S21: Next Stop OB Wahl

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Neben all dem, was auch weiterhin kritisch begleitend in Sachen S21 zu tun bleibt, steht politisch jetzt die OB-Wahl im Herbst ganz oben auf der Agenda. Und der Stuttgarter Widerstand steht vor demselben Problem wie schon bei der Landtagswahl: wir haben wieder keine Wahl. Und es stellt sich die Frage, wie man daraus das Beste machen könnte. Soll man mit einem eigenen Kandidaten zocken, riskieren, die eigenen Stimmen zu verheizen und eine Mehrheit gegen die CDU zu verhindern? Oder soll man – wie schon bei der Landtagswahl - das Mögliche anstreben: eine weitere Schwächung von CDUSPDFDP, indem man seine Stimme zähneknirschend in den grünen Mehrheitstopf für Fritz Kuhn wirft? Wohl wissend, dass auch der sich auf „Koalitionen“ wird einlassen müssen, die nicht unsere Interessen vertreten.

Wie also umgehen mit einer aussichtslosen Situation? Die Qualität der Antwort dürfte nicht zuletzt davon abhängen, wie viel Realitätsbezug unsere Wahrnehmung zulässt. Und dabei kommt den eigenen Emotionen eine Schlüsselfunktion zu. Mit den Emotionen ist es aber so eine Sache. Sie sind zwar auch für „Sach“-Entscheidungen unabdingbar. Aber das Mischungsverhältnis aus aktuell Angemessenem und biographisch Angesammeltem ist nur schwer durchschaubar und steuerbar. So kann man – vereinfacht ausgedrückt – Gefahr laufen, die Bahn zu bekämpfen, dabei aber überwiegend „böse“ Menschen aus der eigenen Vergangenheit zu meinen. Das ist zwar nicht prinzipiell schlecht, weil manchmal nur so genügend Energie und Durchhaltevermögen zum Kämpfen zusammenkommen. Aber es führt in gefährliche Sackgassen, wenn man es versäumt, immer wieder innezuhalten und sich selbst, die Sache und die Optionen kritisch zu reflektieren. Ruth Cohn hat sich mit dieser Problematik umfassend beschäftigt und eine Methode entwickelt, produktiv damit umzugehen: die Methode der Themenzentrierten Interaktion (TZI).

de.wikipedia.org/wiki/Ruth_Cohn

de.wikipedia.org/wiki/Themenzentrierte_Interaktion

Die TZI wäre nun zwar das maßgeschneiderte Instrument für den „Großen Ratschlag“ des Stuttgarter Widerstandes. Praktikabel aber ist es wohl nicht. Umso empfehlenswerter wäre es, wenn sich wenigstens ein paar Aufgeschlossene ein paar Klicks dazu gönnen würden. Oder sich zumindest die Frage stellen, ob man vielleicht die bei S21 auftretenden Gefühle schon aus anderen Zusammenhängen kennt. (Pauschale Ohnmachts- oder Hassgefühle weisen schon mal in Richtung Baby-Situation;) Es wäre jedenfalls schade, wenn biographisch bedingte Wahrnehmungsfehler jetzt zu Fehlwahrnehmungen der Lage führen und in falsche bzw. unangemessene Strategien münden würden. Der mündige Bürger würde dann tatsächlich zu genau dem tumben Wutbürger, zu dem ihn interessierte Verleumder schon jetzt gerne machen möchten.

Was also ist jetzt Sache? Die Verwüstungen, die verhindert werden sollten, sind unwiderruflich angerichtet und es wird wohl noch nicht einmal jemand dafür zur Rechenschaft gezogen werden – egal wie viel Gesetz und Recht dabei gebrochen wurde und weiterhin gebrochen werden wird. Schlimmer noch: ein letztes gewaltiges Aufbäumen dagegen fand auch nicht statt. Die Unaufhaltbarkeit der Barbarei schien den meisten bereits im Vorfeld unübersehbar. „Kein Aufbäumen, nirgends“, auf diesen Nenner brachte es Roland Ostertag sichtbar enttäuscht in den Stuttgarter Nachrichten.

www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-kein-aufbaeumen-nirgends.0b4cb80a-c06e-4375-8cc6-d566632809aa.html

