Abschied

Sterben - es ist so weit

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Dieser Text ist sehr persönlich, wem das ZU persönlich sein sollte, der höre bitte JETZT auf zu lesen!

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Natürlich habe ich mich nie für unsterblich gehalten. Ich hatte sogar bereits als Kind im Bewusstsein, dass der Tod ständig über jedem von uns schwebt, spätestens seitdem meine geliebte Großmutter - viel zu früh - von uns ging und ich versuchte ihren Tod zu verarbeiten.

Und so ist der Geselle im schwarzen langen Umhang, der keine erkennbaren Gesichtszüge hat, mir auch sehr unvermittelt erschienen (mehrmals in meinen Träumen der vergangenen Nächte):

Innerhalb weniger Tage verlor ich die Sehfähigkeit auf dem linken Auge vollständig, es wurde ein Aderhaut-Melanom im Auge diagnostiziert.

Kurz darauf färbte sich meine Haut "quitte"-gelb; Gelbsucht, aufgrund einer massiven Schädigung der Leber. Der Primär-Tumor im Auge hat stark gestreut und in der Leber bereits viele Metastasen gebildet, daher die Gelbfärbung der Haut, die ständige Übelkeit und der metallische Geschmack im Mund. Dass die Untersuchungen auf HIV und Hepatitis ohne Befund sind, nützt mir da leider wenig.

Der Oberarzt im Krankenhaus: "Die Situation ist katastrophal und nicht beherrschbar. Sie werden innerhalb kürzester Zeit sterben - Ostern noch zu erleben wird knapp. Weder ist eine Operation des befallenen Auges möglch, noch macht eine Chemotherapie Sinn. Sie fallen in ein Leberkoma, aus dem Sie nicht wieder aufwachen werden."

Ich habe die Krankheit angenommen, bin dankbar dafür 65 Jahre alt geworden zu sein und dabei seit über 43 Jahren meinen geliebten Lebenspartner und besten Freund an der Seite zu haben. Ich habe eine Patientenverfügung, wünsche keine lebensverlängernden Maßnahmen (Gerätemedizin) und will unbedingt zu Hause sterben.

Ich verabschiede mich mit diesem Text aus der FC und bitte um Entschuldigung für meinen teilweise ruppigen Schreibstil, besonders immer dann wenn ich den Eindruck hatte Rechtsextremismus würde relativiert und verharmlost. Rechtsextreme waren "schon immer" meine erbitterten Gegner und ich hasse deren verweste, braune "Ideologie" aus tiefstem Herzen, weil sie für millionenfaches Elend, eine Verblödung der Menschen und die Herrschaft der Dummheit steht.

Saul Rednow (ein Pseudonym, um meine Angehörigen und mich selbst vor Nazi-Terror zu schützen), 11. Februar 2016

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Ich habe, im Grunde, immer viel lieber über Musik geschrieben, als über Politik, denn Musik hat mein Leben, seit meiner Jugend, ständig begleitet und ungemein bereichert.

Einen Aspekt, der vielleicht nicht allzu bekannt ist, greife ich nachstehend auf:

Mitte der 1960er Jahre

In den USA herrscht massiver Rassimus, "Rassen"-Trennung in Schulen, Restaurants, Hotels, Wohngebieten (Ghettos) usw.

Eine kleine Nische, in der schwarze Amerikaner überhaupt anerkannt werden, ist der Bereich Unterhaltungsmusik. Doch auch dieses ist nur eine Nische, weil einem speziell interessierten Publikum "vorbehalten". Besonders schwarze Sängerinnen erbringen emotionale und technische Höchstleistungen, die unter die Haut gehen.

Im Blues brillieren etwa Alberta Hunter +++ Bessie Smith +++ Dinah Washington.

Im Jazz faszinieren Billie Holiday +++ Ella Fitzgerald +++ Sarah Vaughan

Da fällt dieses rassistische Amerika (USA) praktisch "über Nacht" in eine regelrechte Liebesaffähre mit drei, damals etwa 20-jährigen, Sängerinnen aus der brutalen Industriemetropole Detroil, ganz im Nordern des Landes gelegen, THE SUPREMES. Allerdings war das Trio gar keine "Über-Nacht-Sensation", sondern seit 1960 in der "Warteschleife", weil "niemand" ihre Songs kaufen wollte (9 Flops in Folge).

