Auch Vertreter brauchen Konkurrenz

Copyright Seit zwei Initiativen an die Öffentlichkeit getreten sind, kommt Leben in die Debatte um die Zukunft von Gema und Co. Es wird auch Zeit

I-Tunes hat es vorgemacht: Es ist möglich, im Internet eine legale und profitable Plattform für den Verkauf von digitaler Musik zu etablieren. Apples Plattenladen hat in diesem Segment nahezu eine Monopolstellung inne. Ein vergleichbares Projekt einer europäischen Firma gibt es bisher nicht. Ein Grund dafür ist die Fragmentierung der Musiklandschaft. Wer bisher einen europaweiten legalen Musikdienst im Internet starten will, muss mit 27 Verwertungsgesellschaften verhandeln - ein Aufwand, den kaum ein Start-Up-Unternehmen leisten kann. Selbst Apple kritisiert, dass der Konzern für seinen neuen Cloud-Dienst I-Tunes Match so viele Verträge abschließen musste. In den USA sei das viel einfacher, sagte ein Apple-Sprecher dem Freitag.

Um den Reformstau des Verwertungsbetrieb aufzuheben, nehmen sich nun zwei sehr unterschiedliche Initiativen des Themas an.

Von ganz oben, nämlich von der EU-Kommission, geht ein Impuls aus, die Musiknutzungsrechte europaweit zu vereinheitlichen. Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier hat den Entwurf einer Richtlinie vorgelegt, nach der die nationalen Verwertungsgesellschaften ihre Rechte europaweit vermarkten dürften - was letztlich die Konkurrenz untereinander erhöhen würde. Schließlich könnten sich Künstler so leichter aussuchen, welche Gesellschaft sie vertritt.

Eine Gesellschaft der Teiler

Die Gema ist alarmiert. In diesem Bereich sei es schwierig, eine Harmonisierung zu erreichen, sagte eine Sprecherin dem Freitag. Trotzdem wolle man den Prozess "konstruktiv begleiten". Noch in diesem Jahr wolle die Gema Diskussionsveranstaltungen in Berlin und Brüssel abhalten, die sich mit der geplanten EU-Richtlinie auseinandersetzen.

Eine Ratifizierung ist nicht allzu bald zu erwarten. Zwar gibt es schon einen ausformulierten Entwurf, aber bisher haben sich weder der Ministerrat noch das Europäische Parlament damit abschließend beschäftigt. Beide Instanzen können noch Änderungen einbringen.

Während die Brüsseler Bürokratie langsam in die Gänge kommt, ist in Deutschland gewissermaßen von unten eine Initiative mit eigenen Ideen an die Öffentlichkeit getreten. Unter dem Kürzel C3S soll eine nicht gewinnorientierte Verwertungsgesellschaft mit Ablegern in allen europäischen Ländern gegründet werden, die Cultural Commons Collecting Society. Sie richtet sich an Künstler, die ihre Werke unter Creative-Commons-Lizenzen stellen, aber finanziell trotzdem von ihrer Arbeit profitieren möchten.

Alles für die Kleinen

Transparenz, Flexibilität und Innovation sollen die Kernelemente von C3S sein. So soll jedes Mitglied selbst entscheiden können für welche seiner Werke die C3S die Verwertung übernimmt. Bei der Gema ist es nur möglich ganze Lizenztypen - etwa „online“ oder „live“ - auszuklammern. Die Vergütung soll sich vor allem an den Belangen gering verdienender Künstler orientieren. Bis zu einem noch zu definierenden Schwellenwert - im Gespräch sind 500 bis 1.000 Euro - erhält der Urheber 100 Prozent der Einnahmen. Erst bei höheren Beträgen‚ zweigt die C3S einen Anteil für sich und ihrem Betrieb ab. Je höher die Einnahmen des Künstlers, desto schneller soll der prozentuale C3S-Anteil steigen.

Für die Realisierung des Projekts sind noch einige bürokratische Hürden zu nehmen. Bis zum Spätherbst wollen die Initiatoren die Organisation ins Leben rufen. Anfang 2013 dann möchten sie einen Antrag auf Zulassung als Verwertungsgesellschaft beim deutschen Patent- und Markenamt stellen. Bisher fehlen noch das Startkapital von etwa 30.000 Euro, sowie ein ausreichend großer Stamm an Gründungsmitgliedern.

C3S-Mitbegründer Wolfgang Senges will zunächst 1.000 Urheber zusammentrommeln. Namen beteiligter Künstler nennt er bisher nicht, Gespräche liefen aber bereits. Ungeklärt ist noch das Zusammenspiel von C3S und der geplanten EU-Richtlinie. Prinzipiell begrüßt Wolfgang Senges den Vorstoß des EU-Kommissars, letztlich bleibe aber abzuwarten, ob die verabschiedete Richtlinie wirklich Chancengleichheit für Verwertungsgesellschaften in Europa schaffe.

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