In der Regierung macht sich ein desinteressierter grüner Ministerpräsident zur willenlosen Marionette rot eingefärbter (Beton-)Lobbyisten* und der grüne Rest kuscht vor jeder neuen Erpressung der „roten“ Wahlverlierer, die erkennbar nur eines im Sinn haben, es den Bürgern, die ihnen zu Recht ihre Stimme verweigerten, dieses heimzuzahlen, wo immer sich eine Möglichkeit dazu auftut - zuletzt der Verkauf von Tausenden von Mietern an eine offenbar einschlägig bekannte Heuschrecke. Die Richtung ist klar: spätestens wenn der erhoffte Schienenrückbau in Stuttgart erfolgt ist, drängt sich im benachbarten Nordbahnhof-Viertel eine Luxussanierung förmlich auf. Und bis dahin verbindet sich das Interesse dieser Heuschrecke mit dem der ECE. Denn beide können ihre Profiterwartungen nur realisieren, wenn die Schienen weg kommen. Und nur wenn diese Profite realisiert werden können, besteht die Bereitschaft, auch SPDlern lukrative Pöstchen als Belohnung anzubieten. Und dafür dürfte zumindest der SPD-Nachwuchs aufgeschlossen sein, der keine berufliche Basis außerhalb der Politik hat und in der Politik keine Zukunft haben kann, weil die BW-SPD selbst in ihrer derzeitigen Verfassung keine Zukunft haben darf. Und so schließt sich hier der sich selbst verstärkende SPD-Förderkreis für S21, dem die erpressbaren Grünen nichts entgegen zu setzen haben – solange S21 nicht vom Tisch ist. Ohne S21 hätten sie nämlich Schwarz-Grün als Option und wären deshalb nicht mehr erpressbar.

Ob die CDU sich beim Verkauf der LBBW-Wohnungen sozialstaatlicher verhalten hätte, muss offen bleiben, auch wenn OB Schuster, der sich, wie auch sein Kumpel Hundt, offenbar vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung feige verdrückt hat (?), nun fleißig herumstänkert. Aber ein SPD-Justizminister, der sich vor einen OstA Häußler stellt. Ein SPD-Innenminister, der den Stuttgarter Widerstand in Container-Lagern wegsperren möchte. Ein SPD-“Superminister“, der nicht einmal in der Lage ist, einen Wohnungsverkauf sozial verantwortlich zu tätigen und der den Stuttgarter Schlossgarten ohne Not der Bahn zur Vernichtung zuschiebt. Und eine SPD-Führung, die sich als Lobbyisten-Resterampe der CDU versteht. Eine solche Partei muss aus der politischen Landschaft in BW verschwinden.

www.kontextwochenzeitung.de/newsartikel/2012/02/panther-gegen-tiger/

www.sueddeutsche.de/wirtschaft/immobiliendeals-mit-privatinvestoren-kein-blutbad-fuer-mieter-1.1284299

www.sueddeutsche.de/geld/2.220/augsburger-patrizia-in-muenchen-wir-sind-lebensraum-provider-1.340440

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.patrizia-wohnungen-in-stuttgart-zusagen-im-vertrag-fixieren.3f0fc83b-e4e1-4873-8704-ceaaf4e68399.html

www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Viel-Aerger-ueber-den-Verkauf-der-LBBW-Wohnungen-_arid,163531.html

Nicht mehr zu unterbieten ist, was die StZ heute unter die Überschrift packt: „Genossen planen mit flexiblem OB-Baukasten“. Konkret: Man will warten, welchen Kandidaten die CDU kürt. Dann will man mit einem passgenau zugeschnittenen eigenen Bewerber kontern. Kommentar überflüssig.

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ob-kandidat-der-spd-spd-mit-flexiblem-ob-baukasten.b30c1866-e3b6-492e-9f26-5147073e161d.html

Das erste also, was für den Stuttgarter Widerstand im Moment zu gelten hat ist: Keine Stimme für die SPD bei der OB-Wahl. Keine Stimme für diese Partei bei der Bundestagswahl. Keine Stimme bei irgendeiner Wahl.