Als Diana Ross +++ Mary Wilson +++ Florence Ballard selbst schon kaum noch an einen Erfolg glauben mochten, schlug ihr Song "Where Did Our Love Go" 1964 derart ein, dass die gesamte Musikwelt (weltweit) regelrecht erbebte.

Und was war das "Epochale" an diesem Erfolg? Es war kein Nischensegment (Blues, Rhythm&Blues, Jazz) mehr, in dem die Supremes einschlugen, sondern purer Pop, mit einem wunderbar "schwarzen Rhythmus" und einem "schwarzen Call-And-Response-Gesang", den die Welt so zuvor noch nicht gehört hatte. Obwohl Shirelles, Ronettes, Andrews Sisters uva. weibliche Trios bereits vor den Supremes populär waren, so blieben diese anderen Gruppen doch irgendwie "austauschbar" und hatten nicht soviel eigenes Profil, wie die Supremes.

Der Song wurde sofort ein Welterfolg und war erst der Anfang von weiteren 11 Nr. 1 Hits der Gruppe, sowie etlichen Top-10 Hits.

Das alles ist sicher auch heute noch - so viele Jahres später - einigermaßen bekannt. Doch hier kommt ein Aspekt, der gar nicht so umwichtig ist: Hatten damals schwarze Künsterlinnen auf der Bühne Erfolg und traten sie etwa in "weißen" TV-Shows, wie der wöchentlichen CBS-Sendung "The Ed Sullivan Show" auf, so drängten konservative Kräfte (etwa Senatoren der Republikanischen Partei) bei den Sendern darauf, dass diese Frauen nicht "zu elegant" gekleidet waren - sie hatten, trotz ihres Sonderstatus, stets ein wenig, wie "Hausmädchen der Südstaaten" auszusehen..

Das alles fegten die SUPREMES mit ihrem ersten Auftritt (es folgten 14 weitere) in der "Ed Sullivan Show" einfach weg. Sie waren elegant gekleidet (später trugen sie meist lange Abendkleider) schminkten sich hochmodern im Stile der jeweiligen Zeit (in den 1960er Jahren immer mit dickem Lidstrich usw.) und wurden damit - auch optisch - zu Idolen der schwarzen amerikanischen Teenager. Das passte den republikanischen Senatoren überhaupt nicht, sie wollten Schwarze "klein und unattraktiv" halten, wohl um sie besser kontrollieren zu können. Doch Die Supremes waren über Nacht so populär geworden, dass sie sich um diese Vorgaben aus Rassisten-Kreisen nicht mehr kümmern mussten.

Eine schwarze Journalistin der New York Times schrieb später: "Der Einfluss der Supremes auf Emanzipation und Selbstbewusstsein schwarzer junger Mädchen und Frauen war in den 1960er Jahren enorm und hat ihnen - neben ihrer unwiderstehlichen Musik - für immer einen wichtigen Platz in der amerikanischen Geschichte gesichert. Es war das erste echte "Crossover" in der Unterhaltungsmusik, was sich auch daran zeigt, dass sich die Fans der Supremes, bis zur *Auflösung 1969, immer ziemlich genau die Waage hielten zwischen schwarzen und weißen Teenagern."

(*die von 1970 bis 1976 existierenden Supremes waren eine völlig andere Gruppe, mit nur noch einem Gründungsmitglied, Mary Wilson)

Als kleinem schwulen Jungen, der in der norddeutschen Provinz isoliert war, haben die Supremes auch meine Emanzipation und mein Selbstbewusstsein stark gefördert, weil ich entdeckte, dass es eine Welt außerhalb der provinziellen Enge und Spießigkeit - auch für mich - gab.

(für evtl. Rechtschreibfehler bitte ich um Entschuldigung, ich fühle mich sehr schwach, sehe nur noch auf einem Auge und muss daher leider auf's Korrekturlesen verzichten, sorry.)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Saul Rednow

Meine Themen: Rechtsextremismus - Rassismus - Homophobie - Politik - Musik u.a.

Saul Rednow

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