One Night Stand statt Traumhochzeit

Südafrika vor Wahlen Kaum waren Zille und Ramphele gemeinsam ins Bett gehüpft, schon waren sie wieder draußen. Von der Traumhochzeit zum One Night Stand, frozzelte ein Radio-Kommentator.

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Es war d a s politische Kommentar-Thema der vergangenen Woche: Dr. Mamphela Ramphele wird Präsidentschaftskandidatin der liberalen Democratic Alliance (DA), derzeit größte Oppositionspartei im südafrikanischen Parlament. Anfang 2013 gründete Ramphele ihre eigene Partei, Agang South Africa, mit dem Slogan: "Restoring thePromise of Freedom" - Das Versprechen der Freiheit wiederherstellen. Damit schlug sie die damalige Offerte, in die DA einzutreten, in den Wind. Kaum zwölf Monate waren ins Land gegangen, da verkündete DA-Chefin Helen Zille der überraschten Öffentlichkeit Rampheles Präsidentschaftskandidatur für die DA. Das war auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am vergangenen Dienstag, 28. Januar 2014. Dem Leitungsstil von Dr. Ramphele entsprechend erfuhren leitende Mitglieder der Agang-Partei diese Neuigkeit im Fernsehen. Bei der DA hatte immerhin der Parteivorstand vorher davon erfahren. Die politischen Kommentatoren überschlugen sich.

Die Ärztin und Geschäftsfrau Mamphela Ramphele ist kein unbeschriebenes Blatt. Sie kämpfte in der Black Consciousness Bewegung aktiv gegen das Apartheid-Regime. Zusammen mit Steve Biko, dem führenden Kopf dieser Bewegung, hat Ramphlele zwei Kinder. Steve Biko wurde 1977 im Gefängnis von der Polizei des Regimes ermordet. Es war, übrigens, die Journalistin Helen Zille, die damals durch ihre Berichterstattung entscheidend dazu beitrug, dass der Mord an Biko öffentlich wurde und das Botha-Regime international in Verlegenheit brachte.

Nach dem Fall der Apartheid machte Dr. Ramphele Karierre, zunächst als Vize-Kanzlerin der Universität Kapstadt, dann als Managing Director der Weltbank in Washington und schließlich stand sie als Vorsitzende an der Spitze des Minenunternehmens Goldfields Ltd. Ramphele ist Teil der neuen schwarzen Mittelschicht, die durch die Politik des Black Economic Empowerment (BEE) zu Reichtum und Einfluss kam.

In ihren politischen Analysen trat Ramphele zunehmend als scharfe Kritikerin des regierenden ANC hervor. Ihre Parteigründung Agang SA (etwa: „Südafrika aufbauen“) vor einem Jahr hielt sie nicht davon ab, einen geheimen Dauerflirt mit der neo-liberalen DA zu führen. Deren Führungsfigur Helen Zille, gleichzeitig Premierministerin der Western Cape Provinz, war geradezu euphorisch als sie letzten Dienstag Ramphele als ihre Präsidentschaftskandidatin verkündete. Nun könne der ANC, so Zille, nicht mehr die Rassenkarte (race card) ziehen, wenn es um die DA geht. Der Democratic Alliance haftet seit Jahr und Tag das Image an, die Partei der besserverdienenden Weißen zu sein. Woraufhin Gwede Mantashe, Generalsekretär des ANC, scharfzüngig konterte, auch mit einer „gemieteten schwarzen“ Führungsfigur könne die DA dem ANC nichts anhaben. Da lag der Mann nicht falsch, wie bereits das Wochenende nach dem „Aufgebot“ zeigte.

Nun ist der kurze Traum einer „großen Opposition“ gegen den ANC nach wenigen Tagen erstmal wie eine Seifblase zerplatzt. Offenbar war Ramphele nicht bereit, ihre Organisation in der DA aufgehen zu lassen, und selber Mitglied der DA zu werden. Davon war Zille jedoch ausgegangen. Dass derartige organisatorische „Kleinigkeiten“ nicht vorher geklärt waren, zeugt eher vom egozentrischem Denken und Handeln der beiden Protagonistinnen als von kühler politischer Überlegung.

Politische Kapriolen und Verrücktheiten war man bislang eher vom Heißsporn und geschassten ANC-Jugendliga-Chef Julius Malema gewohnt. Als „Commander in Chief“ seiner neuen Formation, den Economic Freedom Fighters (EFF), agiert er heute schon viel geschickter. Die EFF macht sich die weitverbreitete und zunehmende Unzufriedheit mit der Regierung zunutze. Auf lokaler, Gemeinde-Ebene finden täglich teils gewalttätige Protestaktionen wegen fehlender Dienstleistungen (service delivery protests) wie Wasser- und Stromversorgung, mangelnder Wohnungsbau usw. statt. Streiks in der Minenindustrie gehören inzwischen zum Alltag. Das System der Wanderarbeit sorgt nach wie vor für billige Arbeitskräfte aus den armen ländlichen Gebieten sowie aus den umliegenden Nachbarländern. Die Arbeiter leben und arbeiten unter schlechten bis grausigen Bedingungen. Und das trotz sozialer Gesetze und Mining Charter, die die Minengesellschaften dazu verpflichten, das Lebensniveau ihrer Beschäftigten sowie das der umliegenden Gemeinden mittels sozialer Investionen anzuheben. Auch in Südafrika gilt: Papier ist geduldig, besonders das von Gesetzestexten. Es braucht politischen Willen, Gesetze und Regelungen gegen den Widerstand der Konzerne, die mit Investitionsabzug drohen, durchzusetzen. Die Angst vor dem Abzug von Investitionen ist oftmals größer. Dem stellt Malemas EFF den Ruf nach Enteignung von Grund und Boden ohne Kompensation sowie Nationalisierung von Minen und Banken entgegen. Inwieweit die EFF ihre Parolen auch theoretisch und vorallem praktisch unterfüttern kann, steht auf einem anderen Blatt.

Bei den kommenden Wahlen im Herbst (April oder Mai) wird sich zeigen, wohin die Wählerinnen und –Wähler tendieren. Beispielsweise die Erstwähler, die so genannten Born Frees (um und nach 1994 Geborene) haben nicht die emotionale Bindung an den ANC als "ihrer Befreiungsbewegung", wie ein Großteil ihrer Elterngeneration.

Niemand geht hier davon aus, dass der ANC bei den Parlamentswahlen die Mehrheit verlieren wird. Die Frage ist, wieviel Prozent an Stimmeneinbußen die Regierungspartei wird hinnehmen müssen.

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