Sozialpolitischer Offenbarungseid

Essener Tafel Eine Antwort auf die Spiegel Kolumne von Jakob Augstein

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Jakob Augstein gab kürzlich in seiner Kolumne Sahra Wagenknecht bezüglich der Essener Tafel recht. Für beide ist die Diskussion um den Rassismus der Tafel scheinheilig und die Existenz von Tafeln ist das große Problem. Für Augstein verlaufen zukünftig die Grenzen zwischen national und liberal wobei national als böse und liberal als gut gelte. So werde es in Zukunft nur zwei Alternativen geben: Neoliberalismus und Autoritarismus.

Wenn man bei der Betrachtung der Essener Tafel anfängt dann muss man gerade als Linker dort klar Stellung beziehen. Die Entscheidung Nicht-Deutsche in Zukunft auszuschließen und einigen Migranten ein Nehmer-Gen zu unterstellen ist klar rassistisch. Gerade in Zeiten einer erstarkenden Rechten darf man Rassismus im Alltag nicht hinnehmen. Das Motto jedes Linken muss hier heißen: Wehret den Anfängen! Die Stigmatisierung von Nicht-Deutschen und diese rassistisch zu begründen (Nehmer-Gen) erinnert genau an diese Anfänge, die in den dunkelsten Stunden der Geschichte endeten.

Allerdings haben Wagenknecht und Augstein recht. Die Existenz von Tafeln ist eine Schande für ein so reiches Land wie Deutschland. Während versagende Manager immer noch Millionen Boni bekommen schafft der Staat es nicht seine Kernfunktion wahrzunehmen: Ein Menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Das ist an sich der viel größere Skandal. Es ist absolutes Staatsversagen und man kann nur hoffen, dass die SPD Mitglieder dem Koalitionsvertrag nicht zustimmen. Vier weitere Jahre Stillstand werden die Armut noch vergrößern.

Jakob Augstein hat allerdings Unrecht, wenn er meint, dass die Trennlinie in Zukunft zwischen liberal und national verlaufen wird. Das ist ein Märchen der Grünen, die ihre wirtschaftspolitische Liberalisierung damit erklären wollen. Wenn man zum Beispiel die Wirtschafts- und Europapolitik der CDU und der FDP betrachtet dann ist diese eher national als liberal. Deutschland betreibt mit seinen Exportüberschüssen klaren Protektionismus, obwohl dieser scheinheilig von beiden Parteien immer wieder kritisiert wird. Wenn man sich dann zusätzlich die von CDU, CSU und SPD beschlossene Flüchtlingspolitik anschaut dann ist diese auf keinen Fall liberal. Die CDU hat sich hier mit ihrer nationalen Rhetorik durchgesetzt und es wurde eine Obergrenze beschlossen. Die Parteien des Neoliberalismus machen also nationale und wenn man sich die Einschränkungen der Bürgerrechte anschaut vielleicht sogar autoritäre Politik. Diese Trennlinie zwischen liberal und autoritär existiert vielleicht auf dem Papier in der realen Politik machen aber alle Parteien außer Die Linke eine autoritäre Politik (auch die Grünen hatten bei Jamaica eine Obergrenze beschlossen). Hieraus gilt es nun für Die Linke Kraft zu schöpfen. Als eine Partei, die die Interessen aller Armen vertritt und hoffentlich die Existenz von Tafeln bald überflüssig macht. Allerdings muss sie auch kämpfen als eine Partei, die sich dem Rechtsruck entgegenstellt und für eine liberale, offene Gesellschaft eintritt, denn wie auch sozialpolitisch ist hier Die Linke die einzige Partei die dies glaubwürdig tut.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Stefan Söhngen

Student der Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte, Mitglied in der Partei Die LINKE

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