat erhoben wird, der einer ganzen dschihadistischen Diaspora als Schirmherr gilt. Die Autokratie in Katar, deren Staatsreligion wie die der saudischen Monarchie der Wahhabismus ist, wird zudem beschuldigt, eine friedliche Koexistenz mit dem Iran zu pflegen, also die in den vergangenen Jahrzehnten weltweit künstlich aufgeputschte Feindschaft zwischen Sunniten und Schiiten nicht genug anzufeuern. Weil es über das höchste Pro-Kopf-Einkommen weltweit verfügt, muss das kleine Katar hier Toleranz üben: Sieben von zehn Bewohnern sind keine Staatsbürger, sondern Arbeitsnomaden aus vorwiegend schiitischen Ländern.
Saudi-Arabien hat nun seine engsten Alliierten – die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten – dazu bewegt, den diplomatischen Kontakt mit Katar abzubrechen und eine Land-, See- und Luftblockade über das Land zu verhängen. Besteht die für längere Zeit, werden ernste Versorgungsprobleme für das Emirat die Folge sein. Wer annimmt, dass der Iran einen solchen Konflikt mit Genugtuung quittiert, der irrt. Aus Teheran heißt es, notfalls alles Lebensnotwendige für die Kataris zur Verfügung zu stellen, gleichfalls ist zu hören, der Konflikt könne dem Nahen Osten nur schaden und solle so bald als möglich beendet werden.
Kenner der Region wissen, dass es zwischen Katar und Saudi-Arabien nie ein krisenfreies Verhältnis gab. Auch geschieht es nicht zum ersten Mal, dass die diplomatischen Beziehungen abgebrochen werden. Bereits 2014 war das für kurze Zeit der Fall. Realiter konkurrieren beide Staaten um Einfluss auf islamische Länder und deren Führungsschicht. Das betrifft besonders die Staaten, die mutmaßlich am Arabischen Frühling beteiligt waren, seither aber wie Libyen an Kriegen als unsäglichen humanitären Katastrophen leiden.
Al Djasira und Al-Arabiya
Dabei haben sich Katar und Saudi-Arabien stets unterschiedlich positioniert. Katar arbeitet nicht nur mit kräftigen Finanzspritzen für bewaffnete Gruppen, sondern bedient sich auch raffinierter Methoden der kulturellen Infiltration, die sich nicht allein auf den Bau gigantischer Moscheen in aller Welt beschränkt. In Katar wurde der Fernsehsender Al Djasira auf die Beine gestellt, der viele Jahre wie ein Sprachrohr jedweder – auch der demokratischen – Opposition in vielen islamischen Ländern wirkte. Obwohl dieses Renommee mittlerweile zur Fassade verkommen ist, hat der Sender doch das Nachrichtenwesen in der gesamten arabisch-islamischen Welt modernisiert und Riad gezwungen, mit dem sich ebenfalls zeitgerecht gebenden Kanal Al-Arabiya ein Gegenstück zu schaffen, das bisher der Bedeutung von Al Djasira hinterherhechelt.
Das politisch und kulturell völlig versteinerte Haschemitenreich versucht denn auch, über ein anderes Instrumentarium den Nahen Osten zu beherrschen und mittelfristig den Großkonkurrenten Iran zu bezwingen: Es rüstet auf und unterhält eine Militärmaschinerie, die 2012 schon einmal den Schiiten-Aufstand in Bahrain überrollt hat und gegenwärtig einen erbarmungslosen Bombenkrieg gegen den Jemen führt. Ein Land, das sich übrigens in seiner Geschichte nie von saudischen Patriarchen dominieren ließ, was einst selbst der Prophet Mohammed, der von der hohen Kultur des Jemen beeindruckt war, respektiert hat. Allen voran die USA, aber auch andere westliche Staaten müssen zur Kenntnis nehmen, dass ihnen die Herrschaft über den Nahen Osten einmal mehr entgleitet. In der Region ist eine politische Eigendynamik entstanden, die derzeit zwar nicht ihren Bewohnern zum Wohle gereicht, aber eine Kontrolle von außen zusehends unterbindet. Nicht der Westen bestimmt mehr, wer in den nahöstlichen Kampfzonen demokratietauglicher Rebell und wer Terrorist ist – Saudi-Arabien und Katar handeln und fechten das untereinander aus.
Dass Präsident Trump mit seinem Auftritt am 21. Mai in Riad und dem besiegelten Waffentransfer via Saudi-Arabien eine Art Säbeltanz aufführte, kann ein letzter Anstoß zu der bilateralen Eskalation gewesen sein. Auf jeden Fall war ersichtlich, auf wessen Seite sich die USA geschlagen haben. Als Vermittler zwischen den beiden sunnitischen Kampfhähnen kommen daher nur Kuwait und Oman in Betracht, die sich dem Boykott gegen Katar nicht angeschlossen haben.
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