"No Rio copa nossa" - Das ist unsere WM

Proteste In Brasilien kam es am Montag zu den größten Demonstrationen seit 20 Jahren. Korruption und Misswirtschaft erzürnte Hunderttausende

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Gefundenes Fressen: Ein Student grillt in Mitten der Proteste
Gefundenes Fressen: Ein Student grillt in Mitten der Proteste

Fot: Miguel Schincariol/AFP/Getty Images

Pünktlich zum Start des Confederations-Cup, der ein Jahr vor der Fußball-Weltmeisterschaft im Gastgeberland ausgetragen wird, kam es in mehreren Städten Brasiliens zu Demonstrationen. Allein in Rio de Janeiro gingen 100.000 Menschen auf die Straße, landesweit waren es 200.000.

Die Proteste verliefen eher friedlich und glichen einer Karnevalsveranstaltung, während es in Rio zu schweren Ausschreitungen kam. Einzelne Teilnehmer warfen mit Steinen und Molotow-Cocktails Richtung Polizisten, diese reagierten mit Tränengas und Gummigeschossen. Vereinzelt wurden auch Autos in Brand gesteckt.

Die Menschen sind wütend. Ausschlaggebend für die Proteste seien die Erhöhung der Fahrpreise gewesen um sieben Cent. Was für uns wie ein Kleckerbetrag vorkommt, bedeutet für die brasilianische Bevölkerung weitaus mehr. Es ist ein Zeichen der grundlegenden Probleme des Landes.

Fußball-WM avanciert zur Klassenfrage

Brasilien wird derzeit überschattet von Korruption und Misswirtschaft. In den letzten Jahren kletterte die Wirtschaft nach oben, doch nun steigt die Unzufriedenheit mit der linksgerichteten Regierung unter Präsidentin Dilma Roussef. Bereits seit zwei Wochen gehen die Menschen auf die Straße um gegen steigende Kriminalität, Korruption in der Verwaltung und gestiegenen Lebenshaltungskosten zu demonstrieren.

Die Proteste richten sich mittlerweile auch gegen die Fußball-WM, denn die laufenden Kosten, mit denen die Regierung rechnet, werden sich auf rund 11 Milliarden Euro belaufen. Die Ticketpreise sind für den Großteil der Brasilianer nicht finanzierbar. So avanciert das Großereignis zur Klassenfrage. Deutlich ist dies vor allem beim Neubau des legendären "Maracana" Stadions, welches durch Steuergelder finanziert wurde. Nach der Fußball-Weltmeisterschaft wird das Stadion zu einem Konsortium umstrukturiert. Einige Protestler fordern daher das Geld in Schulen, Universitäten und Krankenhäuser zu investieren.

So hat sich das die Regierung ganz sicher nicht vorgestellt. Man wollte doch zeigen wie gut die Menschen in Brasilien feiern können. Bis Ende Juni wird der Confed-Cup noch laufen, darauf folgt im Juli der Weltjugendtag, im nächsten Jahr die Fußball-WM und 2016 die olympischen Spiele. Auf Brasilien werden noch so einige Kosten zukommen, doch die Geduld der Bürger scheint schon jetzt ein jähes Ende zu haben. Die nächsten Monate könnten ziemlich hitzig werden für Präsidentin Dilma Roussef.

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Geschrieben von

Stefan Simon

Journalist in Süd-Ost-Niedersachsen, kommt aber eigentlich aus Süd-Hessen. Schreibt jetzt wöchentlich über politische und gesellschaftliche Themen.

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