Und die CDU? Man wird sehen. Mit dem Kandidaten Renner präsentiert sich ein potentieller Kandidat, der mit liberalem Profil erkennbar in der Tradition steht, mit der die CDU hier bislang alle OB-Wahlen gewonnen hat – wenn man den freien Schwarzen, OB Klett, mal dazu rechnet. Besseres von ihm zu erwarten als von Rommel oder Schuster erübrigt sich also. Umso mehr als er ein Freund von Oettinger und derzeit als ENBW-Lobbyist tätig ist. Als Kandidat wäre er wohl unschlagbar, wenn der Stuttgarter Widerstand sich zersplittert. Und dann wäre da noch eine Kleinigkeit, die aber mittlerweile nicht ungewöhnlich für konservative Kreise ist:

die Stuttgarter Staatsanwaltschaft [hat] mitgeteilt, dass das Verfahren gegen den früheren OB von Singen wegen Titelmissbrauchs, wegen Geringfügigkeit und gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werde. Renner habe in seiner Vita den nicht existenten Titel „Master of Governmental Management“ unbefugt aufgeführt und sich damit strafbar gemacht. Das Verschulden ist jedoch als gering eingestuft worden, so gelte die Angelegenheit mit der Zahlung der Geldauflage als erledigt.“

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.cdu-in-stuttgart-renner-spricht-von-kriminalisierung.270181e8-c171-458c-b0db-367ae196bb87.html

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kommentar-zu-andreas-renner-der-bewerber-ist-angezaehlt.992b524d-f1f4-4bad-be48-11815536827f.html

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ob-kandidat-stuttgart-sportlicher-zweikampf:-renner-gegen-turner.f099b31d-1328-402f-bcda-e4166f0ed67a.presentation.print.html

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kritik-an-ob-bewerber-andreas-renner-master-of-disaster.2a598648-886a-47ce-af90-49fa26394211.html

de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Renner

Ha jo, an Gutteberg hemmer net. Aber a Guttabergle tut's au.

Der Werbeprofi Turner, den die CDU ebenfalls auf Lager hat, könnte eine wirkliche Katastrophe für Stuttgart sein. Bereits ein Blick auf seine Unterstützer lässt Schlimmstes vermuten. Denn ganz vorne findet sich ein Herr mit Namen Kotz, der bislang vor allem durch zwei Dinge auffiel: Er konnte, trotz persönlicher Anwesenheit, am 30.09.2010 im Schlossgarten keine Wasserwerfer erkennen. Und er beabsichtigt, mit seiner Fraktion demnächst eine Resolution gegen das Grundgesetz einzubringen. Um die Absicht zu verbergen, firmiert sie unter dem Etikett „Resolution gegen Montagsdemos“. De facto ist es eine Resolution gegen die Art. 5, 8 und 9 des Grundgesetzes, die überdies auch noch an die sogenannten „niederen“ Instinkte appelliert (StZ Print, 16.03.2012).

Auf den Charakter des Kandidaten Turner mag auch ein Licht werfen, dass er just zu dem Zeitpunkt, als Renners Stolpersteinchen ausgeräumt schien, publik machte, dass er eine private Meinungsumfrage bei Forsa (sic!) in Auftrag gegeben habe. Und die sehe den Kandidaten Kuhn vorne (sic!) und den Kandidaten Renner auf dem dritten Platz (sic!). Klingt nach Wunsch-Ergebnis.

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.cdu-in-stuttgart-renner-spricht-von-kriminalisierung.270181e8-c171-458c-b0db-367ae196bb87.html

Und dann wären da noch die Slogans „Wir können alles außer Hochdeutsch“ und „Das neue Herz Europas“ (für S21). Dass bei S21 der Arsch zum Herz umgedeutet wird, dürfte jedermann nachvollziehbar sein. Und der andere Slogan sieht sich bei jedem, der jemals Oettinger bei seinen Englisch-Versuchen beobachtet hat, als noch schlimmere Lüge entlarvt. Weshalb dieser Mann als Kandidat auserkoren wurde, ist damit wohl klar: Er soll die weiteren Machenschaften des hiesigen Filzes schonungslos zurecht lügen. Ein besonders zynisch-dümmlicher Anfang ist bereits gemacht: "Aus Stuttgart wird Greengart". Die Antwort darauf findet sich bereits bei der CDU. Sie heißt „Kotz“.

