Der Minor Threat wird 50

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Ian MacKaye, der Sänger von Minor Threat und Fugazi, gehört neben Henry Rollins zu den wichtigsten Figuren des amerikanischen Hardcore-Punks in den 80ern. Mit einemhttp://assets.dischord.com/images.d/photo/image/106/iansatya01.jpg Song erfand er aus Versehen eine Jugendbewegung.

Im Mai 1990 will die Band Fugazi ein Konzert in einer alten Lagerhalle in Dallas spielen. Kurz bevor sie auf die Bühne geht, droht die Polizei, die Veranstaltung abzusagen, weil der Feuerschutz nicht erfüllt wird. Ian MacKaye, Sänger und Gitarrist von Fugazi, diskutiert so lange mit den Polizisten, bis sie sich auf einen Kompromiss einlassen: Die Band darf spielen, aber die Zuschauer müssen von der Straße aus zuhören. „Wir werden so laut spielen und singen, wie wir können“, verspricht er dem Publikum. Und so kommt es auch. Am Ende springen die Leute von den Autos, die am Straßenrand stehen.

Ian MacKaye ist einer dieser Menschen, deren Bedeutung nichts mit ihrer Bekanntheit zu tun hat. MacKaye ist wichtig, weil er durch sein eigenes Leben gezeigt hat und zeigt, dass man die Dinge anders machen kann. Nicht, um anders zu sein, sondern weil man es für richtig hält. Mit dieser Haltung wurde der Gründer der Bands Minor Threat und Fugazi und des Labels Dischord Records zu einer zentralen Figur der amerikanischen Untergrundmusik, des amerikanischen Hardcore-Punks, in den 80er Jahren, die die Strukturen für Indie-Rock legte. Auch wenn MacKaye immer im Schatten seines Freundes Henry Rollins stand, dem Sänger von Black Flag.





Ian Mac Kaye, geboren am 16. April 1962, wächst in einem toleranten, wohlhabenden Elternhaus in Washington D.C. auf. Als seine Freunde anfangen zu kiffen und zu trinken, stellt er fest, dass er damit nichts anfangen kann, weil er die Kontrolle behalten und mitbekommen will, was um ihn herum passiert. Er wird davon keinen Millimeter abweichen. 1980 gründet er die Band Minor Threat, die schnellen, harten und präzisen Hardcore-Punk spielt und auch im größten Lärm die Kontrolle behält. Ian singt nicht, er ruft und schreit – und er schreibt den Song „Straight Edge“, in dem er verkündet: „I'm a person just like you. But I've got better things to do than sit around and smoke dope.“ Damit gibt er, ohne es zu wollen, einer Subkultur einen Namen, deren Anhänger nicht rauchen, keinen Alkohol trinken, keine anderen Drogen nehmen und sich nicht wild durch die Gegend vögeln. „Don’t smoke, don’t drink, don’t fuck“, singt er in einem anderen Song, „Out Of Step“. Nicht ohne Grund gilt MacKaye als „preaching motherfucker“, zu „preaching“ für viele andere Punkmusiker. Der Typ sieht schon aus wie ein Asket, ausgehungert, kurze Haare oder rasierter Schädel.

Nach einem Album und drei EPs ist bereits Schluss mit Minor Threat. Konflikte. Die anderen Bandmitglieder wollen mehr in Richtung U2 gehen, erwägen, bei einem Majorlabel zu unterschreiben. MacKaye fürchtet den Ausverkauf. Bis heute erscheinen alle Platten, an denen er beteiligt ist, auf seinem Label Dischord Records, für das er so viel wie möglich selbst macht. Bloß nicht mit der Plattenindustrie verbünden. Später erklärt er das so: „If you take art and commerce and put them together, it can be a really ugly collision. And generally, commerce is going to win. Because you can’t really eat a song.“

Nach mehreren kurzlebigen Bands gründet er 1987 Fugazi. Und wieder macht MacKaye vieles anders. Die Mitglieder haben genug von den Standards des Hardcores, der sich längst im Niedergang befindet, und mischen ihn mit Funk, Reggae und Rockmusik aus den 70ern. Nach einem Jahr hat sich das Debüt „Repeater“ bereits über 300 000 Mal verkauft, sensationell für eine Band ohne Majorlabel-Vertrag. Um die Ticketpreise für Konzerte niedrig zu halten, schlafen die Musiker nur in Ausnahmen in Motels, sie verkaufen auf Tour keine Shirts und Poster, weil sie das für Kommerz halten, sie spielen auch in Kellern, Schlafräumen und Gemeindezentren, sie nehmen keinen Roadie mit und schleppen die Instrumente selbst, sie lehnen Interviews mit großen Magazin wie dem Rolling Stone ab. Wenn jemand im Publikum zu heftig moshed, unterbricht MacKaye den Song und spricht ihn an. Einmal treiben es einige Slam Dancer so wild, dass er den Rest des Publikums auf die Bühne kommen lässt. Er und seine Band hingegen steigen zu den Slam Dancern herab und spielen dort weiter. 2003 legt Fugazi eine Pause ein, die bis heute anhält. Da hat MacKaye längst ein neues Projekt, The Evens, mit der Musikerin Amy Farina. 2008 bekommen sie ein Kind.

Das Tolle ist, dass MacKaye mit seinem superrkorrekten Verhalten bis heute durchgekommen ist. Dass er schließlich nicht doch seine Ideale aufgegeben hat. Sein Label Dischord führt er weiterhin, obgleich die heutige Bedeutung nicht in der Musik besteht, die dort erscheint, sondern in der Tatsache, dass es das Label überhaupt noch gibt. Vor einiger Zeit berichtete MacKaye, dass er immer wieder gefragt werde, wie er denn seinen Lebensunterhalt verdiene. Er erwiderte, das ser denen antworte: „I am actually not interested in making a living, I am interested in living.“

Foto: Dischord Records

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