Ein Wasserwerfer als Kinderspielzeug

#DankePolizei Bei ihren Bemühungen um Bürgernähe in sozialen Netzwerken hat die Berliner Polizei ein Eigentor geschossen. Ein Foto löste auf Twitter umgehend Empörung aus.

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„Wir twittern live vom Tag der offenen Tür“, verkündete die Berliner Polizei am ersten Sonntag im September auf ihrem Account PolizeiBerlinEinsatz (@PolizeiBerlin_E). Das hätte sie im eigenen Interesse besser bleiben lassen, oder aber das eigene Tagesprogramm genauer hinterfragt. Denn zwischen vielen harmlosen Schnappschüssen reihte sich auch ein Bild ein, das auf Twitter schnell für viele empörte Kommentare sorgte.

Wer nicht gleich erkennt, was darauf zu sehen ist, bekommt von der Polizei selbst die Erklärung: „Der Miniwasserwerfer steht bei gutem Wetter für die Kids bereit.“ Für die Kinder hatte man also ein Einsatzfahrzeug nachgebaut, wie es im Wesentlichen für einen gewaltsamen Einsatz gegen Randalierer entwickelt wurde.

Kein Verständnis bei Twitter-Usern

Die Reaktionen kamen zahlreich und in aller Deutlichkeit. „Wasserspritzen macht Spaß, keine Frage — aber Kinder mit Distanzwaffenmodellen spielen lassen?“, lautete die ungläubige Frage eines Users. Andere werden noch deutlicher: „Dass sie sich nicht einmal dafür schämen, spricht Bände! Ich kann gar nicht soviel kotzen!“

Dass der Wasserwerfer ein Symbol für wesentlich größere Vorbehalte ist, wird auch schnell klar: „Werden auch Mini-Schlagstöcke und Pfefferspray verteilt?“ Will die Polizei den Kindern beibringen, dass man prinzipiell auch ruhig mit Gewalt für Ordnung sorgen darf? Auf diesen Vorwurf scheint die Kritik hinauszulaufen.

Charmeoffensive über Facebook und Co.

Erst in diesem Jahr war die Berliner Polizei mit ihren Profilen auf Facebook und Twitter online gegangen und damit ein Vorreiter in Deutschland. Ernsthafte Bemühungen darum, dem Bürger einen direkteren Eindruck vom täglichen Polizeidienst zu geben, waren sogar klar erkennbar.

Anfang Juni sorgte eine besondere Aktion für bundesweite Beachtung. Jeder Einsatz der Berliner Beamten wurde 24 Stunden lang live getwittert. Für manche Beobachter ein gelungener Einblick in den wahren Polizeialltag, für die anderen ein sinnloses Projekt. Vor allem aber soll der Account PolizeiBerlinEinsatz einen Servicecharakter haben. Wo zieht eine aktuelle Demo gerade entlang und welche Straßen müssen für ein Großereignis gesperrt werden? Hier sollen es die Bürger jederzeit erfahren können. Das ist eine interessante Idee, doch der aktuelle Ausrutscher zeigt, wo die Grenzen einer Charmeoffensive im Netz liegen.

Facebook, Twitter und Co. sind kein berechenbares Werkzeug, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Wenn der Inhalt geschmacklos ist, kann auch die zeitgemäße Verpackung daran nichts ändern. So ist Twitter nicht dafür verantwortlich, dass ein Miniwasserwerfer für Kinder zum sofortigen Protest führt, sondern die Idee des Miniwasserwerfers an sich. Die Inhalte selbst bestimmen die Art der Reaktion. Darum verrät dieser Vorfall wohl tatsächlich auch mehr über die Haltung der Polizei als über den Kurznachrichtendienst und seine Nutzer.

Fehlendes Problembewusstsein

Die Kritik an Maßnahmen der Polizei in Berlin und anderen Orten hat ihre Ursachen immer im realen Leben. Nur dort kann man Sympathien der Bürger durch konkretes Handeln gewinnen oder auch verspielen. Daran wird auch ein Twitter-Account nichts ändern, so gut er auch betreut werden mag.

Der aktuelle Einzelfall zeigt lediglich in aller Öffentlichkeit, dass bei der Berliner Polizei wohl kein grundsätzliches Verständnis für Kritik an der eigenen Arbeit vorausgesetzt werden kann, geschweige denn ein entsprechendes Problembewusstsein.

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