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-mit-sebastian-turner-aus-stuttgart-wird-greengart.49ef17cc-a08e-493f-aed2-3fc312d8435a.presentation.print.html

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ob-wahl-in-stuttgart-wulle-bier-oder-tannenzaepfle.7ec00aaf-14c9-4bd0-92b4-c74e11e22548.presentation.print.html

de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Turner

www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-ob-wahlkampf-wird-schaerfer.a47c68fa-cd77-446d-8b8e-016c5b286fd1.html

Man muss nicht mehr aufzuzählen: Renner wäre wohl nicht schlimmer als das, was wir bisher hatten. Turner wohl schon. Keine Stimme also für die CDU. Versteht sich eigentlich von selbst.

Wie wäre es dann mit einem eigenen Kandidaten/ einer Kandidatin? Guntrun Müller-Enßlin wäre ein ebenso überraschender wie überzeugender Vorschlag, gegen den ich allenfalls einen Einwand hätte: ich sehe keine Mehrheit für sie. Und das gilt auch für andere, ähnlich gelagerte Vorschläge. Realistisch scheint mir das Eingeständnis, dass der Stuttgarter Widerstand als solcher einfach keine Mehrheit (mehr) hat und für Kandidaten, die aus seinen Reihen kommen, eher ein Malus sein könnte. Aber das ist nun eine rein subjektive Einschätzung, die auch daraus resultiert, dass ich mich früh auf Fritz Kuhn eingestellt habe.

stuttgart21stoppen.adhocracy.de/proposal/4707-Guntrun_M%C3%BCllerEn%C3%9Flin_soll_neue_Stuttgart

www.parkschuetzer.de/diskussionen/aktionen/themen/1767

www.meisterbuerger.org/index.php

zwuckelmann.posterous.com/16032012-s21-weg-mit-den-parteien-cams21-vuck

Fritz Kuhn? Da habe ich prompt Matthias von Herrmann am Hals, der Kuhn bereits für „unwählbar“ erklärt hat:

In einem Regio-TV-Beitrag über den grünen OB-Kandidaten Fritz Kuhn spricht dieser gegen Ende aus, was ihn für Kopfbahnhof-Befürworter unwählbar macht: "... und selbstverständlich wird das Ding jetzt gebaut". Er versteckt sich genau wie MP Kretschmann hinter der Volksabstimmung und nimmt nicht zur Kenntnis, das jenseits des VA-Ergebnisses jede Menge Fragen noch immer offen sind und dass die Grundlage für S21, die Leistungssteigerung, seit der VA weggebrochen ist. Stichworte dazu: 50 ist mehr als 49, Stresstestbetrug.“

www.bei-abriss-aufstand.de/2012/03/16/fritz-kuhn-selbstverstandlich-wird-das-ding-jetzt-gebaut/

www.regio-tv.de/video/186430.html

Cui bono, frage ich zurück. Wer hätte etwas davon? Vor allem aber frage ich, ob man eine Wahlentscheidung über Stuttgarts Zukunft ausschließlich auf die nicht mehr zu ändernde Vergangenheit gründen sollte. Vor allem, wenn man sich dabei auch noch auf einen untauglichen TV-Beitrag bezieht, in dem, wenig überraschend, nicht die inhaltliche Differenzierung, sondern der schnelle Slogan bestimmend sind. In der StZ liest es sich dann auch schon etwas anders:

...sagte zu, der Bahn „hartnäckig auf die Finger zu schauen“. Weitergehende Versprechen wären aber nicht redlich. „Die Einzige, die Stuttgart 21 verhindern kann, ist die Bahn selbst, nämlich durch eigene Unfähigkeit.“ Kuhn sagte, er verstehe die Trauer und die Enttäuschung über die Fällung der Bäume im Schlossgarten. ….. Die Stuttgart 21-Gegner, die nun einen eigenen OB-Kandidaten suchten, wollten sich damit wohl an Ministerpräsident Winfried Kretschmann rächen und eine „dauerhaft außerparlamentarische Opposition“ werden. Wenn dies das Ziel sei, könne er nur sagen, die OB-Wahl im Herbst sei die falsche Baustelle dafür.“

Programmatisch erklärte Kuhn dann, „Stuttgart zurück an den Fluss bringen zu wollen. Er setze auf Nachhaltigkeit, Ökologie, soziale Gerechtigkeit und kulturelle Entwicklung als Prinzipien der Stadtentwicklung. Er wolle Wirtschaft und Ökologie zusammenbringen. Ökologie und Soziales dürften aber nicht in Gegensatz gebracht werden.“

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ob-kandidat-der-gruenen-kuhn-sagt-der-cdu-den-kampf-an.08f410ec-02d9-48e7-90df-ce696bfc2cf3.html

Damit baut Kuhn dem Stuttgarter Widerstand eine Brücke, von der man nicht weiß, ob sich trägt, die aber viel Wesentliches beinhaltet. Das zentrale Problem in Stuttgart scheint mir nämlich nicht S21, sondern die gesamte planlose, rein auf Profitinteressen und Autolobby ausgerichtete Nicht-Stadtplanung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, die Stuttgart von Tag zu Tag hässlicher macht und seines wichtigsten Erbe beraubt. Fritz Kuhn ist realistischerweise der einzige mehrheitsfähige OB-Kandidat, von dem man hier eine fundamentale Umsteuerung erwarten kann. Auch kann man von ihm – anders als von der SPD-Marionette Kretschmann – eine echte Bürgerbeteiligung für die erwarten, die betroffen sind: die Stuttgarter selbst nämlich. Denn ein Stuttgarter OB steht in dieser Frage schon qua Funktion ganz anders da als ein „Landesvater“.

Und Kuhn bringt die nötige politische Erfahrung mit, die er auch besser als der Großschwätzer Hermann einsetzen kann. Wie wird demgegenüber zum Beispiel eine Guntrun Müller-Enßlin dastehen, wenn sie sich dem geschlossenen obstruktiven Widerstand des Gemeinderats gegenüber sieht? Wenn von einer feindseligen Verwaltung ständig (verfälschte) Interna durchgestochen werden? Wenn die lokalen Medien sie – BILD vorneweg – unter Dauerfeuer nehmen? Käme bei einer solchen OB mehr als ein sinnloses Menschenopfer heraus?

Kuhn weist demgegenüber zu Recht darauf hin, dass der Widerstand differenzieren sollte. Greifen wir das kreativ auf: Jede Stimme für Kuhn. (Verbunden mit klaren REALISTISCHEN Forderungen. Die Wieder-Auferstehung des Schlossgartens gehört nicht dazu!). Keine Stimme mehr für Özdemir und die Seinen. Und keine Stimme mehr für die Grünen, die den Stuttgarter Widerstand ohne Gegenwehr verraten haben.

Es geht jetzt darum, Ruhe an der Front zu bekommen, damit in Stuttgart die Umkehr nach der Katastrophe versucht werden kann. Bei nüchterner Betrachtung scheint mir das - bis jetzt - Fritz Kuhn am besten leisten zu können. Gegen die Realität Recht behalten zu wollen und ideologische Prinzipien über das realistisch Erreichbare zu stellen, würde dagegen den Stuttgarter Widerstand eher früher als später in sich zusammenbrechen lassen, weil irgendwann einmal die Kraft ausgeht und/ oder es keine Perspektiven mehr gibt. Vom Paradies zu träumen macht nur solange Sinn, solange sich daraus immer wieder auch etwas ergibt, was real umgesetzt werden kann. Ansonsten wird es zum Drogenritual und zur Flucht aus der Wirklichkeit.


*Um zu erkennen, wie fest diese Betonköpfe sind und wie alt die dümmlich-primitve Beton-Besessenheit dieser Partei lohnt sich ein Blick in die Stuttgarter Geschichte. So berichtete der SPIEGEL z.B. am 22.04.1059 anlässlich des Großprojektes „Hannibal“:

Die SPD-Fraktion, die stärkste des Gemeinderats, hatte ihr Herz an "Hannibal" verloren, offenbar aus dem Wohnblock-Denken dieser auf die Großstadtwähler spekulierenden Partei heraus.“

www.spiegel.de/spiegel/print/d-42625293.html

de.wikipedia.org/wiki/Hannibal_%28Stuttgart%29

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Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

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